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Krebsbehandlung Wichtige Säule: Strahlentherapie

Die Strahlentherapie wird im Rahmen der Behandlung von Krebserkrankungen häufig dann eingesetzt, wenn im Körper ansässige Tumore zu weit ausgedehnt sind, um diese durch chirurgische Eingriffe zu entfernen.

Von: Max Tenschert

Stand: 02.02.2021 |Bildnachweis

Ein Patient wird in einer Klinik für Strahlentherapie für seine Behandlung vorbereitet. | Bild: picture-alliance/dpa

Die Strahlentherapie wird im Rahmen der Behandlung von Krebserkrankungen häufig dann eingesetzt, wenn im Körper ansässige Tumore zu weit ausgedehnt sind, um diese durch chirurgische Eingriffe zu entfernen. Darüber hinaus wird sie auch zur Behandlung von nach einer Operation verbliebenen, mikroskopischen oder auch sichtbaren Tumorresten, sowie zur Behandlung von Metastasen bei fortgeschritteneren Krebserkrankungen genutzt.

Experte:

Prof. Dr. med. Claus Belka, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München

Im Zuge der Strahlentherapie wird hochenergetische ionisierende Strahlung dazu genutzt, um das Wachstum von Zellen zu stören oder diese komplett zu zerstören. Die Strahlung wird dabei auf die bösartigen Tumorzellen konzentriert, um umliegende tumorfreie Körperbereiche zu schonen. In diesem Zusammenhang wird Strahlentherapie häufig neben anderen Maßnahmen wie etwa chirurgischen Eingriffen, medikamentösen Chemotherapien sowie spezialisierten Zell- und Immuntherapien zur Behandlung verschiedener Krebsarten eingesetzt. Darüber hinaus kann die Strahlentherapie auch zur Behandlung von Entzündungserkrankungen, wie Arthrose oder Fersensporn eingesetzt werden. Der Kernanwendungsbereich der Strahlentherapie ist jedoch weiterhin die Tumormedizin.

Dem Text liegt ein Interview mit Prof. Dr. med. Claus Belka, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, zugrunde.

Insbesondere in den vergangenen 25 Jahren konnte die Strahlentherapie von den Veränderungen im Bereich der Technologie profitieren. Während sich die physikalischen Grundprinzipien der Strahlung wenig verändert haben, konnte dennoch deren Anwendung in der Strahlentherapie durch neue Techniken mittlerweile perfektioniert werden.

Ihren Ursprung hatte die Strahlentherapie mit der Erfindung der Röntgenstrahlung Ende des 19. Jahrhunderts. Während in den ersten Anwendungsjahrzehnten noch häufig ungenaue Dosierungen und schlechte Treffsicherheit bei der Strahlenbehandlung aufgetreten sind, konnte dank des technischen Fortschritts die Sicherheit in der Strahlentherapie mittlerweile immens gesteigert werden.

Berechnung der Strahlendosis

Der Schwerpunkt der Entwicklungen in der Strahlentherapie liegt seit den 1990er-Jahren weniger an den Gerätschaften, die prinzipiell den Strahl erzeugen. Viel mehr liegt mittlerweile der Fokus der Entwicklung in der genauen Steuerung und Ausrichtung dieser Geräte während der Behandlung von Patienten. In diesem Zusammenhang wurden früher noch Wassertanks zur Bemessung der genauen Strahlendosis genutzt, um auf das menschliche Gewebe zurückzuschließen. Die Beschaffenheit des Wassers stimmte allerdings nicht ganz mit dem menschlichen Gewebe überein, sodass die genauen Strahlendosen teils nicht korrekt berechnet werden konnten.

Heutzutage kann durch die Fortschritte in der Anwendung der Strahlentherapie dagegen die richtige Strahlendosis für jeden Patienten vor Therapiebeginn berechnet werden, wodurch das Risiko von Fehldosierungen erheblich gesunken ist.

"Wenn wir auf die letzten 30 Jahre zurückblicken, dann war die genaue Strahlendosis im Körper zu Beginn eher grob abgeschätzt. Heutzutage stimmt dagegen die Dosis, die wir anwenden, extrem genau."

Prof. Dr. Claus Belka

In diesem Zusammenhang hat sich auch die Einsatzmöglichkeit von Computern zur Berechnung der Strahlendosen in den letzten Jahren erheblich verbessert. Mit den ersten eingesetzten Computern hat die Berechnung der genauen Strahlendosis teilweise über Tage gedauert. Aufgrund des damals langwierigen Prozesses konnte dahingehend die Dosis nicht beliebig oft nachgerechnet oder verbessert werden. Mit den heute eingesetzten Computern ist dagegen die Berechnung der Strahlendosis binnen weniger Minuten möglich. Somit kann die Dosis im Rahmen der Behandlung beliebig oft nachgerechnet und angepasst werden, was schließlich zu einem besseren Behandlungsergebnis führt.

