Spaenle will Transparenz schaffen. Sein erstes Projekt als Antisemitismusbeauftragter der Staatsregierung ist es, eine Meldestelle für antijüdische Vorfälle aller Art zu schaffen. Denn nicht erst Beleidigungen, die ohnehin unter Strafe stehen, sind für Spaenle das Problem, sondern schon eher harmlos wirkende Pöbeleien. Wie die Meldestelle genau aussehen soll, sei aber noch Gegenstand von Verhandlungen.
Antijüdische Hetze sei übrigens nicht nur ein Problem von rechts, sagte Spaenle. Doch gebe es oft den Automatismus: Wenn eine Tat nicht eindeutig einem Täter zugeordnet werden könne, dann werde sie einfach dem rechtsradikalen Milieu zugeordnet. Doch es seien auch immer wieder linke oder islamistische Kräfte für antisemitische Taten verantwortlich, so Spaenle.
Auch hier soll die Meldestelle für antijüdische Vorfälle bessere Zahlen liefern. Spaenle will ein Bewusstsein dafür schaffen, dass künftig niemand mehr wegschaut - oder: weghört.
"Wenn etwa das Wort Jude als Schimpfwort benutzt wird, brauchen wir eine Kultur des Hinschauens. Wir brauchen ein Eintreten der Zivilgesellschaft, weil es letztlich um die Würde des Einzelnen geht." Ludwig Spaenle
Knobloch froh über Einrichtung eines Antisemitismusbeauftragten
Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, ist dankbar für die Einrichtung eines Antisemitismusbeauftragten. Denn die wachsende Herabsetzung jüdischer Mitbürger sei schon auf den Fußballplätzen der Amateurligen zu greifen.
Und das habe auch mit dem Erstarken der AfD zu tun, so Knobloch nach ihrem Gespräch mit Spaenle:
"Diejenigen, die schon immer einen gewissen Antisemitismus in sich hatten und nicht nach außen getragen haben, die sind jetzt begeistert, dass eine politische Partei sich dieses Themas annimmt - und sie folgen können." Charlotte Knobloch
Notfalls Strafrecht verschärfen
Spaenle will notfalls auch das Strafrecht verschärfen. Charlotte Knobloch zufolgewürde es aber mitunter schon reichen, das geltende Strafrecht konsequenter anzuwenden - zum Beispiel auch gegen manche Hetze von AfD-Funktionären. Da könne der Beauftragte der Staatsregierung helfen, das Bewusstsein bei den Behörden zu schärfen.
"Er soll nicht mahnen. Gemahnt habe ich - und keinen Erfolg gehabt. Er soll handeln und Erfolge haben." Charlotte Knobloch
Ein klarer Wunsch an Spaenle. Der frühere Kultusminister will aber kein reiner Antisemitismusbeauftragter sein, sondern unterstreicht beim Besuch der Kultusgemeinde seine weiteren Funktionen: Er stehe auch für jüdisches Leben, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe. Hier gelte es, vor allem die jüngeren Menschen zu erreichen. Dazu will Spaenle die Idee eines bayerisch-israelischen Jugendwerks vorantreiben, "denn durch Anschauung lernt man am besten".
Bis zum Herbst plant Spaenle, alle 13 israelitischen Kultusgemeinden in Bayern zu besuchen. Denn er will vor Ort ihre Anliegen und Sorgen selbst erfahren.