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Hygiene-Museum, Dresden

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Hygiene-Museum: "Die Erfindung der Menschenrassen"

Hygiene-Museum: "Die Erfindung der Menschenrassen"

"Rassismus - die Erfindung von Menschenrassen", so heißt die aktuelle Ausstellung im Hygiene-Museum in Dresden. Warum der Begriff "Menschenrasse" wissenschaftlicher Unsinn ist, erklärt Volker Strähle, kuratorisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Bayern 2-radioWelt: Ist das Hygiene-Museum prädestiniert für eine Ausstellung über Rassismus?

Volker Strähle, Deutsches Hygiene-Museum: Schon bei der ersten internationalen Hygieneausstellung 1911 war Rassenhygiene ein Thema. Heute blicken wir zurück und gruseln uns. Doch das schien der Bevölkerung damals als eine drängende Frage, auch die Wissenschaft hat sich damit beschäftigt. Daraus ist ganz viel entstanden, was im Nationalsozialismus dann in Bevölkerungspolitik und Vernichtungspolitik umgeschlagen ist. Das Hygiene-Museum hat diese Rassenkonstruktionen, die uns heute noch prägen, über Lehrmaterialien und Ausstellungen mitpropagiert.

Bayern 2-radioWelt: Der Titel der Ausstellung lässt darauf schließen, dass von Menschenrassen gar nicht gesprochen werden kann.

Volker Strähle: Ja, die Wissenschaften haben sich dieses Konzepts bedient. Nach der Aufklärung hat man sich Rassen noch staatlich vorgestellt - nach Johann Friedrich Blumenbach gab es die vier Großrassen, also Kontinente mit bestimmten Bevölkerungsgruppen mit Hautfarben und bestimmten Eigenschaften. Es gab viele Theorien, die nach unserem heutigen Verständnis nichts mit Wissenschaft zu tun haben. Die heutige Humangenetik arbeitet mit diesem Begriff nicht mehr, weil er nicht geeignet ist, Vielfalt von Bevölkerung, von Erscheinungsformen zu ordnen. In der Natur gibt es diese Rassen schlichtweg nicht.

Bayern 2-radioWelt: Wie hat man versucht, diese Rassenideologie in den Köpfen der Menschen zu verankern?

Volker Strähle: Ein Strang war die Wissenschaft mit verschiedensten Methoden: Im 19. Jahrhundert kam die Anthropologie auf, die sich Verfahren wie Schädelvermessungen gewidmet hat. Man wollte nachweisen, dass es diese grundsätzlichen Unterschiede gibt, sowohl über verschiedene Techniken in der Wissenschaft als auch über ganz populäre Medien, was wir auch in der Ausstellung zeigen. Um die Jahrhundertwende kam die Völkerschau auf, bei der Menschen aus der ganzen Welt nach Europa geholt und wie im Vergnügungspark ausgestellt wurden. Diese Inszenierungen haben Klischeebilder - man hat zum Beispiel ganze Südseedörfer aufgebaut - haben unsere Vorstellungen bis heute geprägt. Heute tauchen diese Bilder in Filmen immer noch auf. Das sind Bilder, die ganz weit zurückreichen, und das möchten wir in unserer Ausstellung zeigen.

Bayern 2-radioWelt: Wir haben den Exzess des Rassegedankens in der Nazizeit. Ist mit ähnlicher Intensität versucht worden, den Rassegedanken aus den Köpfen wieder zu entfernen?

Volker Strähle: Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich die Geschichte des Rassebegriffs in verschiedenen Ländern ganz unterschiedlich entwickelt. In Deutschland ist der Rassebegriff aufgrund der Erfahrungen des Nationalsozialismus tabuisiert, hier wird er auch meist biologisch verstanden. Man hört oft: Rassen gibt es nicht, weil es keine biologischen Unterschiede zwischen unterschiedlichen Menschengruppen gibt. Darum sollte man diesen Begriff auch meiden. In den USA ist der Begriff "Race" besetzt von bestimmten Gruppen, die um ihre Rechte kämpfen. Da ist es ein sozialer Begriff. Das Anliegen, den Begriff zu tabuisieren, ist gar nicht da. Ich denke, wir können uns auch in Deutschland diesem Begriff wieder nähern und uns mit diesen Konzepten auseinandersetzen, die uns ja prägen. Ob wir den Begriff benutzen oder nicht.