Das letzte Vietnam-Kantschil wurde im Jahr 1990 von einem Jäger erschossen. Seitdem wurde kein Exemplar mehr in freier Wildbahn gesichtet. Es galt seit fast 30 Jahre als verschollen. Doch dann die Überraschung: Der Vietnam-Kantschil ist im Osten Vietnams in eine Kamerafalle getappt. Es handelt sich um ein winziges Huftier aus der Familie der Hirschferkel, das auch Hirschmaus genannt wird und damit eher sein Aussehen beschreibt. Das berichtet ein Team um Andrew Tilker von der Organisation Global Wildlife Conservation in den USA im Fachjournal "Nature Ecology and Evolution" im November 2019.
Vietnam-Kantschil in über 30 Fotofallen abgelichtet
Die Forscher hatten zuvor innerhalb von sechs Monaten 30 Fotofallen aufgestellt, um das Tier, das ungefähr die Größe eines Hasen hat, abzulichten. Damit gingen sie einem Tipp der Bewohner der Küstenstadt Nha Trang nach, die das Tier mit dem silbergrauen Rückenfell gesehen hatten. Und das Expertenteam hatte Erfolg: Mehr als 200 Mal ist ihnen das Vietnam-Kantschil (Tragulus versicolor) in die Fotofalle gelaufen. Wie viele Exemplare in der Region leben, ist allerdings noch nicht klar.
Für die Wissenschaft eine wiederentdeckte Tierart
Für die Bevölkerung vor Ort scheint das Wiederauftauchen des Vietnam-Kantschil keine große Sache. Für sie war das Tier, das nur in Vietnam vorkommt, nie verschwunden. Für die Wissenschaft jedoch gilt das Tier als wiederentdeckt, so das Team um Tilker, der gerade Doktorand am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin ist. Die Forscher wollen nun feststellen, wie groß - und stabil - diese Population ist und welche Gefahren für ihr Überleben bestehen. Das Vietnam-Kantschil ist das erste Säugetier auf der Liste der 25 meistgesuchten verlorenen Arten, die wiederentdeckt werden sollen.
Schutz des Vietnam-Kantschil
Aufgrund der hohen Nachfrage nach Wildtierprodukten und der in Südostasien weit verbreiteten kommerziellen Jagd haben Tilker und sein Team gemeinsam mit lokalen Naturschutzakteuren beschlossen, keine detaillierten Informationen über die neu bestätigte Population zu veröffentlichen.