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Antikörper & Co. Krebstherapie im Wandel

Die Krebstherapie ist im Wandel: Neue Methoden berechtigen zu großer Hoffnung. Sie greifen Tumorzellen gezielter und individueller an oder befähigen und unterstützen gar das eigene Immunsystem, Krebszellen abzutöten. Wo setzt die moderne Immuntherapie an, wo die Antikörpertherapie? Wie unterscheiden sich die Verfahren? Für welche Patienten kommen sie in Frage?

Von: Sabine März-Lerch

Stand: 13.01.2025 |Bildnachweis

Illustration eines CAR-T-Zellmembran-Rezeptors - genetisch so manipuliert, dass dadurch eine Krebstherapie erfolgen kann. | Bild: picture-alliance/dpa

Chemotherapie, Operation, Bestrahlung – über viele Jahre bestand das Repertoire der Onkologie in der Behandlung von Krebs ausschließlich aus diesen Therapien. Mit bekannten Folgen: Auch unbeteiligte Zellen und gesundes Gewebe werden teils massiv geschädigt. Und mit bekannten Nebenwirkungen: Unverträglichkeiten, schlimme Übelkeit, Haarausfall.

Expertin:

Prof. Dr. med. Angela Krackhardt, Chefärztin der Medizinischen Klinik I, Onkologie, Pneumologie, Diabetologie, Malteser Krankenhaus St. Franziskus-Hospital, Flensburg, und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, Hämatologie und Onkologie; Leiterin der Arbeitsgruppe Translationale Immuntherapie

Doch die Krebstherapie ist im Wandel: Neue Methoden berechtigen zu großer Hoffnung. Sie greifen Tumorzellen gezielter und individueller an oder befähigen und unterstützen gar das eigene Immunsystem, Krebszellen abzutöten. Wo setzt die moderne Immuntherapie an, wo die Antikörpertherapie? Wie unterscheiden sich die Verfahren? Für welche Patienten kommen sie in Frage?

Der Text basiert auf Interviews mit Prof. Dr. med. Angela Krackhardt, Chefärztin der Medizinischen Klinik I, Onkologie, Pneumologie, Diabetologie, Malteser Krankenhaus St. Franziskus-Hospital, Flensburg, und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, Hämatologie und Onkologie; Leiterin der Arbeitsgruppe Translationale Immuntherapie

Kein Mensch ist identisch mit einem anderen Menschen, keine Krebserkrankung ist identisch mit der anderen, auch auf molekularbiologischer und immunologischer Ebene. Auch das Profil eines jeden Tumors ist einzigartig. Jeweils individuelle Mutationen und Zellveränderungen machen den Unterschied. Das macht sich die molekulare Tumortherapie zunutze.

Der erste Schritt in der molekularen Tumortherapie: Das Tumorgewebe wird im Labor insbesondere auf seine spezifischen Zellmutationen und weitere Veränderungen hin untersucht. Neue diagnostische molekular-genetische Methoden machen dies möglich.

Spezifik aus dem Labor

"Man sequenziert und entschlüsselt dafür die genetische Trägersubstanz der Tumorzellen. Neben den Mutationen des Tumors lassen sich weitere Veränderungen in der Tumorzelle sehr genau beschreiben. Es werden inzwischen auch immer häufiger Veränderungen mit beurteilt, die nicht direkt, sondern als Folge der Mutationen in der Zelle entstehen und ebenfalls Zielstrukturen für molekulare Therapien darstellen können.  Nachfolgend wird überprüft, ob wir spezifische Medikamente zur Verfügung haben, die gezielt bei entsprechenden Veränderungen wirken. Entsprechende Untersuchungen können dazu führen, dass Mutationen entdeckt werden, die für die untersuchte Tumorart nicht unbedingt typisch sind, die dann aber mit entsprechenden Medikamenten behandelt werden."

Prof. Angela Krackhardt

Sogenannte molekulare Inhibitoren sind Substanzen, die biologische und chemische Prozesse modifizieren, einschränken oder verhindern und zielen auf die molekularen Eigenschaften der entsprechenden Krebszelle ab, die insbesondere diese Krebszellen, aber in der Regel nicht die gesunden Körperzellen charakterisieren. Dadurch werden unbeteiligte Zellen und gesundes Gewebe - anders als bei der Chemotherapie – nicht oder nur in geringem Maße angegriffen.

"Durch ein besseres Verständnis genetischer und anderer Veränderungen des Tumors, versucht man immer spezifischere und personalisiertere Therapien für die Patienten zu entwickeln, die dann ganz gezielt gegen bestimmte Mutationen in den definierten Tumorerkrankungen gerichtet sind."

Prof. Angela Krackhardt

Die Behandlung orientiert sich nach diesem Prinzip weniger - wie in der bisherigen Behandlung von Krebs - daran, ob es sich um z.B. Brustkrebs oder eine andere Krebsart handelt, sondern immer häufiger an den spezifischen genetischen Störungen, Zellveränderungen und Mutationen.

"Molekulare Therapien waren in den 1990er Jahren der erste Schritt, die Spezifität der Therapie zu optimieren und ganz gezielt tumorspezifische Mutationen anzugreifen. Ein Paradebeispiel ist die genetische Veränderung, die im Philadelphia-Chromosom vorliegt. Diese kommt bei Leukämien vor. Hier kann ganz gezielt durch einen Inhibitor ein im Tumor übermäßig aktiviertes Enzym gehemmt werden und dadurch können die Patienten sehr gezielt behandelt werden. Bei manchen Patienten, die gut auf die Therapie ansprechen, kann die Erkrankung auch nach Absetzen der Therapie nicht mehr nachgewiesen werden."

Prof. Angela Krackhardt