Krebs im Blut Leukämie
Auf wenigen Feldern der modernen Medizin hat es so viele dramatische Fortschritte gegeben, wie bei der Behandlung des 'Blutkrebses', der Leukämien.
Der Begriff 'Leukämie' stammt aus dem Griechischen und bedeutet 'weißes Blut'. Denn beim Blutkrebs beginnen verschiedene Zellen des Knochenmarks, die normalerweise für die Blutbildung zuständig sind, unkontrolliert zu wachsen.
Experte:
Prof. Dr. Karsten Spiekermann, Oberarzt in der Medizinischen Klinik III am Klinikum der Universität München
Im Wesentlichen sind das die weißen Blutkörperchen, die das Abwehrsystem des Menschen darstellen und ihn vor Infekten schützen, denen er zwangsläufig kontinuierlich ausgesetzt ist.
"Diese weißen Blutzellen brauchen dafür bestimmte Funktionen, die sie während eines Prozesses von ganz unreifen Stammzellen im Knochenmark bis zur Ausreifung zu einer reifen Zelle erwerben."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Bei Leukämien funktioniert zum Teil die Ausreifung nicht mehr, das heißt, die Zellen bleiben in einem Entwicklungsstadium zwischen Stammzelle und reifer Zelle hängen (akute Leukämien), oder es werden zu viele reife Blutzellen produziert (chronische Leukämien).
In Deutschland erkranken laut Deutscher Krebsgesellschaft jährlich etwa 13.700 Menschen an einer Leukämie - etwa die Hälfte davon an einer chronisch lymphatischen Leukämie, rund zehn Prozent an einer chronisch myeloischen Leukämie und ungefähr 40 Prozent an einer akuten lymphatischen oder an einer akuten myeloischen Leukämie.
Dem Text liegt ein Interview mit Prof. Dr. Karsten Spiekermann, Oberarzt in der Medizinischen Klinik III am Klinikum der Universität München, zugrunde.
Je nachdem, welche Funktion die Blutzelle hat, in der der Blutkrebs auftritt, wird unterschieden in myeloische und lymphatische Leukämie. Von den unterschiedlichen Leukämiearten gibt es jeweils akute wie auch chronische Formen.
Die bösartige Erkrankung geht vom Knochenmark aus. Dort werden die wichtigsten Bestandteile des Blutes produziert:
- vor allem die weißen Blutkörperchen (Leukozyten), die für die körpereigene Abwehr zuständig sind,
- und die für die Blutgerinnung wichtigen Blutplättchen (Thrombozyten).
- Die roten Blutzellen (Erythrozyten), die den Körper mit Sauerstoff versorgen
Myeloische Leukämie (ML)
Der Hauptanteil an Abwehrzellen im Blut sind die so genannten Granulozyten. Das sind Zellen, die Bakterien oder Pilze direkt aufnehmen und damit auch vernichten können. Diese Fähigkeit haben sie, sobald ihre Produktion im Knochenmark abgeschlossen ist. Vermehren sich diese Leukozyten, spricht man von einer myeloischen Leukämie.
Lymphatische Leukämie (LL)
Auch die sogenannten Lymphozyten sind für das Immunsystem zuständig. Sie produzieren Antikörper im Blut und können Viren direkt abtöten. Diese Sorte von Blutkörperchen bildet sozusagen die spezialisierte Eingreiftruppe des Körpers. Ihre Fähigkeiten müssen sie im lymphatischen System erst "erlernen". Vermehren sich diese Leukozyten ungeordnet, spricht man von einer lymphatischen Leukämie.
Je nach Krankheitsverlauf unterscheidet man zwischen akuten und chronischen Leukämien. Während sich akute Leukämien innerhalb weniger Wochen entwickeln, verlaufen chronische Leukämien wesentlich langsamer.
Akute Leukämien
Vermehren sich die weißen Blutkörperchen dramatisch schnell, spricht man von einer akuten Leukämie. In diesen Fällen ist das Knochenmark typischerweise gefüllt mit unfertigen weißen Blutkörperchen, die innerhalb kürzester Zeit die normale Blutbildung völlig verdrängen.
