Bei der Corona-Impfung taucht immer wieder die Frage auf, ab wann der Impfschutz wirklich einsetzt, wie lange er anhält und wie er gegen Corona-Varianten ist. Sind Auffrischungsimpfungen notwendig und wenn ja, für wen?
Corona-Impfung: Ab wann schützt sie vor der Ansteckung?
Als vollständig geimpft gelten Menschen 14 Tage nach Verabreichung aller notwendigen Impfdosen, also am 15. Tag. Bei den Impfstoffen von Biontech/Pfizer, Moderna und Astrazeneca ist dies die zweite Dosis, beim Impfstoff von Johnson & Johnson schon die erste Dosis.
In den Studien für die Zulassung der Impfstoffe wurde jeweils zu einem bestimmten Zeitpunkt deren Wirksamkeit überprüft. Bei den mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna war für die Geimpften die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu erkranken, etwa 95 Prozent geringer als für diejenigen, die ein Placebo erhalten hatten. Bei Biontech wurden die Krankheitsfälle in den beiden Gruppen sieben Tage nach Gabe der zweiten Impfdosis gezählt und verglichen, bei Moderna waren es 14 Tage nach der zweiten Impfdosis.
Die Wirkung von Astrazeneca und Johnson & Johnson
Der Impfstoff von Astrazeneca wurde 15 Tage nach Gabe der zweiten Dosis überprüft. Bei Geimpften war hier die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu erkranken, 80 Prozent geringer und 95 Prozent geringer, deswegen ins Krankenhaus eingewiesen zu werden. Die Wirkung des Impfstoffs von Johnson & Johnson wurde 14 Tage nach Gabe der Impfdosis gemessen und ergab für Geimpfte eine um 65 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu erkranken.
Das bedeutet: Der Impfschutz setzt nicht schlagartig am 15. Tag nach der Impfung ein, wenn man als vollständig geimpft gilt. Die Zwei-Wochen-Frist kann man aber mit den Daten aus den Zulassungsstudien begründen und sich auf sie berufen, um einen Zeitpunkt festzumachen, ab wann der erstrebte Impfschutz erreicht ist.
Wirksam sind die Impfstoffe aber auch schon nach der ersten Impfdosis. Dies lässt sich etwa aus Dokumenten der US-Arzneimittelbehörde FDA lesen. Danach wirkte der Moderna-Impfstoff in den 14 Tagen nach der Dosis bereits zu 50,8 Prozent und der Biontech/Pfizer-Impfstoff zwischen erster und zweiter Dosis zu rund 52,4 Prozent.
Grafik: Anteil der Menschen mit erster Corona-Impfdosis
Wie lange schützt eine Corona-Impfung und braucht es eine Auffrischung?
Eine Impfung schützt mit hoher Wahrscheinlichkeit davor, an Covid-19 zu erkranken. Auch wer bereits daran erkrankt war und wieder genesen ist, hat einen gewissen Schutz. In beiden Fällen hat das Immunsystem Bekanntschaft mit dem Coronavirus gemacht und Abwehrkräfte dagegen aufgebaut. Bei Genesenen ist der Schutz allerdings nicht so hoch wie bei Geimpften. Daher sollen sich Genesene einmal impfen lassen, um die Immunantwort und den Schutz vor einer erneuten Infektion zu verstärken.
Eine wichtige Rolle im Kampf gegen das Coronavirus spielen Antikörper. Davon gibt es verschiedene und unterschiedlich wirksame Antikörper, etwa solche, die sich speziell an das charakteristische Spike-Protein binden. Sie wirken auch an unterschiedlichen Orten, zum Beispiel in den Blutgefäßen oder auf den Schleimhäuten. Am höchsten sind die Antikörper-Werte kurz nach einer Impfung oder Erkrankung und sinken dann mit der Zeit wieder ab. In welchem Tempo das geschieht, ist derzeit noch unklar.
Eine im April 2021 veröffentlichte Studie mit Daten aus dem Rheinland zeigte, dass die Zahl der Antikörper nach einer Erkrankung relativ schnell zu sinken scheint. Eine Studie vom Mai 2021 mit Probanden aus der ehemaligen Hot-Spot-Region Ischgl ergab hingegen, dass die Antikörper länger als angenommen stabil sind.
Darüber hinaus lässt sich aber auch aus den Antikörper-Werten letztlich nicht definitiv schließen, ob und wie gut jemand gegen eine Infektion geschützt ist. Neben den Antikörpern wehren auch weiße Blutkörperchen, die T-Zellen und B-Zellen, Krankheitserreger wie das Coronavirus ab. Sie können auch dann reagieren, wenn keine Antikörper mehr nachweisbar sind.
