Es ist Sonntag, kurz nach 11 Uhr. Ich logge mich zur Online-Lachstunde ein und bin schon ein wenig spät dran. Vom Bildschirm schauen mir etwa 30 Gesichter entgegen, alle haben ihre Kameras und Mikros an - das bin ich von Zoom-Meetings sonst nicht gewöhnt. Lachtrainerin Cornelia Leisch erklärt gerade, welche Arten von Übungen drankommen und werden und dann geht es auch schon los.
Mit "Ho" und "Ha" zum Lachen, das in uns steckt
In einem vorgegeben Rhythmus sagen wir die Silben "Ho" und "Ha" und kombinieren sie mit Handbewegungen. Dann konzentrieren wir uns auf unseren Atem. In Gruppenräumen zu zweit machen wir uns gegenseitig Komplimente. Für mich ist das ganze ungewohnt. Dann sollen wir 30 Sekunden einfach nichts machen und und anschließend das "Lachen, das in uns steckt herauskommen lassen."
Nicht bei jedem klappt es gleich gut
Ich bin überrascht, dass ich tatsächlich lachen muss - aber nur für etwa eine Minute. Andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer lachen fast drei Minuten lang herzlich - ob ich etwas falsch mache? "Nein," meint die Lachtrainerin: Im Lachtraining müsse niemand lachen. Nach etwa 50 Minuten tauschen wir uns in Kleingruppen über die Stunde aus: Die Teilnehmerinnen, die bei mir in der Gruppe sind, fanden es super: Eine war zum ersten Mal mit dabei, so wie ich, die andere geht regelmäßig ins Lachtraining. Wir verabschieden uns und ich fühle mich irgendwie gut.
Durch das Lachen kommen unterdrückte Gefühle zum Vorschein
Für Cornelia Leisch ist Lachtraining mehr, als einfach nur lustig sein: „Das ist ein netter Nebeneffekt, aber es geht eher um das, was hinter dem Lachen steckt: Da sind viele unterdrückte Gefühle." Viele Menschen würden negative Gefühle unterdrücken, und dadurch auch positive Gefühle dämpfen – zumindest war das bei ihr selbst so: Für sie war das Lachtraining der Weg aus ihrer Depression und Unsicherheit hin zu einem erfüllten Leben.
Aus der Karibik zum Lach-Treff im Münchner Westpark
2005 ging es Cornelia Leisch nicht gut: Nach 13 Jahren in der Karibik, hatte sie ihren Mann dort verlassen und ist mit ihren beiden Kindern nach zurück Deutschland gezogen. Als alleinerziehende Mutter zweier kleiner Kinder, die kein Wort Deutsch sprachen, hier aber in die Schule mussten, wurde ihr alles zu viel. Dann erfährt sie von einem neugegründeten Münchner Lach-Treff im Westpark und geht ohne große Erwartungen zum ersten Treffen: „Es war einfach komisch, aber dann wurde es besser und am Ende der Stunde habe ich mich einfach so wohl gefühlt, wie schon ewig nicht mehr“, erinnert sich die 51-Jährige.
Vom Hobby zum Beruf: Lachtrainerin
Der Lach-Treff wurde fester Bestandteil ihres Lebens: Jeden Sonntag im Westpark, egal wie das Wetter ist. Nach einem Jahr hörte die bisherige Leiterin auf. Cornelia Leisch übernahm für sie, wenn auch erst nur widerwillig. Sie lässt sich zur Lachtrainerin ausbilden. Mittlerweile ist sie die erste Vorsitzende des Europäischen Berufsverband für Lachyoga und Humortraining e.V. und hat sich selbstständig gemacht. Sie gibt Lachtraining für Gruppen, Firmen und Einzelpersonen und bildet aus.
Ablehnung und Unverständnis für den Beruf Lachtrainer
"Wenn ich sage, dass ich Lachtrainerin bin, sind die Leute direkt an der Grenze ihrer Komfortzone. Viele sagen, dass sie gerne mehr Lachen würden. Wenn ich sie dann aber ins Lachtraining einlade, haben sie keine Zeit oder andere Ausreden. Die Hemmschwelle ist sehr hoch und für viele ist das mit Scham verbunden", erzählt Cornelia Leisch. Wegen Corona ist sie aktuell in ihrer Arbeit eingeschränkt, ihre Trainings können nur online stattfinden.
Lachtraining klappt auch online
Immer donnerstags und sonntags bietet sie ein Gruppentraining über Zoom an, an dem alle teilnehmen können. Die ersten beiden Male sind kostenfrei, danach kann man sich Karten kaufen. Vor der Corona-Pandemie war das Lachtraining immer im Westpark. Viele ihrer alten Stamm-Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben den Wechsel zu Zoom nicht mitgemacht: "Die sind nicht so internetaffin oder wollen nach einem Tag im Homeoffice nicht mehr vor den Bildschirm", meint Cornelia Leisch. Dafür würden jetzt neue Leute mitmachen, vor allem auch mehr jüngere. Für sie klappt Onlinetraining überraschend gut: "Man sieht alle Teilnehmer und hat das Gefühl, als säße man mit ihnen im Wohnzimmer, und alle lächeln einen an."
LOL-Training: Lebensfreude, Optimismus, Leichtigkeit
In ihrem Lachtraining, dass sie auch LOL-Training nennt (Lebensfreude, Optimismus, Leichtigkeit), gibt es vier verschiedene Kategorien von Übungen: Atemübungen zum Entspannen, Koordinationsübungen um die grauen Zellen in Schwung zu bringen, positive Verstärkungen und Lach-Übungen. Diese sollen zeigen, dass man seine Stimmung selbst beeinflussen könne und nicht erst auf einen Grund zum Lachen von außen warten müsse. Aber ihr ist auch wichtig: Niemand muss im Lachtraining lachen, ein Lächeln reicht auch schon.
Tipp: Im Alltag öfter Lächeln
Das könne sollte man ihrer Meinung nach auch viel mehr in den Alltag integrieren: "Immer wenn man in den Spiegel schaut: Lächeln. In meinen Trainingsgruppen mache ich auch die Übung, einfach immer beim Händewaschen vor sich hinzukichern. Händewaschen tun wir ja grad eh oft und damit nimmt man sich ein bisschen die Schwere von Corona."
Für alle, die selbst einmal ein Lachtraining ausprobieren wollen, gibt Cornelia Leisch zum Weltlachtag am Sonntag, 02. Mai, um 11 Uhr eine kostenlose Online-Stunde über Zoom.
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