Bis 2025 bleibt das Rentenniveau, also das Verhältnis zwischen Rentenhöhe und Einkommen, bei knapp über 48 Prozent stabil. Die voraussichtliche Rentenerhöhung ab Juli 2024 fällt mit 3,5 Prozent in Ost und West niedriger aus als in diesem Jahr. Weil immer mehr Rentner auf immer weniger Beitragszahler kommen, könnte der Beitragssatz ab 2027 deutlich steigen.
Anja Piehl, Vorsitzende der Deutschen Rentenversicherung Bund ist deshalb dafür, die Basis der Beitragszahler durch Selbstständige und Beamte zu vergrößern. Dazu gehöre…
"… auch darüber nachzudenken, Personengruppen wie Menschen im politischen Mandat statt irgendwelcher Ruhegeld-Regelungen auch in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen zu lassen – da gibt es Potentiale." Anja Piehl, Vorsitzender der Deutschen Rentenversicherung Bund
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Renten sind an Löhne gekoppelt
Grund für die niedrigere Erhöhung: Die Renten orientieren sich an den Löhnen und die Inflationsprämie fällt 2024 weg. Das bemängelt Verena Bentele, die Präsidentin des größten deutschen Sozialverbands VdK. Sie warnt vor dem bereits bestehenden Trend, dass immer mehr Menschen in Rente Grundsicherung beziehen: "Rentnerinnen und Rentner benötigen dringend diese Erhöhung um 3,5 Prozent, aber angesichts der Kostensteigerungen, vor allem für Lebensmittel und Energie, fällt diese Erhöhung nicht weiter ins Gewicht. Gerade einmal die Kaufkraft wird abgedeckt. Wir bräuchten ein gesichertes Rentenniveau von mindestens 53 Prozent."
Sozialverband VdK fordert Rentenreform
Doch von einem solchen Rentenniveau ist die Realität weit entfernt: Das Rentenniveau, also das Verhältnis zwischen Rentenhöhe und dem durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommen, ist nämlich nur bis 2025 gesetzlich abgesichert. Ab dann wird es sinken, wenn die Politik nicht deutlich gegensteuert. Aktuell liegt es zwar noch bei 48,2 Prozent. Laut dem Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung könnte es 2030 aber bereits bei 46,9 Prozent liegen, 2037 gar bei 45 Prozent.
Steigende Beitragssätze, sinkendes Rentenniveau
Auf der anderen Seite könnten die Beitragssätze ab 2027 steigen, wenn die Politik nicht einschreitet. Derzeit ist der Beitragssatz noch bei 18,6 Prozent bis 2027 gedeckelt, doch bis 2037 könnte er bereits auf 21,1 Prozent klettern.
Der Sozialverband VdK appelliert deshalb an die Ampel, zügig ihre Rentenversprechen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen. Dazu zählen unter anderem ein garantiertes Rentenniveau und eine sogenannte Aktienrente, also das Investieren von Rentenversicherungsbeiträgen in Aktienfonds, um mit der Rendite Beitragszahler zu entlasten. Eine Rentenreform sei dringend nötig, heißt es vom Sozialverband VdK, damit die gesetzliche Rente eine tragende Säule der Alterssicherung bleibt.
Rentenversicherung lehnt Aktienrente ab
Von der Aktienrente, also das Investieren von Rentenversicherungsbeiträgen in Aktienfonds, um mit der Rendite Beitragszahler zu entlasten, hält die Vorsitzende der deutschen Rentenversicherung Bund, Anja Piehl nichts. Stattdessen sollte die Bundesregierung die Altersvorsorgepflicht für Selbstständige schneller voranbringen. Doch auf keines dieser Vorhaben hat sich die Ampel bisher einigen können. Vom Bundesarbeitsministerium heißt es dazu, die konkrete Ausgestaltung sei noch nicht abgeschlossen. Die Zeit drängt laut der Deutschen Rentenversicherung, um das Vertrauen in die gesetzliche Rente nicht zu verspielen.
Wirtschaftsweise fordern grundlegende Rentenreform
Wie auch immer - eine grundlegende Reform der Altersvorsorge scheint notwendig – aber wie soll sie aussehen? Darüber streitet sich gerade der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Ein Reformvorschlag, den die Wirtschaftsweisen vorgelegt haben, sorgt für hitzige Debatten und könnte unser Verständnis von der gesetzlichen Rente auf den Kopf stellen.
Die Mehrheit der Wirtschaftsweisen will ran an das Grundprinzip der gesetzlichen Rentenversicherung, an das Prinzip der Beitragsbezogenheit. Bisher gilt: Wer mehr eingezahlt hat, bekommt später auch mehr ausbezahlt. Der Vorschlag der Sachverständigen: Gutverdiener sollen einen Teil ihrer Rente abgeben, damit die Rente von Geringverdienern steigt.
Vorschlag: Wer weniger verdient, bekommt mehr Entgeltpunkte
In der Praxis sollen Menschen mit geringen sozialversicherungspflichtigen Einkommen überproportional Entgeltpunkte bekommen. Letztendlich würde das zu einer Umverteilung führen, die das Leistungsniveau und die eingezahlten Beiträge entkoppeln würde.
Erste skeptische und ablehnende Reaktionen
Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund reagiert skeptisch: Das sei eine schwierige Grundsatzentscheidung. Denn ein progressiver Rentenbeitragssatz nach Steuersatzvorbild wäre eine große Abkehr vom bisher akzeptierten Rentenversicherungssystem und könnte in der Bevölkerung auf Widerstand stoßen.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hat sich bereits gegen die Umverteilung ausgesprochen. Die Reform würde die gesetzliche Rentenversicherung für Menschen mit überdurchschnittlichem Einkommen unattraktiv machen. Sie hat ihr Veto eingelegt. Doch die Debatte über das Grundprinzip der Rente nimmt damit erst so richtig Fahrt auf.
Dieser Artikel ist erstmals am 08. November 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
Video: Ab 2024 steigt die Rente wieder
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