Auffrischungsimpfung voraussichtlich notwendig
Der Impfschutz ist nicht bei allen Geimpften gleich hoch. Bei einigen Menschen, deren Immunsystem mit Medikamenten unterdrückt wird (immunsupprimierende Therapie), schlägt die Impfung weniger gut an. Das gilt nicht nur für Covid-19-Impfstoffe, sondern auch für andere Vakzine. Immunsuppression wird beispielsweise bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen und Organtransplantationen eingesetzt sowie in der Krebstherapie. Zudem sinkt mit dem Alter die Fähigkeit des Körpers, eine schlagkräftige Immunantwort aufzubauen. Wenn diese fehlt, kann es trotz Impfung zu Infektionen, also sogenannten Impfdurchbrüchen kommen. Auffrischungsimpfungen könnten deren Zahl klein halten.
Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, sagte Mitte Mai: "Grundsätzlich müssen wir uns darauf einstellen, dass möglicherweise im nächsten Jahr alle ihren Impfschutz auffrischen müssen." Mertens wies darauf hin, dass die Hersteller nach eigener Aussage bereits an modifizierten Impfstoffen arbeiten, die gegen relevante derzeit bekannte Mutanten wirksam sein sollen.
Nach Angaben des Stiko-Chefs ist es zudem denkbar, dass der Impfschutz bei einzelnen Gruppen bereits wieder nachlässt oder generell zu schwach ist. Das könne einzelne Altersgruppen betreffen oder auch Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen. Bei Patienten, deren Immunabwehr medikamentös gesteuert werde, könnte es sein, dass bereits kurzfristig eine dritte Dosis nötig sei, so Mertens.
Wie gut und wie lange der Impfschutz wirkt, lässt sich also heute nicht mit Sicherheit bestimmen, sondern nur durch Beobachtung neuer Infektionen. Vermutlich werden früher oder später Auffrischungsimpfungen notwendig sein, um den Impfschutz aufrecht zu erhalten. Wie oft das notwendig sein wird und ob dies nur bestimmte Risikogruppen betrifft, lässt sich heute aber noch nicht sagen.
Schützt die Corona-Impfung auch vor Corona-Varianten?
Sorge bereiten bei der Wirksamkeit der Impfstoffe einige Varianten des Coronavirus, zum Beispiel die Varianten Beta beziehungsweise B.1.351 (erstmals festgestellt in Südafrika), und Gamma (P. 1, Brasilien). Auch bei der Variante Delta (B.1.617.2, Indien) ist der Schutz gegen eine Infektion reduziert. Diese sogenannten "Variants of Concern" können der Antwort des Immunsystems teilweise entkommen, das bei der Impfung oder Erkrankung mit dem Wildtyp des Virus konfrontiert war. Das bedeutet aber nicht, dass die Impfstoffe nun völlig wirkungslos wären. Sie wirken weniger gut gegen eine Infektion, aber immer noch sehr gut gegen eine schwere Erkrankung. Zudem lassen sich die neu entwickelten Impfstoffe auf mRNA-Basis in kurzer Zeit an neue Varianten anpassen.
Davon wird es voraussichtlich auch nicht so viele geben wie beim Grippevirus, bei dem jedes Jahr gegen neue Varianten geimpft werden muss. Beim Coronavirus Sars-CoV-2 beschränken sich die Mutationen, die es für den Menschen gefährlicher machen, bisher auf wenige bestimmte Stellen in seinem Erbgut, obwohl es im Laufe der Pandemie viel Gelegenheit zum Mutieren hatte. Diese Mutationen betreffen meist das Spike-Protein des Virus und dort besonders die Stelle, an der es an den Rezeptor auf der menschlichen Zelle andockt.
"Obwohl diese Varianten auf unterschiedlichen Kontinenten entstanden sind, sind es immer wieder ähnliche Muster, die da entstehen. Die zeigen, dass diese Variants of Concern Gemeinsamkeiten haben und dass diese Kombination wirklich einen Vorteil für das Virus bildet", erklärte die Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt, Sandra Ciesek, im Coronavirus-Update von NDR Info am 17. Mai 2021. "Das muss man einmal verstehen, dann kann man besser verstehen, was an diesen Varianten so problematisch ist, was aber wiederum auch bedeutet, dass es nur eine begrenzte Anzahl von Varianten gibt. Ich erwarte jetzt nicht, dass jetzt noch hundert oder tausend verschiedene Variants of Concern entstehen werden, weil nur wenige Schlüsselmutationen wirklich die Virus-Eigenschaft verändern können", so Ciesek.
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