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EU-Austritt: Welche Folgen der Brexit für Irland haben könnte

Irland und die Angst vor dem Brexit: Welche Folgen der EU-Austritt Großbritanniens haben könnte, das erklärt Ralf Lissek von der deutsch-irischen Handelskammer in Dublin.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Bayern 2-radioWelt: Wie erleben Sie die Stimmung in Dublin?

Ralf Lissek, deutsch-irische Handelskammer, Dublin: Die Iren empfinden große Unsicherheit. Nichts ist geregelt. Was am meisten Angst bereitet, ist die Unsicherheit. Dass man keinen Plan hat auf englischer Seite und hier im gesamten Kontext nicht weiß, wie es weitergeht. Die Iren sind sehr eng verzahnt mit Großbritannien, und der große Bruder geht jetzt neue Schritte, Man weiß nicht, wie weit man mitgehen kann und welchen Einfluss das auf einen persönlich hat.

radioWelt: Das politisch sehr sensible Miteinander der Menschen, das sich in den letzten Jahren entwickelt hat, könnte das durch den Brexit wieder auseinander gerissen werden?

Ralf Lissek: Das ist ein ganz schwieriges Thema; Seit rund 20 Jahren haben wir hier einen Friedensprozess. Und das will keiner, auch Großbritannien nicht, in Frage stellen. Aber es geht um die Quadratur des Kreises: Wie will man da rauskommen, wenn man sich einerseits aus dem europäischen Umfeld - aus dem Binnenmarkt, aus der Zollunion - entfernen möchte, andererseits aber die Grenzen offen halten will? Diese Frage ist bis heute ungeklärt.

radioWelt: Lassen Sie uns konkret auf die Wirtschaft schauen: Was hieße es für Irland, wenn der Norden - wenn ganz Großbritannien - aus der Europäischen Union austritt? Wenn es zu Zollschranken käme?

Ralf Lissek: Da ist einerseits der Absatzmarkt Kontinental-Europa. Irland ist eine Exportnation und zurzeit gehen 80 Prozent aller Exporte über Lkw - über die sogenannte "Landbrücke Großbritannien" - nach Kontinental-Europa. Und diese Landbrücke will man erhalten. Das ist zur Zeit in Frage gestellt. Das ist das Wichtigste: der Absatzmarkt. Man will nicht abgeschnitten werden. Das zweite ist der eigentliche Markt Großbritannien, der für die Iren eine große Rolle spielt. Die Hälfte des eigenen Exportes von Irland, von der Republik, geht nach Großbritannien. Die Hälfte des Nahrungsmittel-Exports. Auch da weiß man noch nicht, wie es weitergeht.

radioWelt: Könnte der Brexit umgekehrt auch in manchen Bereichen positive Folgen haben für Irland ? Zum Beispiel, wenn sich Unternehmen aus Großbritannien andere Standort suchen, in der EU bleiben wollen und womöglich nach Irland umziehen?

Ralf Lissek: Das "Geschäftsmodell Irland" zielt sehr stark auf Auslands-Investitionen ab. Da kann man natürlich die Überlegung fortführen und sagen: Alle US-amerikanischen Investitionen, asiatische Investitionen, die in Zukunft im Binnenmarkt landen, da wird Irland eine große Chance haben, die auch zu bekommen. Denn es ist dann das einzig englischsprachige Land in der EU und kann somit Auslands-Investitionen anziehen, die vielleicht vorher in Großbritannien gelandet sind.

radioWelt: Als Geschäftsführer der deutsch-irischen Handelskammer, welche Folgen des Brexit sehen Sie für die Geschäfte zwischen diesen beiden Ländern, also zwischen deutschen Unternehmen und Irland?

Ralf Lissek: Wir sehen natürlich auch die Möglichkeiten, die sich bieten, den Handel zu intensivieren. Für die Iren kann es sehr interessant sein, neue Zulieferer zu gewinnen und nicht nach Großbritannien zu schauen, sondern nach Deutschland. Da werden sich neue Möglichkeiten ergeben, dass Deutsche diesen Markt Großirland neu beleben können. Man darf aber nicht vergessen, dass am Ende des Tages die irische Wirtschaft unter dem Brexit leiden wird. Das heißt: Deutsche Produkte, die wir jetzt schon verkaufen nach Irland, da kann es durchaus sein, das da auch ein Rückgang zu verzeichnen ist.