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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht mit Horst Seehofer (CSU), Bundesminister für Inneres, Heimat und Bau

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Flüchtlingspolitik: Merkel und Seehofer auf Konfrontationskurs

Flüchtlingspolitik: Merkel und Seehofer auf Konfrontationskurs

Die Stimmung in der Union ist so aufgeheizt wie lange nicht. Für Merkel geht es um ihr historisches Erbe. Für Seehofer um die lange angekündigte Kurskorrektur. Der Ausgang ihres Showdowns beim Zankapfel Asylpolitik ist offen. Von Nadine Bader

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Es war ein brüchiger Friede im Streit um die Flüchtlingspolitik, den CDU und CSU im Oktober vergangenen Jahres ausgehandelt hatten. Der Kompromiss - das sogenannte "" der Union - sieht unter anderem vor, die Liste der sicheren Herkunftsländer zu erweitern, Asylverfahren für alle neu Ankommenden in Entscheidungs- und Rückführungszentren zu bündeln und einen Richtwert von nicht mehr als 200.000 Menschen, die aus humanitären Gründen nach Deutschland kommen.

Zwei Widersacher an einem Kabinettstisch

Schon um diesen Kompromiss hatten CDU und CSU lange gerungen. Unschöne Worte waren gefallen, zum Beispiel als Horst Seehofer als damaliger bayerischer Ministerpräsident Angela Merkels Flüchtlingspolitik als eine "Herrschaft des Unrechts" bezeichnete. Nun sitzen beide an einem Kabinettstisch und bekennen sich im Koalitionsvertrag dazu, für ein "gemeinsames europäisches Asylsystem" einzutreten und sich aktiv "am Prozess der Reform des Dublin-Verfahrens" zu beteiligen.

Merkel will bilaterale Absprachen

Worte, die viel Sprengkraft zwischen den Schwesterparteien bergen. Auch das Bekenntnis, dass dabei unter anderem "ein fairer Verteilmechanismus für Schutzbedürftige" eine übergeordnete Rolle spielen soll. Die Kanzlerin scheint sich zwar mittlerweile von ihrem Maximalziel einer baldigen, gesamteuropäischen Lösung verabschiedet zu haben. Aber sie wehrt sich weiter gegen Zurückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze ohne vorhergehende bilaterale Absprachen mit Ländern wie Italien. Dafür will sie sich auf dem Europäischen Rat in zwei Wochen einsetzen:

"Ich persönlich halte die illegale Migration für eine der großen Herausforderungen der Europäischen Union und glaube deshalb, dass wir nicht unilateral handeln sollten, dass wir nicht unabgestimmt handeln sollten und dass wir nicht zu Lasten Dritter handeln sollten." Angela Merkel

Sorge, die EU zu spalten

Die Kanzlerin treibt also die Sorge um, EU-Länder mit Außengrenzen wie Italien oder Griechenland alleine zu lassen und diese durch Zurückweisungen von Flüchtlingen weiter zu überfordern. Für sie steht an oberster Stelle, die Europäische Union zusammenzuhalten und trotz großer Herausforderungen in gutem Zustand zurückzulassen, wenn sie einmal abtritt.

Und noch eine Befürchtung spielt im Umfeld ihrer parteiinternen Unterstützer eine Rolle. Der nordrhein-westfälische CDU-Ministerpräsident Armin Laschet warnt: Bei einem Alleingang Deutschlands könnten die EU-Länder an den Außengrenzen gänzlich davon absehen, Flüchtlinge zu registrieren und diese einfach durchwinken.

CSU will Alleingang

Solche Überlegungen stoßen bei der CSU allerdings auf taube Ohren. Vor allem wegen der anstehenden Landtagswahl steht die Partei unter Druck, einen harten Kurs in der Flüchtlingspolitik zu fahren. Gerne fällt das Argument, auch andere EU-Länder wie Frankreich und Österreich würden an ihren Grenzen schon Flüchtlinge zurückweisen. Aus Sicht des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder ist das auch im Einklang mit geltendem Recht:

"Recht ist, dass eine solche Zurückweisung an der Grenze für einige Fälle, eben für die, die schon einmal eingereist waren und abgelehnt wurden und für solche, die woanders registriert wurden, dass das einfach eine zwingende Anwendung des Rechts ist." Markus Söder

Alleingang als riskantes Spiel

Die Androhung eines Alleingangs notfalls gegen den Willen der Kanzlerin ist allerdings ein riskantes Spiel. Sofern Merkel ihrer Richtlinienkompetenz nachkommt, müsste sie Seehofer bei einem tatsächlichen Alleingang aus ihrem Kabinett werfen.

Entscheidende Tage also in Berlin - nicht nur für die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Sollte der Bundesinnenminister am Montag Zurückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze anweisen, stünde der Fortbestand der Bundesregierung in Frage.