Anna Berreiter bei der Siegerehrung zur Weltmeisterschaft
Bildrechte: picture alliance / foto2press | Steffen Proessdorf
Videobeitrag

Anna Berreiter bei der Siegerehrung zur Weltmeisterschaft

Videobeitrag
> Sport >

Anna Berreiter: Große Erfolge, große Erwartungen

Anna Berreiter: Große Erfolge, große Erwartungen

Anna Berreiter hat mit 24 Jahren schon fast alles im Rennrodeln erreicht. Doch hinter der Berchtesgadenerin liegen harte Jahre. Nun will sie voll durchstarten - und das Karriereende von Natalie Geisenberger teilweise vergessen machen.

Über dieses Thema berichtet: BR24Sport am .

Der Blick ist fokussiert - mit ihren weißen Handschuhen greift Anna Berreiter nach den Metallgriffen. Sie wippt ein paar mal auf ihrem Schlitten, nimmt Spannung auf und katapultiert sich mit zwei, drei kräftigen Paddelschlägen in den Eiskanal.

Die Berchtesgadenerin bereitet sich zusammen mit der Frauennationalmannschaft im Rennrodeln auf den Winter vor. Obwohl sie den Startablauf schon Hunderte Male durchgegangen ist, will sie für die neue Saison weitere Details und somit Hundertstel herauskitzeln, die im Winter über Sieg und Niederlage entscheiden können: "Man muss wirklich 'all in' gehen. Es muss alles passen. Es kann sonst von der einen auf die andere Sekunde etwas schiefgehen. Deshalb ist der Start gleich am Anfang von unserem Rennen auch so wichtig für uns", erklärt Anna Berreiter im Interview mit BR24Sport.

Vom Nachwuchstalent zur Erfolgs-Hoffnung

Dass sie so richtig durchstarten kann, bewies sie mit ihrer Olympia-Medaille 2022 in Peking. Hinter der bayerischen Rodel-Heldin Natalie Geisenberger, die kürzlich in Blickpunkt Sport ihr Karriereende bekannt gegeben hat, gewinnt sie überraschend Silber. 2023 folgen der erste EM-Titel in Sigulda und der erste WM-Titel bei der Heim-WM in Oberhof. In nur drei Saisons wird Anna Berreiter vom Rodelküken zur Weltklasse-Athletin - eine Rolle, in die sie erst einmal hereinwachsen muss.

"In meinem Kopf bin ich eigentlich die Anna aus Berchtesgaden. Ich mache meinen Job. So wie jede andere ins Büro geht, gehe ich ins Training, und im Winter rase ich den Eiskanal runter", sagt Berreiter.

Königssee: Wie eine Pistenraupe durch das Wohnzimmer

Doch seit 2021 ist das mit dem Training gar nicht mehr so einfach. Heftige Unwetter zerstörten damals die älteste Kunsteisbahn der Welt, die Bob- und Rodelbahn am Königssee - Berreiters Heimbahn.

"Es war, wie als wäre eine Pistenraupe durch mein Wohnzimmer gefahren. Ich habe mir gedacht, wie soll es jetzt weitergehen? Ich habe die Bilder gesehen. Ich habe geweint. Also ich wusste gar nicht, was jetzt los ist, ob das wirklich echt ist", erinnert sich die 24-Jährige.

Echt ist es und bis heute bittere Realität. Der Wiederaufbau stagniert und für die Silbermedaillen-Gewinnerin von Peking bedeutet das nicht nur einen großen Mehraufwand."Es geht auch um das Zwischendrin. In der Saison mal heimkommen, mit der Familie an der Bahn, die einen anfeuert. Das sind einfach auch Sachen, wo man Kraft herauszieht. Und auch wenn man gerade mal in einer schwierigen Situation ist, weißt du, du hast hier Leute, die dich unterstützen, dann geht es einfach viel leichter. Und das fehlt."

Alles einmal auf "Null"

Unterkriegen lässt sich Anna Berreiter davon aber nicht - auch weil sie 2020 gelernt hat, mit großen Herausforderungen umzugehen. In der Saisonvorbereitung in Lettland stürzte sie im Training schwer, kam mit einer schlimmen Gesichtverletzung ins Krankenhaus und fiel lange aus. Kurzzeitig stand sogar ihre Karriere auf der Kippe. "Die Bahn in Sigulda war mit Angst verbunden. Und nicht nur die Bahn, der ganze Ort, das ganze Land. Ich bin aus dem Flugzeug ausgestiegen und wusste, ich will hier nicht sein. Aber da musst du dich durchbeißen", so die Weltmeisterin.

Sie sucht sich Hilfe, arbeitet bis heute mit einem Mentaltrainer zusammen. Der Schreckens-Bahn in Sigulda stellte sie sich nur wenige Wochen später erneut. Und bezwang den Kanal - dieses Mal ohne Sturz. Bei der EM schließt sich dann der Kreis: Ausgerechnet in Sigulda gewinnt sie Gold im Einzel und Silber mit der Staffel. Es ist nicht nur einer ihrer größten Erfolge, sondern auch ein Beweis an sich und alle anderen: Aufgeben ist für Berreiter keine Option. Eine Eigenschaft, die auch ihr Trainer und Olympiasieger im Doppelsitzer Patric Leitner bewundert: "Sie ist eine Kämpferin, motiviert bis unter die Haarspitzen und ein absoluter Wettkampftyp. Immer wenn es darauf ankommt, bringt sie ihre Leistung, performt - und das zeichnet sie aus."

Vor allem der Unfall hat ihr gezeigt, wie man mit Rückschlägen umgeht. Druck verspürt sie seitdem überhaupt nicht mehr. Es sei sogar eine Art "Erlösung" gewesen. Diese Freiheit soll sie auch durch die neue Saison tragen. Wieder steht eine Heim-WM an, wieder will Berreiter den Titel. Die Grundlage dafür legt sie jetzt, damit der Start in den Winter auch reibungslos gelingt.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!