Tempo-30-Schilder stehen auf der Gärtnergasse. In Mainz gibt es bereits seit Mitte 2020 eine großflächige Tempo-30-Zone.
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Innerorts gilt Regelgeschwindigkeit Tempo 50. Will die Kommune Tempo 30, braucht sie auf Hauptverkehrsachsen eine Sondergenehmigung (Symbolbild)

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Pendlerort Hösbach: Was bringt Tempo 30 auf der Ortsdurchfahrt?

Pendlerort Hösbach: Was bringt Tempo 30 auf der Ortsdurchfahrt?

Obwohl durch Hösbach bei Aschaffenburg viele Pendler fahren, hat die Gemeinde Tempo 30 auf der gesamten Ortsdurchfahrt durchgesetzt. Biegt man allerdings einmal ab, gilt Tempo 50. Es bleibt ein Flickenteppich – wie vielerorts in Bayern.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Wer durch den Markt Hösbach auf der Hauptstraße Richtung Aschaffenburg fuhr, konnte es lange Zeit kaum übersehen: ein großes grünes Plakat mit der Aufschrift "Tempo 30 für den Klimaschutz". Durch Hösbach fahren ziemlich viele Menschen: Gibt es Probleme auf der benachbarten A3, sind es in der Spitze bis zu 20.000 Fahrzeuge am Tag.

Und alle fahren sie an seinem Haus vorbei: Hans-Peter Schmitt, der das grüne Plakat bereits vor langer Zeit aufgehängt hatte. Mit seiner "Verkehrsinitiative Hösbach" setzt sich Schmitt seit Jahren für Tempo 30 innerorts ein – vor allem auf der vielbefahrenen Ortsdurchfahrt.

Einmal abbiegen, Tempo 50

Heute steigt Schmitt gelassen in sein E-Auto, es ist ein Ferientag und auf Hösbachs Straßen ist weniger los. Wir machen eine kleine Spritztour durch den Ort. Die Bundesstraße B26 führt direkt durch den Markt, der nur rund zehn Minuten Autofahrt von Aschaffenburg entfernt ist. Auf der Hauptstraße ist Schmitt mit Tempo 30 unterwegs, dann biegt er einmal ab, in die Aschaffstraße. Auch sie ist recht eng, hier parken Autos und es gibt keine abgegrenzten Radwege. Trotzdem gilt hier auf einmal Tempo 50.

"Wenn man es nicht weiß, erkennt man das nicht", sagt Schmitt. Innerorts 100-Meter Abschnitte mit Tempo 50 zu haben, ergebe für ihn keinen Sinn. Um für Klarheit für alle zu sorgen, befürwortet er, innerorts Tempo 30 einzuführen.

"Als Kind nicht über die Straße getraut"

Doch das sehen nicht alle in Hösbach so. Schon die Geschwindigkeitsbegrenzung auf der langen Ortsdurchfahrt ist ein Streitpunkt. "Wo man hinkommt, überall wird man ausgebremst", sagt eine Passantin. "Ich finde 50 einfach besser", sagt eine andere, "einfach, dass man vom Fleck kommt."

Inge Völker, die hier aufgewachsen ist und seit Jahrzehnten an der Hauptstraße in Hösbach wohnt, sagt gegenüber BR24, dass sie sich als Kind oft nicht über die Straße getraut habe – damals sei es in der Hösbacher Ortsmitte wegen Raserei öfter mal zu schweren Unfällen gekommen. Das sei nun durch Tempo 30 etwas besser, jedoch bemängelt sie, dass das Tempolimit zu selten kontrolliert werde und daher die Autos noch immer zu schnell unterwegs seien.

Tempolimits liegen nicht in der Hand der Gemeinde

Das sind Standpunkte, die Hösbachs Erster Bürgermeister Michael Baumann nur allzu gut von den Bürgerversammlungen kennt. Dabei muss er immer wieder erklären, dass bei Hauptverkehrsstraßen nicht der Markt Hösbach, sondern die übergeordneten Straßenverkehrsbehörden über Tempolimits entscheiden. Auch das Aufstellen stationärer Blitzer liege nicht in seiner Hand.

Innerorts gilt grundsätzlich die Regelgeschwindigkeit von 50 km/h – und die darf nur in besonderen Fällen eingeschränkt werden. Baumann sagt, dass man an die Regelgeschwindigkeit bundesweit herangehen müsse.