Häufig werden Patienten mit akuter Leukämie innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums krank, weil die normale Blutbildung nicht mehr funktioniert. Die Patienten haben dadurch zu wenig ausgereifte weiße Blutzellen, zu wenig Blutplättchen und auch zu wenig rote Blutzellen.
"Typischerweise kommen solche Patienten mit einer Blutarmut zu uns, mit Blutungen und auch mit Infektionen. Das entwickelt sich häufig innerhalb von wenigen Wochen."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Auslöser von akuten Leukämien
Es gibt bestimmte Umweltfaktoren, die man gut kennt, die aber nur für einen kleinen Teil der Leukämien verantwortlich sind. Klassischerweise ist das zum Beispiel:
- radioaktive Strahlung
- bestimmte Noxen, denen man normalerweise nicht ausgesetzt ist, wie z.B. Benzol
"Wir müssen aber davon ausgehen, dass nur ein minimaler Teil dieser Faktoren für die Leukämien verantwortlich sind, die wir heute sehen."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Manche Patienten entwickeln eine akute Leukämie, nachdem sie eine Strahlen- oder Chemotherapie für eine andere Tumorart bekommen haben.
Schnelle Behandlung nötig
Blutplättchen und weiße Blutkörperchen (Granulozyten) haben nur eine Lebensdauer von Tagen und müssen deshalb ständig erneuert werden. Findet die gesunde Blutbildung nicht mehr statt, bricht somit die körpereigene Abwehr zusammen, und auch die Blutgerinnung funktioniert nicht mehr. Würde ein Patient mit einer akuten Leukämie nicht behandelt, würde er deshalb binnen Wochen entweder an einer Infektion oder an einer Blutung versterben.
Chronische Leukämien
Während bei einer akuten Leukämie die Produktion der bösartigen Blutzellen wie im Zeitraffer geschieht, vermehren sich die weißen Blutkörperchen bei der chronischen Leukämie wesentlich langsamer. Zudem sind hier ausgereifte Zellen vermehrt, die ihre normale Funktion noch ausüben können.
Auslöser von chronischen Leukämien
Auch bei der chronischen Leukämie spielen Faktoren wie radioaktive Strahlung oder auch Benzol eine Rolle, allerdings treten diese Leukämieformen sehr selten nach vorhergegangenen Chemotherapien und Bestrahlung auf.
"Bei fast keinem der Patienten mit chronisch myeloischer Leukämie finden wir einen erkennbaren Auslöser. In ihrem Fall wissen wir nicht, warum die Leukämie bei ihnen entstanden ist."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Für Leukämien gibt es keine wirklichen Frühsymptome, die darauf hindeuten, dass sich eine Leukämie entwickeln könnte. Gerade bei akuten Leukämien treten die Symptome in der Regel erst dann auf, wenn sich die Leukämie bereits im Körper ausgebreitet hat.
Gerade bei akuten Leukämien treten die Symptome in der Regel erst dann auf, wenn sich die Leukämie bereits im Körper ausgebreitet hat.
Alarmsignale
Dennoch gibt es Warnsymptome für Leukämien:
- Gewichtsverlust von mehr als zehn Prozent des Körpergewichts
- Nachtschweiß, der einen Wäschewechsel beinhaltet
- unerklärliches Fieber
"Diese Symptome sind zwar unspezifisch und können auch durch viele andere Erkrankungen hervorgerufen werden. Aber: Ein Patient, der solche Beschwerden hat, sollte sicher seinen Hausarzt aufsuchen und sie weiter abklären lassen."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Diagnose
"Die Wege, die Patienten zu uns nehmen, sind sehr unterschiedlich: Manchen Patienten geht es so schlecht, dass sie direkt über die Notaufnahme zu uns kommen; einige kommen über den Hausarzt oder sind schon bei einem Hämatoonkologen, also bei einem Facharzt für Tumorerkrankungen gewesen."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
In einem ersten Schritt wird der Patient befragt und klinisch untersucht.
"Das erste, was wir machen, um die Leukämie festzustellen, ist in der Regel, dass wir das Blut und auch das Knochenmark untersuchen."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
In der Regel können die Ärzte dann innerhalb von wenigen Stunden sagen, ob eine akute oder eine chronische Leukämie vorliegt. Die Subtypisierung (also z.B. ob myeloisch oder lymphatisch) kann etwas länger dauern, aber in der Regel liegt auch da das Ergebnis innerhalb eines Tages vor.
