Täter im Gerichtssaal in Budapest
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Die drei verurteilten Täter vor dem Oberste Gerichtshof.

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Ungarn: Urteil zur Mordserie an Roma

Ungarn: Urteil zur Mordserie an Roma

Das Oberste Gericht in Budapest hat die Urteile gegen drei Rechtsextreme wegen der Morde an sechs Roma - in den Jahren 2008/2009 - bestätigt. Sie bleiben damit lebenslang in Haft. Der Fall weist Parallelen zu den NSU-Morden in Deutschland auf.

Einmal feuerten sie durch ein Fenster. Ein anderes Mal zündeten sie Häuser an und schossen auf die fliehenden Menschen. Bei einer Serie von Anschlägen im Nordosten Ungarns zwischen 2008 und 2009 wurden sechs Menschen getötet. Die Täter hatten ihre Opfer kaltblütig hingerichtet. In Tatarszentgyörgy zündeten sie das Haus der Familie Csorba an, Robert Csorba und sein kleiner Sohn flüchteten nach draußen. Dort wurden sie erschossen. Die Mutter und die Tochter überlebten. Fünf weitere Menschen wurden schwer verletzt. Die Opfer sind alle Angehörige der ungarischen Roma-Minderheit, die Täter ungarische Rechtsradikale. Das Oberste Gericht in Budapest hat die Urteile gegen drei Rechtsextreme wegen der Morde an sechs Roma (2008/2009) bestätigt. Sie bleiben damit lebenslang in Haft. Ein vierter Komplize hat auf eine Revision verzichtet. Er sitzt eine 13-jährige Strafe ab. Er war als Fahrer nicht nur Helfershelfer der Mörder, sondern auch ein Informant der Sicherheitsbehörden.

Parallelen zu NSU-Morden in Deutschland

Es gab keine Bekennerschreiben. Das führte dazu, dass – ähnlich wie bei den NSU-Morden in Deutschland – zunächst das Umfeld der Opfer verdächtigt wurde und erst einmal ausschließlich gegen sie ermittelt wurde. Eine weitere Parallele: Erst nach und nach wurden Details über die Versäumnisse der polizeilichen Ermittlungen zu Tage gefördert, so auch über das Versagen der ungarischen Sicherheitsbehörden. Etwa als herauskam, dass alle Täter den Sicherheitsbehörden in Ungarn bereits vor den Anschlägen bekannt waren. Lange hatte man sie observiert. Das Unglaubliche: Einer der Informanten der ungarischen Sicherheitsbehörden, der Fahrer, war sogar ein Komplize. Er gab zu, sein Wissen über die minutiös geplanten Morde an die Behörden nicht weitergegeben zu haben. Es war ein weiterer Schock für die Angehörigen der Opfer, machte es ihnen doch deutlich, dass die Morde hätten verhindert werden können. In Ungarn verläuft die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den rassistisch motivierten Morden an Roma deutlich anders als im Fall der NSU-Morde in Deutschland. Das gilt auch für die politische Ebene. Denn bis heute hat es keine öffentliche Gedenkfeier für die Opfer in Anwesenheit des Staats- oder Regierungschefs gegeben.