Bildrechte: dpa-Bildfunk
Videobeitrag

Angela Merkel

Bildbeitrag
>

Zum vierten Mal Merkel: So lief die Wahl der Kanzlerin

Zum vierten Mal Merkel: So lief die Wahl der Kanzlerin

Angela Merkel ist im Bundestag zum vierten Mal zur Kanzlerin gewählt worden. Für die CDU-Chefin war es trotzdem kein Routine-Termin. Denn die Mehrheit war knapper als sonst. Und das war nicht die einzige Abweichung an diesem Tag.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Der Plenarsaal des Reichstags wirkt um kurz vor neun Uhr ein bisschen so wie ein Klassentreffen. Alte Bekannte kommen zusammen, sie haben sich heute - bis auf ein paar Ausnahmen - extra fein angezogen. Der Selfie-Wahn ist übrigens auch an Politikern nicht vorbeigegangen, vor allem in der AfD-Fraktion nicht. Alice Weidel und Beatrix von Storch schießen ein Foto nach dem anderen vor dem Bundesadler. Angela Merkel kommt im weißen Sakko in den Plenarsaal. Mal was Neues wagen! Bei den drei vorangegangenen Wahlen trug sie schwarz.

Angela Merkel begrüßt Martin Schulz und Sigmar Gabriel besonders herzlich

Beim Blitzlichtgewitter drängt sich noch der künftige Außenminister Heiko Maas an die Seite der Kanzlerin. Die aber dreht ab und geht entschlossenen Schrittes auf Martin Schulz zu. Der tief gefallene ehemalige SPD-Chef und Nicht-künftige-Außenminister hatte tags zuvor versprochen, er werde Angela Merkel wählen. Die Bundeskanzlerin zieht ihn zu sich und neigt sich zu den Fotografen. Das Foto will sie ihm schenken.

Ebenso herzlich geht sie mit Sigmar Gabriel um, der verstohlen in den hinteren Reihen der Fraktionsbänke umherzieht. Etwas mehr Aufmerksamkeit hatte sich wohl FDP-Chef Christian Lindner erhofft. Ungelenk steht er vor der ersten Reihe der Unionsfraktion, wo Angela Merkel sitzt. Als sie auf sein Gespräch nicht so recht eingehen will, trollt er sich zurück zu den Liberalen.

Auf der Ehrentribüne tuscheln zwei künftige Kolleginnen

Noch vor ihrer Vereidigung als Minister bilden sich auf der Besuchertribüne erste Allianzen. Dort sitzen alle künftigen Minister, die kein Bundestagsmandat haben. Und zwei Frauen scheinen sich gesucht und gefunden zu haben: Die künftige Familienministerin Franziska Giffey von der SPD und die künftige Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner von der CDU tragen beide ein royalblaues Kleid, exakt derselbe Farbton. Sie haben sich sehr viel zu erzählen. Dass Horst Seehofer viel zu spät auf der Tribüne Platz nimmt, nehmen sie gar nicht wahr.

Zum ersten Mal ist Merkels Ehemann da – mit Laptop auf dem Schoß

Wenig Lust auf Unterhaltung hat ganz offensichtlich Joachim Sauer. Der Ehemann von Angela Merkel ist zum ersten Mal bei der Wahl seiner Frau dabei, aber anscheinend geht die Arbeit vor. Fast eine Stunde lang hackt er auf der Ehrentribüne viele Wörter in seinen Laptop. Die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sitzt neben ihm und setzt mehrmals zu einem Gespräch an. Aber so recht will keine Unterhaltung zustande kommen. Erst als Wolfgang Schäuble das Ergebnis der Kanzlerwahl bekannt gibt, klappt Sauer seinen Laptop zu.

SPD versichert: die Abweichler kommen nicht von uns

Angela Merkel verzieht keine Miene, als Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble das Ergebnis verkündet. 364 Abgeordnete haben für sie gestimmt, das sind gerade mal neun mehr als erforderlich. Sie lächelt verlegen, weiß nicht, ob sie aufstehen oder sitzen bleiben soll.

Volker Kauder überbrückt die Situation und stimmt donnernden Beifall an. Noch während des Applauses sieht man die Fragezeichen in den Gesichtern. Wer waren die Abweichler? Niemand von der SPD!, tönt es von der SPD. Fraktionschefin Andrea Nahles wird fast sauer, als man den Schwarzen Peter den Sozialdemokraten zuschieben will:

"So eine Unterstellung weise ich ausdrücklich zurück." Andrea Nahles, SPD-Fraktionschefin

Sogar die ausgewiesenen Groko-Kritiker wie die SPD-Linke Hilde Mattheis hätten ihre Ja-Stimme versichert. Die Schuldigen müssen also in der Unionsfraktion sitzen.

Bundespräsident Steinmeier appelliert an das Gewissen der Demokraten

Angela Merkel hat gleich zwei Termine beim Bundespräsidenten. Beim ersten Mal bekommt sie die Ernennungsurkunde von Frank-Walter Steinmeier, dann muss sie zurück ins Parlament, um den Amtseid zu leisten. 

Danach fährt eine Kolonne aus schwarzen Limousinen mit lauter künftigen Ministern an Bord vor dem Schloss Bellevue vor, wo Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine bemerkenswerte Rede hält. Wo Grenzen missachtet würden, müssten Demokraten wachsam und bereit sein, sich zu zeigen, sagt Steinmeier. Und er warnt das Kabinett vor einem Weiter-so:

"Um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, wird ein schlichter Neuaufguss des Alten nicht genügen. Diese Regierung muss sich neu und anders bewähren." Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Nacheinander bekommen die Minister ihre Urkunden ausgehändigt. Zuerst Olaf Scholz als Vizekanzler. Horst Seehofer nimmt die Urkunde gelassen entgegen. Heiko Maas ganz stolz. Die dienstälteste Ministerin, Ursula von der Leyen, lächelt immer noch wie beim ersten Mal. Der jüngste im Kabinett, Jens Spahn, dagegen wirkt, als würde er zum vierten Mal so eine Urkunde bekommen.

Beim Gruppenfoto will sich Julia Klöckner neben die Bundeskanzlerin drängen, die aber zieht Heiko Maas an ihre Seite. Klöckner muss zwei Häuschen weiter. Und dann zurück in den Bundestag. 

Auch die Minister leisten noch den Amtseid im Parlament, fast alle mit dem Zusatz "So wahr mir Gott helfe". Olaf Scholz, Katarina Barley und Svenja Schulze verzichten darauf. Die Ministerinnen in den blauen Kleidern nicht. Julia Klöckner und Franziska Giffey haben sich auf der Regierungsbank gleich nebeneinander gesetzt.