Während Patienten mit einer akuten Leukämie in der Regel sofort stationär mit einer hoch dosierten Chemotherapie behandelt werden müssen, brauchen zahlreiche Patienten mit chronischem Blutkrebs über viele Jahre gar keine Therapie.
Therapiemaßnahmen werden eingeleitet, sobald das Blutbild bekannt ist.
Erste Schritte, wenn das Blutbild bekannt ist:
"Wir schauen nach, ob der Patient zu wenig Blutplättchen hat oder zu wenig rote Blutzellen und können das gegebenenfalls ersetzen. Wir überprüfen, ob er Fieber hat oder eine Infektion – die würden wir dann zum Beispiel behandeln. Oder ob die Leukämie schon so weit fortgeschritten ist, dass sie vielleicht schon andere Organe befallen hat, auch das müssen wir erkennen."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Behandlung der Leukämie – in der Regel Chemotherapie
"Die Behandlung ist in der Regel eine Chemotherapie, das heißt, wir brauchen Medikamente, die sich im ganzen Körper verteilen, denn auch die Leukämie hat sich in verschiedene Bereiche des Knochenmarks und über das Blut manchmal auch in andere Organe ausgebreitet."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Hierher müssen die Medikamente über das Blut transportiert werden, sodass andere Verfahren der Tumortherapie wie zum Beispiel eine Bestrahlung oder eine Operation bei Leukämien in der Regel – außer zur Diagnosesicherung – keine Rolle spielen.
Gezielte Behandlungen
"Man muss wissen: Hat der Patient eine akute oder eine chronische Leukämie, eine myeloische oder eine lymphatische? Die nächste Ebene ist, dass wir ganz genau wissen müssen, welche genetischen Veränderungen in diesen Leukämiezellen tatsächlich vorliegen, damit wir den Patienten mit einer maßgeschneiderten, möglichst nebenwirkungsarmen Therapie behandeln können."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Ergänzend zur Chemotherapie: Monoklonale Antikörper
Dabei handelt es sich um im Labor hergestellte Antikörper, die sich gegen Leukämiezellen richten. Die Behandlung ist dadurch wesentlich zielgerichteter als eine Chemotherapie, die auch gutartige Zellen im Knochenmark zerstört.
"In den meisten Fällen ist die Behandlung mit monoklonalen Antikörpern ergänzend, das heißt, wir geben Chemotherapie plus eine Antikörpertherapie. Aber es gibt auch Krankheitssituationen, in denen Antikörper alleine eine Krankheitskontrolle erlauben."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Retinoide: Abkömmlinge der Vitamin-A-Säure
Als ähnlich zielorientiert bewährt sich die Verabreichung von Vitamin-A-Abkömmlingen bei Patienten mit einer speziellen Form der akuten myeloischen Leukämie (AML), der akuten Promyelozytenleukämie:
"Nur etwa fünf Prozent der Patienten mit akuter myeloischer Leukämie haben eine Form, bei denen eine besondere Genumlagerung in der Erbsubstanz der Krebszelle vorliegt. Diese betrifft den Rezeptor für die Vitamin-A-Säure. Man kann durch Kombinationen von Vitamin-A-Säure diese Leukämien wesentlich besser behandeln, als dass man es nur mit Chemotherapie könnte."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Bei bestimmter AML: Heilen mit Arsen
"Bei dieser speziellen Subform der aktuen myeloischen Leukämie ist es sogar so, dass wir hier noch einen Schritt weiter sind, weil wir mittlerweile ein weiteres Medikament bei dieser akuten Promyelozyten Leukämie in der Hand haben, und zwar ist das das Arsen, das wir auch als Gift kennen."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Arsen kann in sehr niedrigen Dosierungen bei dieser speziellen Leukämieform in Kombination mit Vitamin-A-Säure zu einer Heilung von über 90 Prozent der Patienten führen und hat damit die Chemotherapie komplett abgelöst.
