"Ich werde immer als der Tierzeichner gehandelt", sagt Reinhard Michl. Wenn er allerdings seine Skizzenbücher durchsehe, werde deutlich, dass er eigentlich meistens Menschen zeichne. Wahrscheinlich wird seinen Tieren deshalb so oft ein sehr menschlicher Ausdruck attestiert.
Tiere mit sehr menschlichen Regungen
Die Tiere sind tatsächlich ein Lebensthema für Reinhard Michl – und mit ihnen überhaupt die Natur: stille Weiher, Wiesen, Berge am Horizont. Michl ist einer, der fortwährend staunt über die Natur, diese unendliche Schatzkammer. Dieses Staunen gehört, wie der Drang zum Zeichnen, zu den Erfahrungen seiner Kindheit in Niederbayern:
"Meine Eltern waren Heimatvertriebene, wie das hieß. Wir waren vier Kinder, es war alles sehr beengt. Das hat dazu geführt, dass Natur für mich immer der Abenteuerraum war." Reinhard Michl
Und ein Schutzraum gegen den Drill und die Angstpädagogik der damaligen Zeit, die die Lehrer des Jungen, die Michl heute "Altnazis" nennt, in der Schule praktizierten.
Kinderbuchklassiker auf einem veränderten Markt
Die Liste der Bücher, für die Reinhard Michl in den vergangenen vier Jahrzehnten Bilder gezeichnet hat, ist lang: Er hat Romane von Michael Ende illustriert, ebenso Gedichte von Paul Maar, Märchen-Sammlungen und Heine-Lieder. Am erfolgreichsten ist das "Findefuchs"-Buch, die Geschichte einer Suche nach einer neuen Familie, über eine Million Mal verkauft, in zahlreiche Sprachen übersetzt, zuletzt ins Arabische. Ähnlich erfolgreich: "Es klopft bei Wanja in der Nacht", geschrieben von Tilde Michels. Auch neuere Bücher von Reinhard Michl finden den Weg in andere Sprachen. "Die kleine Birke" – eine Jahreszeitengeschichte von Marianne Hofmann und Reinhard Michl – wurde in Russische und ins Chinesische übersetzt. Mit so viel Erfahrung registriert Reinhard Michl aufmerksam, dass sich der Buchmarkt in Deutschland seit einigen Jahren merklich verändert: Alles werde schnelllebiger, die Bücher blieben nicht mehr lange in den Regalen der Buchhandlungen.
"Ein Buch ist nach drei, vier Jahren schon durch. Wenn es bis dahin nicht ein Bestseller geworden ist, ist es meistens schon wieder tot, was natürlich sehr schwierig ist." Reinhard Michl
Ein Glücksfuchs für den Zeichner
Reinhard Michl, geboren 1948 im niederbayerischen Hausen, war nie ausschließlich Illustrator, ein Erzähler in Bildern. Immer wieder malt und zeichnet er frei – auch dabei gerne Tiere, zum Teil in verzerrten wie auch skurrilen Perspektiven. Unlängst habe er gehört, dass sein Vorname Reinhard eine Vorform von Reineke sei, erzählt Michl, der am 18. Juni 70 Jahre alt wird und seit drei Jahrzehnten in Uffing am Staffelsee lebt. Der Fuchs, dieses Tier, hat ihm durchaus Glück gebracht, immer wieder. Man darf gespannt sein, in welcher Form und Gestalt Reineke in absehbarer Zeit durch die Bücherregale schleichen wird, frech, gewitzt, listig, durchaus auch drastischer, überzeichnet, wie in einer Fabel eben. Noch ist die Suche nicht zu Ende.