Zwei Menschen stehen vor der Theke eines mobilen Verkaufswagens.
Bildrechte: BR/Renate Roßberger
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Tanja und Josef Bauer betreiben das Unternehmen mit ihrer Tochter und fünf angestellten Fahrern.

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Waldkirchen: Wenn der Supermarkt zum Kunden rollt

Waldkirchen: Wenn der Supermarkt zum Kunden rollt

Mal schnell in den Supermarkt zum Einkaufen - das klappt nicht mehr in jedem Ort. Es gibt immer mehr Gemeinden, die gar keinen Lebensmittelladen mehr haben. In manchen Landkreisen im Bayerischen Wald fährt der Supermarkt deshalb auch zum Kunden.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

In immer mehr Orten gibt es keinen Supermarkt mehr, manchmal nicht einmal mehr einen Bäcker oder Metzger. Ein Ausweg könnten "rollende Dorfläden" sein. Ein Familienunternehmen aus Waldkirchen ist damit sogar schon seit 40 Jahren erfolgreich.

  • Zum Artikel: Erste automatisierte Dorfladenbox Niederbayerns in Pfarrkirchen

"Rollende Dorfläden" seit 40 Jahren erfolgreich

In der 2.700-Einwohner-Gemeinde Frauenau gibt es seit Januar keinen Supermarkt mehr und auch keine Aussicht, dass wieder einer aufmacht. Deshalb macht hier momentan "Peterhäusls rollender Dorfladen" aus Waldkirchen Station, einmal pro Woche vor dem Rathaus. Der Kleintransporter wird zum Verkaufswagen aufgeklappt. Das Sortiment hinter der Plexiglastheke ist riesig:

"Wir haben hier drin rund 1.000 Artikel, angefangen vom Toilettenpapier über Wurst oder Käse bis zu Batterien oder Tiefkühlwaren." Heinz Schultes, einer der insgesamt fünf angestellten Fahrer des rollenden Dorfladens

Kaufen kann man das übliche Warensortiment, das auch Supermärkte führen. Zusätzlich gibt es Regionales wie frisches Bauernbrot von drei verschiedenen Bäckern aus dem Bayerischen Wald, Räucherfisch oder niederbayerische Rosswürstel. Aber ganz wie in einem alten Tante-Emma-Laden sagt der Kunde am Tresen, was er möchte, kann also nichts selbst aus dem Regal nehmen. Die Kunden, die das Angebot in Frauenau nutzen, nehmen das Angebot trotzdem an. Denn man muss sonst für jeden Einkauf in den sechs Kilometer entfernten Nachbarort Zwiesel fahren. Das ist vor allem für Senioren mühsam und für Leute ohne Auto ebenfalls.

"Peterhäusl" fährt sonst von Haus zu Haus

Das eigentliche Konzept von "Peterhäusls rollendem Dorfladen" ist es aber, direkt von Haus zu Haus zu den Stammkunden zu fahren. Das wollen Tanja und Josef Bauer, die das Unternehmen mit ihrer Tochter und fünf angestellten Fahrern betreiben, nach der Testphase auch in Frauenau anbieten, wenn es denn dort gewünscht wird. Erfolgreich ist man mit dem Supermarkt, der selber zum Kunden rollt, schon im Großraum Freyung-Passau-Deggendorf. Hauptkunden sind dort Senioren, die nicht mehr mobil sind, aber auch junge Mütter ohne eigenes Auto. Man kann entweder direkt am Wagen einkaufen oder aber vorbestellen und es sich bis in die Küche tragen lassen.

In der Coronazeit erlebte man einen zusätzlichen Boom. "Da sind wir fast nicht mehr vom Telefon weggekommen", sagt die Firmenchefin.

Auch an vielen Seniorenheimen macht der rollende Laden regelmäßig Station. Denn es ist ein geliebtes Stückchen Selbstständigkeit für die Bewohner, wenigstens noch ein paar persönliche Kleinigkeiten selbst einzukaufen. Zum Einkauf am rollenden Dorfladen gehört immer ein Ratsch und man kennt sich. "Manche unserer älteren Kunden sehen den Fahrer öfter als die eigenen Kinder", erzählt Tanja Bauer.

Schon vor 40 Jahren gegründet

Gegründet wurde der rollende Dorfladen der Familie "Peterhäusl", benannt nach dem traditionellen Hausnamen der Familie, schon vor 40 Jahren. Gründer war der inzwischen verstorbene Vater von Josef Bauer. Er hatte eigentlich als Ausfahrer für eine Bäckerei gearbeitet, also nur Brot und Semmeln geliefert. Als immer mehr Frauen – damals die Hauptkunden und damals oft noch ohne eigenes Auto - ihn baten, ihnen Mehl, Zucker und andere Waren mitzubringen, machte er sich als Lieferdienst selbständig und erweiterte dann ständig sein Sortiment.

Die Verkaufspreise sind heute pro Artikel 30 bis 50 Cent teurer als in großen Supermärkten. Das begründet die Familie mit dem Aufwand für Fahrzeuge, Benzin, Personal und das aufwendige Von-Haus-zu-Haus-Fahren. Die Kunden akzeptieren aber den Preisunterschied, sagt die Unternehmerfamilie. Man darf beim Fahrer als Stammkunde sogar mal anschreiben lassen und es gibt pro Einkauf keinen Mindestbestellwert.

Modellprojekt seit 2018 auch in der Oberpfalz

Einen mobilen Dorfladen gibt es seit Sommer 2018 auch in der Oberpfalz. Die "Steinwald Allianz", ein Zweckverband aus 17 Kommunen, betreibt ein Fahrzeug als Modellprojekt. Es fährt wöchentlich 52 Haltestellen an, früher vor allem in Weilern und kleinen Dörfern, inzwischen auch immer öfter in größeren Gemeinden, sagt der Geschäftsführer der Steinwald-Allianz Martin Schmid. Denn immer mehr Bäcker und Metzger, die oft zusätzlich noch Lebensmittel in einem Ort angeboten hatten, schließen für immer. Der mobile Dorfladen im Steinwald läuft als Modellprojekt, das noch bis Ende 2025 vom Freistaat Bayern bezuschusst wird. Was danach wird und ob es sich ohne Zuschüsse trägt, ist noch offen.

Es ist nicht leicht, so etwas rentabel zu betreiben. Das ist Martin Schmids Erkenntnis aus dem Modellprojekt. In der Lebensmittelbranche stünden hohe Unkosten einer vergleichsweise niedrigen Gewinnspanne gegenüber. "Es ist kein Wunder, dass viele kleine Lebensmittelläden aufhören", sagt Schmid. Aber für viele Menschen im ländlichen Raum seien rollende Dorfläden ein gutes Angebot. Vor allem ältere Kunden "freuen sich, dass sie auf diese Weise selbstständig leben können". Auch die Bewohner von sieben Seniorenheimen im Steinwald nutzen das Angebot gerne.

Es gibt immer noch wenige rollende Dorfläden mit Vollsortiment

Deutschlandweit gibt es zwar viele Wochenmärkte oder Haus-zu-Haus-Lieferdienste für bestimmte Waren wie Obst oder Brot, aber nur in einigen Regionen rollende Dorfläden mit dem ganzen Vollsortiment. Bekannt in der Branche ist der Anbieter "HEIKO rollende Lebensmittelmärkte" in der Eifel. In den letzten Jahren haben aber auch immer wieder Anbieter aufgehört, wegen der Unkosten, steigender Benzinpreise oder wegen fehlendem Personal.

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