Mit etwas Phantasie ist auf dem Bild, das die US-Weltraumagentur NASA passend zur Weihnachtszeit veröffentlicht hat, eine Zuckerstange in Form eines Spazierstocks zu erkennen. In Wirklichkeit zeigt es jedoch lange, dünne Stränge von ionisiertem Gas, die Radiowellen aussenden. Diese sogenannten Filamente erstrecken sich im Zentrum der Milchstraße über eine Strecke von 190 Lichtjahren. Dort ballen sich riesige Molekülwolken in der Milchstraße am dichtesten. Sie enthalten genug Gas und Staub, um zig Millionen Sterne wie die Sonne entstehen zu lassen.
Entdecker des "Radiobogens"
Die Farben auf dem Bild korrespondieren mit der Wellenlänge der ausgesandten Strahlung. Grundlage waren unter anderem Daten des Beobachtungsinstruments GISMO (Goddard-IRAM Superconducting 2-Millimeter Observer), das in Kombination mit einem Radioteleskop auf dem Pico Veleta in Südspanien ins All spähte. GISMOs betrachtet den Weltraum bei einer Wellenlänge von 2 Millimetern und damit in der Übergangszone von Infrarotlicht zu längeren Radiowellen. Das Instrument hat bereits das bekannteste Filament im Zentrum der Milchstraße entdeckt, den "radio arc" (Radiobogen), der auf dem Bild den geraden Teil der Zuckerstange bildet. Für das Bild mit der Zuckerstange nutze die NASA zusätzlich Daten des Weltraumteleskops Herschel, des James Clerk Maxwell-Teleskops am Gipfel des Maunakea auf Hawaii sowie des Radioteleskops Very Large Array im US-Bundesstaat New Mexico.
Blase nach Energieausbruch
Wissenschaftler vermuten, dass die Filamente die Grenzen einer Blase anzeigen, die bei einem Energieausbruch im Zentrum der Milchstraße entstanden ist. Dieser ereignete sich in der Region Sagittarius A, die rund 27.000 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Sie ist die hellste Gegend in der Mitte unserer Galaxie und beherbergt ein supermassives Schwarzes Loch. Eine andere Struktur, die vermutlich mit der Entstehung neuer Sterne in Verbindung steht, trägt den Namen The Sickle (Sichel). Zwei Studien, die Anfang November 2019 in The Astrophysical Journal erschienen sind, beschäftigen sich eingehend damit, was auf dem Bild zu sehen ist, speziell mit dem Ausstoß von Staub und dem Filament im "radio arc".