Es gibt in Bayern einen Tisch, da nehmen regelmäßig die sieben Vertreter der größten sozialen Verbände Platz. In der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege sind organisiert: die Caritas, die Diakonie, der Paritätische Wohlfahrtsverband, das Rote Kreuz, die Arbeiterwohlfahrt, der Verband der Israelitischen Kultusgemeinden und die Lebenshilfe. Was sie sich gemeinsam vornehmen, hat gute Chancen, umgesetzt zu werden.
Zwar kommt es auch mal vor, dass die konfessionellen Verbände, Caritas und Diakonie, andere Positionen haben wie die nicht-konfessionellen Mitglieder, etwa beim Thema Schwangerschaftsabbruch. Aber meistens könnten sie sich zu gemeinsamen Standpunkten gegenüber der Politik durchringen, so der Chef der bayerischen Arbeiterwohlfahrt/AWO, Thomas Beyer:
"Wenn ich zum Beispiel an den Ausbau der Asyl-Sozialberatung denke, das waren viele, viele Runden auch in sehr kleinen Zirkeln, teilweise mit verantwortlichen Mitgliedern der Regierung, aber da haben wir uns, denke ich, weitestgehend durchgesetzt. Wenn auch bei weitem nicht alles vollständig gelöst ist."
Regelmäßige Treffen mit Politikern
Alle halbe Jahre trifft sich der Verband mit Sozialministerin Emilia Müller und kommt hin und wieder auch in der Staatskanzlei mit Ministerpräsident Horst Seehofer zusammen. Daneben gibt es die Anhörungen im Landtag, wenn Abgeordnete die Verbandsvertreter als Experten in Ausschusssitzungen einladen. Eine Praxis, die von manchen kritisch gesehen wird, jedoch legitim ist, sagt Politikwissenschaftlerin Ursula Münch:
"Ein Experte, der für einen Verband spricht, der muss nicht objektiv sein. Der darf für seinen Verband sprechen, das ist völlig legitim. Die Kunst besteht darin, wenn ich einen Landtagsausschuss anberaume, dann muss ich darauf achten, dass ich unterschiedliche Experten höre. Ein Wissenschaftler sollte objektiv sein, aber ein Verbandsvertreter, auch eines Wohlfahrtsverbandes, der darf für sein eigenes Haus sprechen."
Gesprächskanäle bis "ganz nach oben"
Die Spitzengespräche ihres Verbandes auf Bundes- und Landesebene haben laut VdK-Bundes- und -Bayern-Vorsitzender Ulrike Mascher geholfen, etwa bei der Entscheidung zum Pflegestärkungsgesetz. Dass künftig auch Demenzkranke von der Pflegeversicherung unterstützt werden, war für sie ein großer Erfolg. Dabei kommt dem VdK laut Ulrike Mascher ein Gesprächskanal nach ganz oben besonders zugute:
"Auf bayerischer Ebene haben wir einen großen Vorzug: Der derzeitige bayerische Ministerpräsident war 2004 bis 2005 Landesvorsitzender der VdK Bayern. Also dessen Ohr erreichen wir relativ gut." Ulrike Mascher, Vorsitzende in Bayern und gleichzeitig VdK-Bundesvorsitzende