Vorname: Rhaban, Nachnahme: Vhart. Geburtsdatum: 15. August 1972, Nationalität: Pargasier, Gerätenummer seines Notebooks: PC-94749-0665. Sozialversicherungsnummer: 632-874-002. Im Internet hat er vor elf Jahren einmal Sympathie geäußert für die radikale Untergrundorganisation FTP.
„Orwell – Ignorance is Strength“: Spionage als Impuls zum Nachdenken
Sehr interessant, aber doch alles nur ein Spiel. In dem Adventure-Spiel „Orwell: Ignorance is Strength“ sitzen wir als ein Agent am Monitor und schnüffeln im Dienste des fiktiven Staats The Nation im Privatleben anderer Menschen herum. Wir scannen Profile in Internet-Netzwerken, lesen den Email-Verkehr mit, stöbern in sehr intimen Akten und hören Telefongespräche ab. Mit Hilfe der so gewonnenen Informationen setzen wir Gerüchte in die Welt und schrauben Halbwahrheiten zusammen, um so Oppositionelle zu diskreditieren. Das Spiel wedelt also nicht mit dem moralischen Zeigefinger, sondern möchte zum Nachdenken anregen: Was ist das überhaupt, Wahrheit? Wie lässt sie sich manipulieren? Und welche Rolle spielt dabei die eigene Fliter-Blase im Internet? Melanie Taylor hat an dem Spiel mitgearbeitet, das bei dem kleinen Hamburger Indie-Studio Osmothic erschienen ist.
„Es ist einfach ein Thema das ziemlich stark aufgekommen ist, natürlich auch durch Donald Trump. Dadurch, dass er diese Terminologie für sich beansprucht hat. Und er hat damit natürlich auch den Zahn der Zeit getroffen.“
„Get bad News“: Unterkomplexe Spielsituation
Spätesten seit der Wahl von Donald Trump haben Begriffe wie „Postfaktisches Zeitalter“ und „Fake News“ Hochkonjunktur und das geht auch am Medium Computerspiel nicht spurlos vorbei. Fast zeitgleich zu Orwell erschien letzte Woche „Get bad News“, ein Browser-Spiel das an der University of Cambridge entstanden ist und erklären möchte, wie Fake News überhaupt funktionieren. Das gelingt allerdings kaum, als Spieler sitzt man hier am Rechner und twittert irgendwelche Falschmeldungen zu Chemieunfällen in die Welt und mutiert nach kurzer Zeit zur Superinfluencer-Fake-News-Schleuder. Niemand stellt irgendwas richtig, niemand widerspricht, niemand stellt auch nur eine kritische Frage. Stattdessen folgen uns immer mehr Menschen, je mehr wir twittern. Nur: Ganz so einfach läuft das Troll-Geschäft in der Realität eben gottseidank dann doch nicht. So dass sich schon die Frage aufdrängt, welchen Erkenntnisgewinn die unterkomplexe Spielsituation in „Get bad News“ eigentlich produzieren soll.
„Fake it to make it“: Fake News als Geschäftsmodell
Näher an der Wahrheit ist da schon „Fake it to make it“, dessen deutsche Version vor einigen Monaten von der Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlich wurde. Hier ist von Anfang an klar, um was es im Fake-News-Business geht: Um Geld. Hier produzieren wir Fake News, um Klicks zu generieren und Klicks generieren wir, um Kohle zu scheffeln, damit wir uns irgendwann mal einen schicken Kleinwagen leisten können. That simple.
Und genau so ist das ja auch in der Realität: Denn Fake News werden überwiegend gar nicht so sehr aus ideologischen Gründen produziert, sondern aus finanziellen. Allein 140 Fake News-Seiten sollen vor der US-Präsidentschaftswahl beispielsweise von Jugendliches aus Veles betrieben worden sein, einer kleinen Stadt in Mazedonien. Und diesen mazedonischen Teenagern, die im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf im Accord Bullshit-Meldungen raushauten, war Trump relativ egal, aber sie merkten, dass Aufreger sich in den sozialen Medien schnell verbreiten, dass Bullshit viele Klicks erzeugt und dass jede gut gemachte Fake News sie dem begehrten Kleinwagen näherbringt - genau wie in „Fake it to make it“.
Unterhaltung oder Pädagogik?
Interessant ist, dass alle Fake News-Spiele den Spieler in die Rolle des Fake-News-Produzenten schlüpfen lassen und das setzt wiederum eine wenig überraschende, aber dennoch bittere Erfahrung frei: Die Produktion von Unsinn ist im postfaktischen Zeitalter weit unterhaltsamer, als das mühsame Checken von Fakten, das Richtigstellen von Falschaussagen und das Bohren dicker Bretter.