Welche rechtlichen Hürden gibt es?
Die Wehrpflicht wurde 2011 per Gesetz ausgesetzt, aber nicht abgeschafft. Auf dem gleichen Weg könnte der Bundestag sie wieder reaktivieren, mit Verweis auf eine Bedrohungslage. Schwierig wird es aber, wenn die Regeln verändert werden sollen. Eine allgemeine Dienstpflicht etwa für Männer und Frauen - wahlweise im militärischen oder zivilen Bereich - ist rechtlich problematisch. Da kommt das Verbot der Zwangsarbeit ins Spiel. Bundestag und Bundesrat könnten das Grundgesetz mit Zweidrittelmehrheit ändern. Mit internationalen Rechtsvorschriften geht das aber nicht. Deutschland kann nicht einfach Verpflichtungen lösen, die mit der europäischen Menschenrechtskonvention oder mit UN-Vereinbarungen einher gehen.
Kann die Bundeswehr das überhaupt stemmen?
Die Bundeswehr wurde nach dem Aussetzen der Wehrpflicht umstrukturiert. Mittlerweile ist sie eine reine Freiwilligenarmee mit Berufssoldaten und langdienenden Zeitsoldaten. Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, ist dagegen, das wieder zurückzubauen. Der SPD-Politiker sagt, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen würde sich "schön bedanken", wenn man ihr hunderttausende Soldaten auf den Kasernenhof stellt. "Wie soll sie die ausbilden? Dafür gibt es keine Unterkünfte, keine militärischen Verbände, keine Ausrüstung - nichts!" Kasernen, Übungsgelände und andere Gebäude wurden verkauft. Schon jetzt ist es eng mit der Unterbringung, zusätzliche Rekruten würden dieses Problem verschärfen. Für die Ausbildung müsste man zudem Fachleute aus dem aktiven Dienst herausnehmen, die dann bei den Einsätzen fehlen. Im Verteidigungsministerium heißt es denn auch: Ein Zurück wäre sehr, sehr schwierig.
Ist das finanzierbar?
Derzeit kommen jedes Jahr etwa 25.000 Männer und Frauen neu zur Bundeswehr. Darauf ist das System mehr oder weniger eingestellt. Mit einer Wehrpflicht könnten bis zu zehn Mal so viele Rekruten kommen. Damit würden auch die Kosten steigen: Für Sold, Sozialversicherung und Pensionsrückstellung, auch für die nötige Infrastruktur. Das ginge nicht ohne einen kräftigen Aufschlag auf den Verteidigungsetat - oder die Bundeswehr müsste an anderen Stellen, etwa an der Ausrüstung sparen.
Würde das die Personalprobleme der Bundeswehr lösen?
Eher nicht. Fachleute sagen: Man würde die jungen Leute ausbilden und entlassen, bevor sie der Bundeswehr echten Nutzen bringen. (Außer vielleicht den, dass sie später in einer Krise schnell eingezogen werden könnten.) Als es die Wehrpflicht noch gab, war klar: Wehrdienstleistende werden nicht ins Ausland geschickt - doch genau da, werden Soldaten gebraucht. Dem Sprecher des Verteidigungsministeriums, Jens Flosdorf, zufolge ist "ein Großteil der Truppe heute auf hochprofessionelle Einsätze eingestellt, in internationalen Bündnissen. Allein der Umgang mit Hightech-Ausrüstung erfordert mehrere Jahre Übung und Training". Um diese Fachleute zu bekommen und zu halten, will die Bundeswehr attraktiver werden. Flosdorf spricht von "Lob und Dank", also der gesellschaftlichen Anerkennung. Aber auch von handfesten Vorteilen und Anreizen für die Zeit nach dem Dienst. Das geht in Richtung Finanzen und anderer Vorteile. Die aktuelle Diskussion begrüßt das Ministerium, weil sie zumindest den Blick auf die Probleme der Bundeswehr lenke.
Würde das den sozialen Bereich entlasten?
Ein Begriff, der in der Diskussion über eine Dienstpflicht immer wieder fällt, ist der Pflegenotstand. Nach dem Motto: Wenn man junge Männer und Frauen verpflichtet, sich zu engagieren, könnte das Abhilfe schaffen. Kritiker fordern allerdings, das Problem des Fachkräftemangels politisch zu lösen. Das Ministerium für Familie und Jugend begrüßt im Prinzip die Diskussion, Ministeriumssprecher Andreas Audretsch sagt: Es sei gut, wenn Jugendliche soziale Tätigkeiten übernehmen. Denn das "fördert die Entwicklung jedes Einzelnen, das fördert aber auch den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt". Audretsch zufolge leisten derzeit rund 100.000 junge Menschen einen Freiwilligendienst. Die Auswahl dabei ist groß, viele wählen den Bundesfreiwilligendienst, es gibt ein soziales Jahr, ein ökologisches Jahr. Aber, wie der Name schon sagt: Die jungen Männer und Frauen entscheiden sich freiwillig für diese Angebote.