Sie sitzen in rund 3.000 Stellwerken und kontrollieren Signale und Weichen per Hebel, Tasten oder Mausklick – die Fahrdienstleiter. Bei der Deutschen Bahn arbeiten mehr als 13.000 Menschen in dem Beruf. Sie steuern täglich mehr als 40.000 Züge auf dem 34.000 Kilometer umfassenden Schienennetz durch Deutschland.
"Es ist am Anfang auch für einen Profi verwirrend, muss man dazusagen. Man muss sich da reinarbeiten, aber wenn man dann die Abläufe erkennt und dann auch den Stelltisch kennt, dann kriegt man das hin." Holger Bentele, Fahrdienstleiter
Ein harter Job
Fahrdienstleiter tragen viel Verantwortung. Sie müssen zuverlässig und belastbar sein, gut koordinieren können und in hektischen Situationen besonnen bleiben. Stellwerke sind rund um die Uhr besetzt – daher arbeiten Fahrdienstleiter im Dreischichtbetrieb.
Derzeit sucht die Bahn wieder Nachwuchs. Der Beruf ist laut Medienberichten nicht besonders beliebt. Gründe könnten der Schichtbetrieb sein, aber auch, dass man in kleineren Stellwerken alleine arbeitet und der Arbeitsalltag wenig abwechslungsreich sein kann, so ein Fahrdienstleiter, der anonym bleiben will. In größeren Stellwerken sei hingegen ständig etwas los, da komme man kaum zur Ruhe.
Ausbildung auch für Quereinsteiger
Die Ausbildung zum Fahrdienstleiter dauert in der Regel drei Jahre, kann aber je nach Qualifikation auf zwei Jahre verkürzt werden. Für Quereinsteiger gibt es eine 90-Tage-Ausbildung. Wer fertig ausgebildet ist verdient zwischen 31.500 und 47.000 Euro im Jahr inklusive Zulagen und Weihnachtsgeld. Wer die 90-Tage-Ausbildung macht, lernt nur die Technik eines Stellwerks zu bedienen. Die älteste Bauart der rund 2.800 Stellwerke ist das klassische mechanische Hebelstellwerk - wie gut jedes vierte Stellwerk in Deutschland und jenes in Aichach. Sie stammen teilweise noch aus dem 19. Jahrhundert.
Mechanische Stellwerke funktionieren so: Bewegt der Fahrdienstleister einen der Hebel, ziehen Drahtseile die Weiche in die richtige Position. Die Weichen sind höchstens 800 Meter entfernt, der Dienstleiter muss sie sehen können - denn er muss zusätzlich per Augenschein prüfen, ob ein Gleis frei ist, auf dem ein Zug einfahren soll. Ist ein Gleis längere Zeit belegt, muss der entsprechende Hebel mit einem Bolzen gesperrt werden.
Wie es im Aichacher Stellwerk zu "menschlichem Versagen“ kommen konnte, sodass zwei Züge auf demselben Gleis unterwegs waren und zusammenstießen, weiß letztlich nur der 24-jährige Fahrdienstleiter, gegen den derzeit wegen fahrlässiger Tötung ermittelt wird. Ob Langerweile oder Fremdbeschäftigung – wie im Fall von Bad Aibling - eine Rolle gespielt haben, ist derzeit unklar. Gleichzeitig werden die Forderungen nach mehr Sicherheit laut. Die Deutsche Bahn ist von seinen Sicherheits-Standards überzeugt.
"Mit allen Stellwerkstechniken kann ein sicherer Eisenbahntrieb gewährleistet werden. Dafür sorgen regelmäßige Wartungs- und Inspektionsfristen sowie die Aufsichtsbehörde Eisenbahn-Bundesamt. Perspektivisch setzt die Bahn auf die Digitalisierung der Leit- und Sicherungstechnik, um einen einheitlichen modernen Standard im ganzen Netz zu etablieren." Sprecherin der Deutschen Bahn
Der Fahrgastverband Pro Bahn hat darauf hingewiesen, dass die Stellwerkstechnik zwar sicher sei, aber auch alt. Verbesserungswürdig sei vor allem, dass man die eingleisige Strecke zweigleisig ausbauen sollte, und damit auch eine neuere und bessere Sicherungstechnik einbauen könnte. Auch Verkehrsministerin Ilse Aigner fordert maximale Sicherheit von der Bahn.
„Allein durch die Nahverkehrsbestellungen des Freistaats fließen mehrere Hundert Millionen Euro Trassenentgelte jährlich an die DB Netz, gerade auch über die regionalen Strecken. Dafür erwarten wir höchstmögliche Sicherheit im gesamten Netz“. Verkehrsministerin Ilse Aigner im Interview mit der dpa
Die behördlichen Ermittlungen im Zugunfall von Aichach laufen indes weiter. Es stünden noch Vernehmungen von Zeugen und Fahrgästen an, so ein Polizeisprecher am Mittwoch.