Millionen Liter Gülle sind am Rosenmontag aus dem Silo einer Biogasanlage in Rockenbach im Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim ausgeflossen. Nur, weil der Boden ausreichend mit Wasser gesättigt war und so offenbar nicht ins Grundwasser durchsickerten, konnten größere Schäden verhindert werden. Gegen den Betreiber der Anlage wird jetzt wegen fahrlässiger Boden- und Gewässerverunreinigung ermittelt. Es geht darum, ob der 53-Jährige einen Fehler beim Betrieb der Anlage oder bei der Wartung gemacht hat.
Zu solchen Unfällen mit Biogasanlagen kommt es immer wieder. Da stellt sich die Frage, ob hier möglicherweise zu laxe Sicherheitsvorschriften gelten - oder aber, ob möglicherweise zu wenig kontrolliert wird.
Kein Personal für präventive Kontrollen
Laut Christa Marx, Juristin am Dillinger Landratsamt, wird immer dann kontrolliert, wenn es einen Anlass dafür gibt, also dann, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Meistens seien dann die Experten aus der Abteilung Wasserrecht gefordert, dann etwa, wenn etwas undicht sei, Substrat auslaufe. Dann, so Marx weiter, werde vom Landratsamt "die fachkundige Stelle in Marsch gesetzt".
Dann also, wenn bereits etwas passiert ist. Regelmäßige, präventive Kontrollen würde sie sich wünschen, dafür aber fehle das nötige Personal.
"Es wäre sicherlich aus Sicht der Verwaltung nötig öfter zu kontrollieren, aber wir haben einfach nicht das nötige Personal dafür." Christa Marx, Juristin und Abteilungsleiterin Bau und Umwelt am Dillinger Landratsamt
Mit Vorschriften und Richtlinien überhäuft
Ähnlich sieht das Manuel Maciejczyk, Geschäftsführer des Fachverbands Biogas mit Sitz in Freising. Auch er würde sich häufigere Kontrollen durch die Behörden wünschen. Einzelne schwarze Schafe könnten dann möglicherweise gefunden werden, bevor Vorfälle wie der vom Ostermontag wieder für schlechte Schlagzeilen in Sachen Biogas sorgten.
Die derzeitige Entwicklung sieht er kritisch: Während bei den zuständigen Behörden, wie den Landratsämtern, Gewerbeaufsichtsämtern oder der Berufsgenossenschaft der Landwirtschaft Personal abgebaut werde, würden die Betreiber der Anlagen mit immer mehr Vorschriften und Richtlinien überhäuft. Diese kämen von den unterschiedlichsten Stellen, dem Land, der EU oder dem Bund. Ein Regelwerk, in dem alles gesammelt verständlich nachzulesen sei, aber gebe es nicht.
"Es gibt mit Sicherheit über 400 Gesetze, Verordnungen und Regelwerke für Biogasanlagenbetreiber - aber keiner fasst das alles mal verständlich zusammen. Die Vorschriften werden immer mehr - und auf der anderen Seite wird bei den Behörden, die überprüfen sollen, ob die Vorschriften auch eingehalten werden, Personal abgebaut." Manuel Maciejcyk, Geschäftsführer vom Fachverband Biogas
Der Anlagenbetreiber hat die Verantwortung
Weil es beiden Behörden immer weniger Personal für die Kontrollen gebe, werde diese Aufgabe an die Anlagenbetreiber weitergegeben: Hinsichtlich des Arbeitsschutzes muss der Betreiber seine Anlage in festgelegten Abständen durch eine "zur Prüfung befähigte Person", die er selbst beauftragen muss, kontrollieren lassen. Dabei geht es insbesondere um den Explosionsschutz, der Druck wird überprüft. Wird bei stichprobenartigen Kontrollen durch die Behörden festgestellt, dass der Betreiber diesen Überprüfung nicht angeordnet hat, wird das als Ordnungswidrigkeit bestraft.
Seit einigen Monaten gibt es auch eine bundesweite Verordnung in Sachen Gewässerschutz, hier sei das Regelwerk verschärft worden: Alle fünf Jahre, so Maciejczyk, müssen die bestehenden Anlagen begutachtet werden. Es werde geschaut, inwieweit neue Vorgaben bereits erfüllt sein und inwieweit nachgerüstet werden müsse.
"Die überwiegende Mehrheit der Biogasanlagenbetreiber bei uns ist sehr bemüht. Die meisten lieben ihren Beruf und sind fit in ihrem Bereich. Schließlich sind sie in der Regel Kleinunternehmer, so ist ihre Motivation, sich um ihren Betrieb zu kümmern, sehr hoch." Rainer Weng, Regionalgruppensprecher Fachverband Biogas und Biogasanlagenbetreiber im Ries
Die allermeisten informieren sich umfassend
Biogasanlagenbetreiber und Landwirt Rainer Weng aus Alerheim im Landkreis Donau-Ries betont, dass die Betreiber regelmäßig an Schulungen teilnehmen müssten. Als Regionalleiter vom Fachverband Biogas könne er sagen, dass ein Großteil der Biogasbetreiber in der Region sehr interessiert daran sei, dass alles laufe: Schließlich seien sie meist keine Angestellten, sondern betrieben die Anlagen als Kleinunternehmer selbst. Leider gebe es, wie in jeder anderen Branche, auch ein paar schwierige Leute, die nicht zu Veranstaltungen kämen, aber die allermeisten würden sich umfassend informieren.
Im Landkreis Dillingen gibt es um die 40 Anlagen, Störfälle gab es laut Landratsamt bisher keine größeren. Im Landkreis Donau-Ries laufen derzeit 98 Biogasanlagen. Einen größeren Zwischenfall gab es 2009, da ist eine Anlage bei Hamlar in der Nähe von Donauwörth explodiert, es trat Methangas aus, die Schäden gingen in die Millionen. Laut Polizei gab es aber zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Bevölkerung. Im Jahr 2017 habe es gar keine Probleme gegeben, 2016 war bei einer Anlage bei Oettingen Gas freigesetzt worden, ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wurde eingeleitet. Seit 2015 ist es in fünf Fällen zu Gewässerverunreinigungen gekommen. Die Ursachen dafür sind unterschiedlich.