Genaue Begrenzung des Bestrahlungsbereichs

Darüber hinaus kann durch den technischen Fortschritt in der Strahlentherapie mittlerweile das bestrahlte Gebiet im Körper viel genauer eingegrenzt werden, als es noch in den vergangenen Jahrzehnten der Fall war. Demnach war es in der Strahlentherapie früher der Fall, dass der bestrahlte Bereich nur äußerlich eingrenzbar war. Somit konnten damals lediglich gleichmäßige Strukturen, etwa in kugeliger oder rechteckiger Form, bestrahlt werden. Das hat jedoch in nahezu allen Fällen dazu geführt, dass zwangsweise ein größeres Gebiet bestrahlt werden musste, als es eigentlich notwendig gewesen wäre.

Dank der heutigen Anwendungstechniken kann der genaue Bereich, in dem die Bestrahlung durchgeführt wird, jedoch genau eingegrenzt werden. Hierzu wird der genaue Bereich, in dem die Bestrahlung stattfinden soll, vor Behandlungsbeginn ausgerechnet. Dadurch kann eine unnötige Bestrahlung von Körperpartien, die nicht im Rahmen der Behandlung vorgesehen sind, vermieden werden.

"Die Strahlentherapie ist für die Patienten erheblich nebenwirkungsärmer geworden, weil wir die Felder weit kleiner machen können und genau wissen, welche Dosis wirklich benötigt wird, um einen Effekt zu erzielen."

Prof. Dr. Claus Belka

Verbesserungen in der Bildgebung

Während einer strahlentherapeutischen Behandlung werden bildgebende Verfahren eingesetzt, um den Verlauf der Behandlung zu kontrollieren. In den vergangenen Jahrzehnten wurden vor Behandlungsbeginn in der Regel Lasermarkierungen von außen gemacht und die Lage des Patienten mittels lediglich grober Röntgenbilder untersucht. Hierdurch sollte überprüft werden, ob der Patient richtig auf dem Bestrahlungstisch liegt. Nur grobe Veränderungen in der Position des Patienten waren mit diesem Vorgehen erkennbar.

In der heutigen Bildgebung kommen neben CT-Geräten auch Ultraschallgeräte zum Einsatz, etwa bei Bestrahlungen der Prostata. Das Gerät tastet 30-mal pro Sekunde die Prostata ab und bei minimalen Veränderungen der Position sorgt das Ultraschallgerät für eine Unterbrechung der Bestrahlung. Außerdem werden mittlerweile während der Bestrahlung in spezialisierten Zentren auch Kernspintomographen eingesetzt, die in Echtzeit Bilder vom Bestrahlungsgebiet in einem Intervall von acht bis 16 Bildern pro Sekunde erzeugen. Etwa bei der Bestrahlung von Lungentumoren kann durch dieses Vorgehen erkannt werden, ob sich die Lunge beispielsweise durch das Atmen nicht mehr im Bestrahlungsgebiet befindet. Sollte dies der Fall sein, kann das Gerät automatisch die Bestrahlung unterbrechen, bis die Lunge wieder im vorgesehenen Feld der Bestrahlung liegt.

"Da haben wir in den letzten 20 Jahren unheimlich viel gelernt. Daneben zu strahlen ist heutzutage kein großes Problem mehr."

Prof. Dr. Claus Belka

In Zukunft könnte der Integration bildgebender Verfahren in die Strahlentherapie eine noch zentralere Rolle zukommen. Insbesondere bei der individuellen Planung der Bestrahlung der Patienten: Mittels Bildgebung könnte die Bestrahlung nicht nur einmal exemplarisch räumlich auf die Veränderungen am Patienten angepasst werden, sondern auch anhand der Anatomie des jeweiligen Patienten und des Tumorareals täglich neu berechnet werden. Die Berechnung könnte somit parallel zur laufenden Behandlung durchgeführt werden.

Mehr Sicherheit durch strenge Richtlinien

In Deutschland unterliegen alle Einrichtungen, die Strahlentherapie anbieten, dem Strahlenschutzgesetz. Die Gesetzgebung im Bereich des Strahlenschutzes ist sehr streng und wird zudem auch durch unangekündigte Visitationen genau kontrolliert. Durch die strengen Richtlinien in der Strahlentherapie konnten in den letzten Jahren Qualitätsstandards eingeführt werden, die für ein hohes Maß an Sicherheit in der Behandlung von Patienten mit Strahlung sorgen. Bei festgestellten Verstößen gegen die Richtlinien erfolgen im ersten Schritt Abmahnungen der Betreiber der jeweiligen Strahlentherapie-Einrichtung, in groben Fällen droht sogar die Schließung entsprechender Einrichtungen.