Bildrechte: picture-alliance/dpa
Bildbeitrag

Archivbild: Martin Schulz (l.) und Armin Laschet (r.) bei der Verleihung des Aachener Karlspreises im Mai 2017

Bildbeitrag
>

Arbeitgebertag in Berlin: Groko als Fernbeziehung

Arbeitgebertag in Berlin: Groko als Fernbeziehung

Direkt sprechen SPD-Chef Martin Schulz und CDU-Mann Armin Laschet auf dem Arbeitgebertag kaum miteinander. In ihren Äußerungen umkreisen sie vorsichtig die Möglichkeiten einer Großen Koalition. Von Kirsten Girschick

Martin Schulz kommt, als Armin Laschet fast fertig ist mit seiner Rede. Ein kurzer Small-Talk, dann geht Armin Laschet. Auf dem Arbeitgebertag findet eine SPD-Unions -Annäherung eher als Fernbeziehung statt. 

Martin Schulz bemüht sich um Humor - spricht über die anstehende Parteivorsitzendenwahl und scherzt mit Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer über Mehrheiten. "Nee, 100 Prozent - das mach' ich nicht mehr...". Gelächter und Applaus im Saal. 

Ähnlichkeiten bei Analyse

Inhaltlich lassen Laschet und Schulz wenig wirklichen Dissens erkennen - der Glyphosat-Streit etwa spielt hier keine Rolle. Beide betonen die Herausforderungen durch die Digitalisierung, die Notwendigkeit von Weiterbildung für diejenigen, deren Jobs von der Digitalisierung bedroht sind. Gerechtigkeit sehen beide als notwendig für eine stabile Gesellschaft - Laschet nennt es "Aufstiegsversprechen". Und auch bei einer wichtigen Rolle Europas und Deutschlands in Europa - als Gegengewicht auch zu anderen Entwicklungen in der Welt - sind sie sich einig.

Laschet trauert um Jamaika - und warnt vor einer Minderheitsregierung

Deutet das auf eine einfache Annäherung für eine neue Große Koalition hin? Nein, sagt Laschet, schon bevor Schulz gesprochen hat. Der NRW-Ministerpräsident, der mit einer schwarz-gelben Koalition regiert, bedauert zunächst, dass die FDP bei Jamaika nicht mitmacht. Die gefunden Kompromisse bei den Sondierungen seien gut gewesen, bei der Einwanderung, der Steuerpolitik, Verkehr, Investitionen und innerer Sicherheit.

"Ich wäre froh, wenn wir in den nächsten Wochen ein so hervorragendes Ergebnis hinkriegen. Ich fürchte, es wird schwieriger als das, was auf dem Tisch lag." Armin Laschet, stellvertretender CDU-Vorsitzender zu den anstehenden Gesprächen mit der SPD

Laschet warnt erneut vor einer Minderheitsregierung. Dies bringe nur viel Unsicherheit, auch in Bezug auf Deutschlands Rolle in Europa. "Deshalb sage ich: wir brauchen eine starke Regierung", erklärt er mit Blick auf eine mögliche Neuauflage der großen Koalition auf dem Arbeitgebertag in Berlin. "Wir brauchen eine klare Mehrheit."

Punkte, bei denen eine Einigung mit der SPD sicher einfacher seien als mit Jamaika, sieht Laschet auch. Bei der Energiepolitik beispielsweise seien sich SPD und Union einig, dass die Versorgungssicherheit Vorrang haben müsse. Eindeutige Forderungen an den Koalitionspartner verkneift sich Laschet jedoch. 

Schulz fordert Reformen und hält sich alle Optionen offen

Ähnlich hält es Martin Schulz. Er fordert eine ambitionierte Reformagenda und betont, dass er das Anliegen der sozialen Gerechtigkeit weiter hochhalten werde, auch in den anstehenden Gesprächen mit der Union: 

"Das Ziel, dass es bei uns gerecht zugeht, ist keine Sozialromantik. Es ist die Bedingung dafür, dass es bei uns Fortschritt gibt.(....) Es geht darum, unsere Gesellschaft in einer sich wandelnden Welt zu bewahren." Martin Schulz, SPD-Parteivorsitzender

Dabei sei eine Vertiefung der europäischen Union unabdingbar. Schulz fordert einen Europäischen Rahmen beim Mindestlohn, wiederholt die SPD-Forderungen nach einem Eurozonen-Budget und einem europäischen Finanzminister - und er fordert eine Neuaufstellung der Bundesregierung in der Europapolitik: "Europa zu stärken muss deutsche Staatsräson sein, und zwar parteiübergreifend."

Vor den Gesprächen mit der Union über eine mögliche Neuauflage der großen Koalition betont der SPD-Chef: Aufgabe der nächsten Bundesregierung sei, die Zukunft mutig zu gestalten. "Das heißt nicht, dass man auf Sicht fahren kann." Die SPD ziehe bei den Bemühungen um eine neue Bundesregierung alle Möglichkeiten in Betracht. 

"Ich kann Ihnen beim besten Willen nicht sagen, was das Ergebnis dieser Gespräche sein wird. Zusichern kann ich Ihnen nur eins: Dass ich für die beste Lösung für unser Land eintreten werde, dass sich meine Partei ihrer staatspolitischen Verantwortung bewusst ist." Martin Schulz, SPD-Parteichef zu den anstehenden Gesprächen mit der Union

Deutschland in Europa stärken - auf diese Überschrift könnten sich Martin Schulz und Armin Laschet bei ihrer Noch-Nicht-Sondierung wohl einigen. Was unter dieser Überschrift stehen soll, da sind die Unterschiede noch deutlich. 

Kanzlerin vor-sondiert aus der Ferne

Und die Kanzlerin? Angela Merkel kommt beim Arbeitgebertag nur als Video-Botschaft vor. Der Inhalt: Deutschland könne sich unverändert über eine gute wirtschaftliche Situation freuen. Die Politik habe mit Haushaltskonsolidierung und wachstumsfreundlichen Investitionen den politischen Rahmen dafür geschaffen. "Daran gilt es weiter anzuknüpfen", sagte sie. "Und das wird mich auch in den kommenden Gesprächen mit der SPD leiten." Die Botschaft, hier an die Adresse der Arbeitgeber: keine Angst, allzu sehr kommen wir den Sozis nicht entgegen.