"Wir behandeln Patienten mit dieser akuten Promyelozyten Leukämie, wenn sie ein niedriges/intermediäres Risikoprofil haben, ausschließlich mit Retinoiden und Arsentrioxid."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Signaltransduktionshemmer
Die Informationen, die einer Körperzelle sagen, was sie zu tun hat (z.B. wachsen), kommen häufig von außen. Um die Information weiterleiten zu können, werden Eiweiße benötigt, sogenannte Signaltransduktionsproteine. Bei Tumorerkrankungen sind diese sehr häufig so verändert, dass sie ständig aktiv sind und – beispielsweise – ständig ein Wachstumssignal geben.
"Diese Siganltransduktionsproteine eignen sich sehr gut für therapeutische Eingriffe durch kleine Moleküle, Signaltransduktionshemmer, die direkt an diese Signaltransduktionsproteine binden und sie völlig lahmlegen können. Diesen Signalweg – und somit die Leukämie - kann man damit in einigen Fällen völlig ausschalten."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Die chronisch myeloische Leukämie spricht extrem gut auf solche Signaltransduktionsinhibitoren (Wirkstoff z.B. Imatinib) an. Langzeitüberlebensraten von über 90 Prozent können so erreicht werden.
Chronisch lymphatische Leukämie: Manchmal keine Behandlung nötig
Nicht bei jedem Patienten mit einer chronisch lymphatischen Leukämie muss die Krankheit behandelt werden, wenn die Zellteilung und nur sehr langsam vonstattengeht. Einige Patienten mit einer chronisch lymphatischen Leukämie haben eine ganz normale Lebenserwartung.
"Das heißt nicht, dass wir diese Patienten wieder nach Hause schicken und nie wieder sehen, sondern diese Patienten werden regelmäßig von einem entsprechenden Facharzt für Hämato- und Onkologie oder manchmal auch vom Internisten oder vom Hausarzt regelmäßig gesehen, mindestens einmal im Jahr."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Die allogene Stammzelltransplantation ist immer noch ein sehr wichtiges Therapieelement, das gerade bei den akuten Leukämien eingesetzt wird. 30 bis 50 Prozent der Patienten mit akuten Leukämie benötigen eine solche Stammzelltransplantation, um geheilt werden zu können.
Das Prinzip der allogenen Stammzelltransplantation: Gesunde Zellen eines fremden Spenders werden entnommen und dem Patienten transplantiert (im Gegensatz zur autologen Transplantation, bei der Stammzellen des Patienten selbst verwendet werden).
Blutbildung wiederherstellen, Immunsystem stärken
Mit der allogenen Stammzelltransplantation verfolgen die Ärzte zwei Ziele Man möchte zum einen durch eine intensivere Vorbehandlung des Patienten die restlichen Leukämiezellen komplett abtöten. Dafür müssen sie Dosierungen von Medikamenten verwenden, die das normale Knochenmark nicht überstehen würde.
"Das heißt, wir müssen durch die Spenderzellen die Blutbildung wieder herstellen."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Das zweite Ziel der Stammzelltransplantation: Mit dem neuen Immunsystem kann eine Immunreaktion der Spenderzellen gegen die Leukämiezellen erreicht werden.
"Wir wissen, dass das bei bestimmten Leukämieformen ein ganz wichtiger Mechanismus ist, weil diese Zellen gegenüber vielen Medikamenten, die wir einsetzen, unempfindlich sind, sie einer direkten Zerstörung durch die Spenderzellen hingegen durchaus zugänglich sind. Und wir wissen auch, dass Patienten, die eine sehr gute Reaktion gegen die Leukämiezellen haben, eine bessere Überlebenschance haben."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Woher nimmt man die Stammzellen?
Die Blut-Stammzellen befinden sind primär im Knochenmark. Allerdings wandern die Blutstammzellen im Vergleich zu anderen Stammzellen im Körper ständig zwischen verschiedenen Bereichen des Knochenmarks hin- und her. Dabei benutzen sie das Blut als Fahrbahn.