Schon über 100 Kommunen in Bayern bei Verkehrsinitiative dabei

"Klar wird das auch nicht jedem Verkehrsteilnehmer gefallen, nicht umsonst gilt ja nach wie vor die Regelgeschwindigkeit Tempo 50", sagt Baumann. Entscheidend sei zu evaluieren, welche Effekte Tempo 30 überall innerorts auf den ÖPNV und die nachgeordneten Straßen habe. Und das könnten die Kommunen vor Ort vielleicht schneller und effektiver abschätzen.

Mit dem Beitritt in die Initiative "Lebenswerte Städte" fordert der Markt Hösbach zusammen mit mittlerweile rund 100 anderen Kommunen in Bayern wie der Stadt Fürth, Augsburg, Würzburg oder Hof mehr Spielräume für die Kommunalpolitik, Tempo 30 überall dort anzuordnen, wo es sinnvoll erscheint. Die Initiative will im Rahmen einer Regionalkonferenz nächste Schritte ausloten und Druck auf den Bund machen. "Wichtig ist, dass der Prozess jetzt in Gang gesetzt wird und nicht nur darüber gesprochen wird", fordert Baumann, "dass jetzt langsam konkrete Schritte kommen".

Bundesverkehrsministerium gegen Tempo 30

Die Initiative teilt mit, dass das von Volker Wissing (FDP) geleitete Bundesverkehrsministerium bislang keine Bereitschaft gezeigt habe, sich mit den Anliegen ernsthaft zu beschäftigen. 2023 wolle man deshalb mehr Druck machen, deutschlandweit seien schon rund 380 Städte und Gemeinden mit an Bord. In einem Zeitungsinterview hatte sich Wissing in puncto Geschwindigkeitsbegrenzung zuletzt offen für mehr Spielräume für die Kommunalpolitik gezeigt. Eine generelle Herabsetzung der Regelgeschwindigkeit auf Tempo 30 lehnte Wissing jedoch ab.

Auch der ADAC hat sich eindeutig gegen eine Herabsetzung der Regelgeschwindigkeit positioniert. Der Automobilclub befürchtet, dass so wieder mehr Autos den kürzeren Weg über die Wohngebiete suchen könnten, da der Vorteil der höheren Geschwindigkeit auf der Hauptverkehrsachse wegfalle.

Umweltbundesamt empfiehlt Tempo 30 innerorts

Das Umweltbundesamt hat diesen Schritt mit Blick auf die Ergebnisse einer aktuellen Modellstudie dagegen ausdrücklich empfohlen. In drei Beispielstädten in Deutschland ließ das Amt untersuchen, wie sich Tempo 30 konkret auf Lärmbelastung, Schadstoffentwicklung und Verkehrsfluss auswirkt.

Aufgrund der positiven Wirkungen auf Umwelt, Gesundheit und Verkehrssicherheit empfiehlt das Amt, deutschlandweit Tempo 30 als innerörtliche Regelgeschwindigkeit einzuführen. Tempo 50 sollte nur an geeigneten Hauptverkehrsachsen bleiben.

Solche Schilder zur Begrenzung der Geschwindigkeit sieht man auch in Hösbach
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Hier gilt Tempo 30 (Symbolbild)

Datenanalyse per eigenem Radargerät

Als Anwohner der Hauptstraße in Hösbach kann Hans-Peter Schmitt die Effekte der Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 auf 30 km/h unmittelbar verfolgen. Seit Jahren misst er die Zahl der Autos, die jeden Tag an seinem Haus vorbeifahren, mit einem eigenen Radargerät. Dafür hat die Verkehrsinitiative Hösbach laut eigenen Angaben zwischen 2.000 und 3.000 Euro investiert.

"Seit der Anordnung von Tempo 30 ist das Geschwindigkeitsniveau schon signifikant zurückgegangen", sagt er mit Blick auf die Daten. "Von ungefähr 43 Stundenkilometer auf 38 Stundenkilometer."

Die Sache mit dem Lärm

Schmitt sagt, er habe seither auch weniger Lärm vernommen, das sei aber subjektiv: "Wenn Sie andere Anwohner fragen, sagen die, da hat sich nichts geändert.". Laut der Studie des Umweltbundesamts habe sich bei Tempo 30 innerorts die Lärmbelastung signifikant verringert. CO2-Emissionen würden jedoch kaum beeinflusst.

Das Plakat mit der Aufschrift "Tempo 30 für den Klimaschutz" hängt nun nicht mehr an Schmitts Hauswand. Nachdem dieses Ziel für die Ortsdurchfahrt erreicht wurde, hat er es abgehängt.

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