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Flächenfraß im Münchner Norden

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München will Grünflächen im Norden der Stadt bebauen

München will Grünflächen im Norden der Stadt bebauen

München platzt aus allen Nähten. Die Immobilienpreise klettern in den Himmel. Für viele "Normalverdiener" wie Krankenschwestern oder Polizisten sind die Mieten kaum mehr zu bezahlen. Die Stadt will nun Flächen im Norden bebauen. Von Angela Braun

Die Stadt München will günstigeren Wohnraum schaffen und sucht nach Flächen. In Freiham im Münchner Westen entsteht gerade ein neues Stadtviertel für rund 20.000 Menschen. Im Münchner Norden sucht die Stadt nach Bauland. Im Bereich Feldmoching haben die Planer bereits ein Gebiet von rund 900 Hektar ins Visier genommen, bei Daglfing sind es etwa 600 Hektar.

Landwirte bangen um ihre Flächen

Landwirte im Münchner Norden liefern viel Gemüse in die Stadt: regionale Produkte, kurze Strecken - ökologisch eigentlich optimal. Nun will München die Flächen bebauen. "SEM" heißt das Vorhaben – städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen. Für Hans Oberfranz aus Daglfing ein Albtraum. Seit mehreren hundert Jahren ist der Hof im Nordosten von München in Familienbesitz. Rund 90 Hektar bewirtschaftet Hans Oberfranz. Er baut Getreide und Mais an und liefert Braugerste an die Münchner Brauereien. 

"München lebt von seinem Umland. Wenn wir 70 bis 80 Prozent der Fläche verlieren, dann werden keine Landwirte mehr bleiben." Hans Oberfranz

Die Stadt braucht aber Flächen, um Wohnraum zu schaffen. Oberbürgermeister Dieter Reiter hatte im Frühjahr offiziell den Einstieg in die Planungen angekündigt. Durch "SEM" wurden die Bodenpreise erstmal eingefroren.

"Das ist ein Ziel, den gesetzlichen Auslöser zu schaffen, damit die Preise nicht jetzt schon explodieren. Wenn wir nur die Idee laut sagen, dann explodieren die Preise von Ackerland." Dieter Reiter

Fehlende Kommunikation

Erste Planungen in Daglfing gibt es seit 2008. Drei Jahre später lockte die Fläche des Trabrennvereins. Aufmerksam ist Hans Oberfranz aber erst 2015 geworden - durch eine öffentliche Infoveranstaltung der Stadt. Der Landwirt ärgert sich über die fehlende Kommunikation.

"Mit uns hat sich bis zum heutigen Tag keiner auseinandergesetzt , bis auf eine Infoveranstaltung. Wir haben nicht einmal einen Brief vom Planungsreferat bekommen, sondern alles aus der Zeitung erfahren." Hans Oberfranz

"Heimatboden" heißt die Initiative von Landwirten und Bürgerinnen, die sich für den Erhalt der Anbauflächen im Münchner Norden einsetzen. Seit knapp einem halben Jahr kämpfen die Mietglieder um ihre Existenzgrundlagen. Sie haben das Vertrauen in die Stadt verloren. Der Bund Naturschutz lehnt dieses Bauvorhaben ebenfalls ab. Sprecher Christian Hirneis fordert strukturelle Maßnahmen. Die Politik müsse den gesteuerten Zuzug in München umlenken, um Arbeitsplätze auf dem Land zu schaffen, sagt Bund Naturschutz Sprecher Christian Hirneis.  

"Unsere Haltung ist ganz klar: keine Grünflächen bebauen, solange es keine Strategie gibt, wie dem Wachstumsdruck entgegengewirkt werden kann." Christian Hirneis

Keine Enteignung von großen Flächen

Hirneis schlägt die Überbauung bereits versiegelter Flächen vor - zum Beispiel die großen Parkplätze im Euroindustriepark. Und man sollte in die Höhe bauen.

Mit der Initiative "Heimatboden" wollen die Landwirte im Münchner Norden und Nordosten den Flächenfraß aufhalten. Sie fürchten vor allem eine Enteignung, falls es nicht zu einer Einigung kommen sollte. Dieter Reiter winkt ab. 

"Wir werden nicht größere Flächen enteignen. Niemand muss Angst haben, der bis jetzt Kartoffeln anbaut, enteignet zu werden. Die Gespräche laufen konstruktiv ab." Dieter Reiter