Handyverbot in der Schule! Das bedeutet: die Geräte müssen im Unterricht ausgeschaltet werden, es sei denn die Lehrkraft erlaubt eine Ausnahme. In Bayern ist das - anders als in anderen Bundesländern - seit 2006 gesetzlich geregelt. Zur Begründung führte das Kultusministerium damals insbesondere an, die Schüler vor Cybermobbing schützen zu wollen. Ministerpräsident Markus Söder hat angekündigt, die Schulgesetzgebung zum Handy lockern zu wollen - auch vor dem Hintergrund der Digitalen Bildungsoffensive.
"Du kannst das Ding nicht die ganze Zeit benutzen"
Wie sinnvoll ist ein Handyverbot? Der Münchner Kinder- und Jugend-Psychiater Reinhold Wehner sieht es nicht grundsätzlich negativ. Muss das Handy im Unterricht aus bleiben, "erreicht man, dass die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche gelenkt wird, den Unterrichtsstoff", sagte er dem BR. Wie im Beruf sei es auch als Schüler schon wichtig, zu wissen: "Du kannst das Ding nicht die ganze Zeit benutzen."
Medienkompetenz "teilweise erschreckend gering"
Aber: "Das Allerwichtigste ist, dass die jungen Leute Medienkompetenz erwerben - und ob man das mit einem Verbot erreicht?" Die Medienkompetenz von Schülern, die in Wehners Praxis kommen, sei "teilweise erschreckend gering", so der Diplom-Psychologe. Wenn also ein Handyverbot während der Gedichtinterpretation im Deutschunterricht durchaus sinnvoll sein kann, sei darüber hinaus "ein gezielter Einsatz sehr wichtig".
Aufklärung eine wichtige Aufgabe der Schulen
Ein Problem: Durch sogenannte Verstärkungsmechanismen würden vor allem junge Menschen immer manipulierbarer. Einen solchen verstärkenden Effekt auf die Handy- und Internetnutzung können zum Beispiel Antworten auf per Whatsapp verschickte Witze oder Likes für ein gepostetes Foto bei Facebook oder Instagram erzeugen, da diese wie eine Belohnung auf die jungen Menschen wirkten. Deshalb sei Aufklärung und das Schaffen von Verständnis für derartige Mechanismen heute eine sehr wichtige Aufgabe an den Schulen.
Mehr als fünf Stunden täglich sind zuviel
Außerdem warnt Wehner vor einer allzu exzessiven Nutzung von Handy und Internet. Übersteige der Medienkonsum über Smartphone und gegebenenfalls zusätzlich noch Computerspiele eine Marke von insgesamt etwa fünf Stunden am Tag, belegten Studien, dass es häufiger zu Aufmerksamkeitsstörungen komme. Die vielen, kurz aufeinanderfolgenden Aufmerksamkeitsreize in sozialen Medien oder Games könnten dann dazu führen, dass andere Arten der Rezeption - etwa von Schulstoff in Büchern - nicht mehr wie bisher üblich ablaufen könnten.
Handy kann den Unterricht unterstützen
Möglichkeiten eines bewussten und verantwortungsvollen Umgangs mit den neuen Medien, der auch zu mehr Medienkompetenz und darüber hinaus inhaltlichem Mehrwert im Unterricht führt, gibt es viele: Zum Beispiel kann per Handy spielerisch ein Klassen-Blog über ein bestimmtes Schwerpunktthema mit Fotos und Videos geschrieben werden. Auch lassen sich Informationen jeglicher Art oder auch aktuelle Nachrichten in Sekunden recherchieren und in den Unterrichtsstoff mit einbauen. Und: Den guten alten Taschenrechner kann das Handy ebenfalls längst ersetzen.