"Und das machen wir uns zunutze, wenn wir solche Stammzellen gewinnen wollen: Wir können einmal diese Stammzellen aus dem Knochenmark durch eine Punktion des Knochenmarks entnehmen. Wir können sie aber auch mit Hilfe eines Medikaments in das Blut bringen und dann wie mit einer Blutwäsche aus dem Blut herauswaschen. Es sind aber dann letztendlich die gleichen Stammzellen, nur dass sie mal im Blut und mal im Knochenmark praktisch gefangen werden."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Risiko für den Spender
"Zum einen bestehen bei einer Knochenmarksentnahme die üblichen Risiken der Allgemeinnarkose. Zum anderen bekommen die Spender bei der Spende von Blutstammzellen vorab ein Medikament gespritzt, das auch Nebenwirkungen haben kann. Diese Nebenwirkungen sind aber nur vorübergehend, sodass es bei nur wenigen Patienten wirklich medizinische Gründe gibt, warum man eine Spende nicht durchführen sollte. Langzeitnebenwirkungen bei einer Stammzell- oder Knochenmarkspende sind uns bisher nicht bekannt."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Erfolgsquote
Die Erfolgsquote hängt sehr davon ab, bei welcher Erkrankung transplantiert wird. Dazu kommen noch weitere Faktoren:
"Zum Beispiel, ob die Leukämie schon vor der Transplantation gut behandelt worden ist, wie alt der Patient ist, welche Begleiterkrankungen er mitbringt. Von daher ist es schwer, für den einzelnen Patienten eine genaue Vorhersage zu machen. Wir können nur sagen, wenn wir große Patientenzahlen sehen und diese Faktoren mitteln, dass wir mit der Transplantation je nach Situation zwischen 50 und 70 Prozent der Patienten heilen können."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Heilungschancen bei Kindern
Bei Kindern sind Tumorerkrankungen deutlich seltener als bei Erwachsenen. Bei Kindern kommen akute lymphatische Leukämien am häufigsten vor. Die Heilungschancen liegen hier recht hoch:
"Wir können bei Kindern über 90 Prozent der Patienten mit akuten lymphatischen Leukämien heilen, das ist etwas, was im Erwachsenenalter bisher nicht erreicht werden kann."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Rückfallrisiko
Auch das Risiko eines Rückfalls besteht. Allerdings sinkt es nach einer gewissen Zeit.
"Wir wissen, dass die meisten Rückfälle innerhalb der ersten drei bis maximal fünf Jahre passieren, sodass wir in dieser Zeit den Patienten sehr eng beobachten."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Knochenmark oder Stammzellen spenden
Beim Zentralen Knochenmarkspender-Register Deutschland (ZKRD) finden Sie eine Überblickskarte, wo Sie sich bei Ihnen in der Nähe typisieren lassen können, um an Leukämie Erkrankten zu helfen.
Die Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Leukämien lassen hoffen. Neuzulassungen für Medikamente klingen vielversprechend. Auch versucht man, mehr über genetische Prädispositionen herauszufinden.
In den letzten Jahren haben Mediziner sehr viele neue Medikamente in die Hand bekommen.
"Nachdem wir über viele Jahre gerade bei der akuten myeloischen Leukämie kaum Fortschritte gemacht haben, was neue Medikamente betrifft, haben wir jetzt in den letzten Jahren allein bei der akuten myeloischen Leukämie neun Neuzulassungen für Medikamente."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Hinzu kommen viele klinische Studien, wo sich auch sehr erfolgversprechende Medikamente abzeichnen, die wesentlich selektiver und spezifischer die Leukämiezellen bekämpfen können.
"Auch bei den akuten lymphatischen Leukämien ist es im Moment so, dass wir viele neue Zulassungen haben und wir sehr optimistisch sind, dass wir auch in den nächsten wenigen Jahren deutliche Fortschritte machen werden. Zu den erfolgreichsten und vielversprechendsten Zulassungen sind sogenannte CAR-T Zellen. Diese genetisch veränderten körpereigenen T-Zellen können die Leukämiezellen sehr spezifisch erkennen und abtöten."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann
Forschungsfeld Prädisposition
Die sogenannte Prädisposition, also die Veranlagung für eine Leukämieerkrankung ist ein Forschungsfeld, das im Moment sehr intensiv bearbeitet wird.
"Man weiß zum Beispiel: Bei kindlichen Leukämien oder auch bei kindlichen Tumoren ist dieser Faktor der genetischen Prädisposition hoch. Bis zu zehn Prozent der kindlichen Tumoren sind über solche genetischen prädisponierenden Faktoren mit verursacht."
Prof. Dr. Karsten Spiekermann