Die Pilshöfe im Ultental Südtiroler Bergbauernhöfe zwischen Tradition und Moderne
Die ältesten und authentischsten Südtiroler Bergbauernhöfe gibt es nicht nur im Schnalstal, sondern auch im Ultental, das sich südwestlich von Meran zum Nationalpark Stilfser Joch hin erstreckt.
Die typischen „Ultner Paarhöfe“ sind ein Kulturdenkmal: Haus und Wirtschaftsgebäude stehen aus Brandschutzgründen getrennt und leicht versetzt voneinander, auch die steinbeschwerten Legschindel-Dächer sind eine Besonderheit. Viele dieser jahrhundertealten Höfe in mittlerer Höhenlage verbindet der Ultner Höfeweg zwischen Kuppelwies und St. Gertraud.
Die topographisch allerletzten Höfe im hintersten Ultental, zwischen St. Gertraud und dem Weißbrunnstausee, sind jedoch die Pilshöfe in knapp 1700 Metern Höhe - ein Ensemble aus vier verschiedenen Höfen aus dem 14. Jahrhundert. Die Pilshöfe sind fast genauso bekannt wie die tausendjährigen Ultner Urlärchen.
Mitten durch die Pilshöfe führt der Wanderweg von St. Gertraud hinauf zum Weißbrunnstausee. Eng verschachtelt kleben die vier Höfe und vier Scheunen an steilen Bergwiesen über dem Falschauer Bach. Einst lebten mehrere kinderreiche Familien, insgesamt 50 Menschen auf den Pilshöfen – fast ein eigenes Dorf. Heute ist nur noch ein Hof ganzjährig bewohnt. Alexander Pircher lebt hier allein, weil er auf den Pilshöfen aufgewachsen ist und bis heute die Bergnatur der Stadt vorzieht. So fährt Alexander Pircher unter der Woche jeden Tag mit dem Bus zur Arbeit nach Algund bei Meran und abends wieder zurück. Unterwegs von acht bis acht – da bleibt keine Zeit mehr für die Landwirtschaft auf dem Berg, wo der er noch als Jugendlicher mitgeholfen hat. Nachdem die Großmutter dann aber Herzprobleme bekam, wurde die Landschaft aufgegeben. Die Bergwiesen sind verpachtet, doch am Haus gibt es immer etwas zu richten.
Auch für Andrea Telser aus Latsch sind die Pilshöfe bis heute ihre eigentliche Heimat. Sie ist auf dem Lenzenhof, dem ältesten der Pilshöfe, aufgewachsen, heute aber nur noch am Wochenende und in den Ferien mit ihrer Familie hier. Der Hof ist noch sehr ursprünglich, die Lebensbedingungen auf dem Hof sind nach wie vor eine Herausforderung. sagt auch Karlheinz Telser und betont, dass die Bergbauern hier schon immer und notgedrungen Überlebenskünstler waren.
Bevor die Pilshöfe an das Stromnetz angeschlossen wurden, gab es nur billige Karbidlampen, eine im Stall, eine in der Stube. Irgendwie war es immer dunkel und die Dunkelheit das eine, die Kälte das andere. Minus sieben oder acht Grad im Schlafzimmer waren im Winter „normal“, trotz zwei Matratzen, zwei Federbetten und einer Wolldecke war es immer kalt und zuweilen sogar das Wasser in der Wärmflasche gefroren. Bis heute gibt es hier nur ein Plumpsklo, kein Bad und kein Trinkwasser, sondern nur Bachwasser. Das in die Küche zugeleitete Bachwasser musste im Winter stets laufen, um nicht einzufrieren. Als einmal aber der Abfluss zufror, hatte die Großmutter am nächsten Tag einen „Eislaufplatz“ in der Küche.
Derzeit ist das Dach undicht und muss repariert werden, denn es tropft schon ins Obergeschoss durch. „Es gefriert überall im Haus“, resümiert Andrea Telser, auch Eisblumen sind in der alten rauchgeschwärzten Selchküche keine Seltenheit. Früher wurden hier der Speck und die Würste aufgehängt, und weil man in dem dicken Rauch von der Großmutter einst nur noch die Beine sah, haben die Telsers nun ein Rohr installiert, das den Rauch aus der Selchküche in den Kamin leitet. Gekocht wird heute nicht mehr mit Jacke und Handschuhen in der Sennküche, sondern in der Wohnstube, und hier auch abgespült und alles andere erledigt. Ein Boiler erwärmt inzwischen das Wasser. Von einer Waschmaschine hätte die Großmutter nur träumen können, sie musste im Winter die Wäsche im eiskalten Trog waschen.
Andrea Telser erinnert sich auch noch an die Einkäufe zusammen mit der Großmutter in ihrer Kindheit unten in St. Gertraud. Damals gab es noch nicht alles verpackt, weshalb jedes Kännchen und jedes Behältnis aufbewahrt und zum Einkauf wieder mitgebracht wurde - Nachhaltigkeit anno dazumal. Heute helfen auch mal die Enkelkinder mit, wenn rund um Hof etwas zu tun ist. In erster Linie aber sind die Pilshöfe mit den steilen Bergwiesen ein toller Spielplatz für den neunjährigen Simon, der gern schnitzt und im Wald bei der Holzarbeit hilft, und für die sechs Jahre alte Martina, die auf den Pilshöfen am liebsten Verstecken spielt.
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Karte: Die Pilshöfe