Drohnen: Eine Zukunftstechnologie, die die bayerische Staatsregierung in letzter Zeit erkennbar vorantreibt. Die geplante bayerische Grenzpolizei soll laut Ministerpräsident Markus Söder mit Drohnen ausgestattet werden, für die Bundeswehr fordert die CSU Etatsteigerungen nicht zuletzt zur Anschaffung "bewaffnungsfähiger Drohnen." Und auch das neue Polizeiaufgabengesetz (PAG) sieht vor, dass "unbemannte Luftfahrtsysteme" unter bestimmten Bedingungen Videos von Verdächtigen drehen dürfen.
Die Opposition beurteilte die PAG-Planungen im Landtag skeptisch bis vernichtend. Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze spricht von "Überwachungswahn", SPD-Rechtsexperte Franz Schindler sieht einen "Fall für die Verfassungsgerichte". In Regensburg und Nürnberg sind rund 1.800 Menschen auf die Straße gegangen, weitere Demonstrationen in München und anderen Städten sind geplant.
Der Stand der Dinge
Technisch stehen die Polizeidrohnen kurz vor der Einsatzfähigkeit. Sechs sogenannte "Multicopter" verschiedener Anbieter sind seit Ende 2017 für allgemeine Polizeiaufgaben in Erprobung. Doch derzeit hat das Innenministerium den Pilotversuch auf Eis gelegt - freilich weder aus rechtlichen noch aus technischen Gründen.
Die Polizei fürchtet sich vor Überwachung
Die Deutsche Polizeigewerkschaft ist verschnupft, weil der Personalrat über die Tests nicht vorab informiert wurde. Laut Personalvertretungsgesetz wäre das sein gutes Recht, auch bei weniger anspruchsvollen Themen wie etwa Änderungen bei der Dienstkleidung.
Sorge bereitet der Gewerkschaft - wie andererseits vielen Bürgern - der Datenschutz. Je nach Modell, erklärt Rainer Nachtigall von der DPolG, sind die Drohnen mit Kamera, GPS-Ortung und Uhr ausgestattet. Bei Kombination und Speicherung der erzeugten Daten könnten personenbezogene Raum-Zeit-Profile der fernlenkenden Beamten erstellt werden - und letztlich eine nicht vorgesehene Verhaltens- und Leistungskontrolle.
Wer haftet bei Schäden?
Insbesondere will Nachtigall vor einem Einsatz geklärt wissen, wer für mögliche Bedienungsfehler haftet.
"Die Multicopter sind teuer, und wenn eine Drohne runterfällt und dabei Schaden verursacht, stellt sich die Frage, ob die Technik oder der Mensch schuld ist. Anders als private Unternehmen ist der Freistaat 'Selbstversicherer'. Wenn ein Polizist bei Rot über die Ampel fährt und seinen Dienstwagen beschädigt, kann er in Regress genommen werden. Wir wollen geklärt haben, wie das am Steuer einer Drohne ausschaut." Rainer Nachtigall, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft im DBB
Grundsätzlich begrüßt die DPolG den Einsatz von Drohnen nicht anders als den von Taser-Pistolen und Bodyscannern. Sie fühlt sich aber schlecht informiert. Regelmäßig erhielte die Personalvertretung über neue Entwicklungen nur via Pressemitteilung und aus den Medien Kenntnis.
"Seit 2015 sind die ersten Drohnen im Einsatz, da wurde vergessen, die Personalvertretung zu informieren, jetzt wieder. Ich mache den Job seit sieben Jahren und glaube nicht mehr recht an ein 'Vergessen'." Rainer Nachtigall, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft im DBB
Beim Innenministerium will man die Gespräche mit der Polizeivertretung jetzt nachholen. Bis dahin, bestätigt Sprecher Michael Siefener, sollen die Drohnen im Depot bleiben.
Neue "Bedrohnungen" aus der Luft
Jenseits aller rechtlichen Fragen steht fest: Die Drohnentechnik ist störungsanfällig. Neben Bedienfehlern und Technikversagen können auch Ein- und Angriffe von Hackern für Abstürze sorgen.
In Kanada, wo Ende 2017 eine Drohne mit einem Passagierflugzeug kollidierte, wurden die Regeln danach drastisch verschärft. Und erst vor einer Woche krachte in Russland eine Postdrohne in eine Hauswand. Noch treten die Probleme nur bei der - seit Oktober 2017 bundesweit neu geregelten - privaten und gewerblichen Nutzung auf.
In Bayern sind entsprechende Vorfälle bisher glimpflich bis skurril verlaufen. So regnete es in Randersacker rote Flüssigkeit vom Himmel, als eine Transportdrohne ein Päckchen mit Pastasoße fallen ließ. In Eschenbach (Landkreis Hassberge) erschreckte eine Drohne ein Pferd, das daraufhin seinen Reiter abwarf, und in Kleinheubach (Landkreis Miltenberg) stürzte ein zur Vorbereitung von Dachdeckerarbeiten eingesetztes Kamerafluggerät auf einen Kindergarten - zum Glück, ohne jemanden zu verletzen.