Florian Michel greift eines der Hühner aus der roten Transportkiste. Den Kopf führt er in eine Art Trichter. Es ist das Betäubungsgerät. Durch den Elektro-Schock spürt das Huhn nichts mehr. Ein Schnitt durch die Halsschlagader und das Tier ist tot. Was in großen Schlachthöfen schon halb automatisch passiert, ist hier im Schlachtmobil Handarbeit. Und auch sonst ist vieles anders: Das Schlachtmobil ist ein sieben Meter langer Anhänger. Auf wenigen Quadratmetern findet der gesamte Schlachtprozess statt.
Tierwohl bis zum Tod im Blick
Florian Michel und sein Geschäftspartner Christoph Stowasser haben in Rehau im Landkreis Donau-Ries ein kleines Unternehmen gegründet. Es heißt "Raus aus den Federn". Die beiden bieten Hofschlachtungen an – mit einem der ersten Schlachtmobile für Geflügel in Bayern. Die Idee kam den beiden durch ihre eigenen Legehennen. Die leben in drei Mobilställen, können jeden Tag hinaus auf eine Wiese. "Man achtet ja als Tierhalter das ganze Jahr über auf das Wohl der Tiere und da soll es bei der Schlachtung nicht aufhören", sagt der 24-jährige Florian Michel.
Amtsveterinär lobt mobiles Schlachten
Das mobile Schlachten soll Vorteile für den Bauern und die Tiere bringen. Den Hühnern wird die Fahrt zum Schlachthof erspart. Das lobt auch der Donau-Rieser Amtsveterinär Dr. Thomas Kellner explizit. Die Hygieneregeln sind genauso streng wie in Schlachthöfen, ansonsten gibt es weniger Vorschriften. Damit will man das Schlachten kleinerer Mengen Tiere erleichtern, erklärt der Amtsveterinär. Denn es gibt eine Grenze für das Schlachten unter den vereinfachten Bedingungen: maximal 10.000 Tiere pro Bauernhof und Jahr.
Schlachtmobil als Option für kleine Bauernhöfe
Diese Vorgabe ist für die Betreiber des Schlachtmobils kein Problem. Sie schaffen pro Stunde ungefähr 50 Stück Geflügel. Für heutzutage normal große Betriebe mit 50.000 Masthähnchen und mehr wäre das Schlachtmobil sowieso keine Option. Die Jungunternehmer setzen auf die kleinen Bauernhöfe, die die Eier ihrer Hühner direkt verkaufen – im Eierhäusle oder Hofladen. "Wenn ich unsere Legehennen an den Schlachthof verkaufe, bekomme ich 50 Cent pro Huhn. In der Direktvermarktung kann ich sieben Euro für ein Suppenhuhn verlangen", sagt Florian Michel. "Wenn jeder, der bei uns regelmäßig Eier kauft, nur einmal im Jahr ein Suppenhuhn mitnimmt, kommen wir sauber raus."
Pro Tier kostet Schlachten drei Euro
Bauern, die das Schlachtmobil auf ihren Hof bestellen, sparen vor allem Zeit. Bei geringer Stückzahl müssen die Geflügelhalter ihre Tiere selbst zum Schlachthof fahren und dann ein zweites Mal mit dem Kühlanhänger hin, um die Schlachtkörper wieder abzuholen. Im Schlachtmobil kostet es allerdings mehr: pro Tier drei Euro – plus Steuern und Anfahrt.
Geflügelhalter: Mehr Tierwohl geht nicht
Der Preis ist für Moritz Kosteletzky in Ordnung. Der 20-Jährige ist einer der ersten Auftraggeber für das Schlachtmobil. Bei sich in Donaualtheim bei Dillingen lässt er 100 Masthähnchen schlachten. "Ich bekomme sie als Eintagsküken, die werden also sozusagen auf meinem Hof geboren und sterben hier wieder – also, mehr Tierwohl geht für mich nicht!", sagt Kosteletzky. Außerdem sind die Masthähnchen fetter als eine Legehenne. Je nach Gewicht kostet ein Hähnchen bei ihm im Direktverkauf rund 20 Euro.
- Zum Artikel "Mästen, schlachten, essen: Unser Umgang mit Nutztieren"
Brühen, Rupfen und Ausnehmen – alles auf wenigen Quadratmetern
Nach dem Ausbluten legt Florian Michel die Hähnchen in den Brühkessel. Bei 63 Grad lösen sich die Federn. Danach geht’s in die Rupfmaschine. Alles hat seinen Platz auf wenigen Quadratmetern. Durch eine Durchreiche kommen die Schlachtkörper in den sogenannten Weißbereich – die zweite Hälfte des Anhängers. Da übernimmt Christoph Stowasser. Er nimmt die Tiere aus und spült sie schließlich noch mit Wasser aus.
Aus dem Nebenjob könnte mehr werden
Ein Schlachtmobil für Geflügel kostet in der Anschaffung rund 70.000 Euro. Florian Michel ist im Hauptberuf Anlagenmechaniker, Christoph Stowasser ist Lkw-Fahrer. Noch ist das mobile Schlachten für beide ein Nebenjob. Aber die Nachfrage ist groß, vor allem, weil es immer mehr Nebenerwerbsbetriebe mit Mobilställen für Hühner auf der grünen Wiese gibt. Das mobile Schlachten könnte für kleine Betriebe langfristig eine Alternative zum Schlachthof werden und für die beiden Jungunternehmer mehr als nur ein zweites Standbein.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!