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#Faktenfuchs: Wenn die Polizei die Nationalität nicht nennt

#Faktenfuchs: Wenn die Polizei die Nationalität nicht nennt

Eine Straftat geschieht. Der Polizei ist der mutmaßliche Täter bekannt. An die Öffentlichkeit gelangt seine Herkunft manchmal trotzdem nicht. Warum die Polizei mit der Nennung der Staatsangehörigkeit unterschiedlich umgeht. Ein Faktenfuchs.

Auf einem S-Bahnhof bei München finden Reisende einen betrunkenen Jugendlichen, der reglos auf dem Boden liegt. Sie rufen die Polizei. Die Bundespolizei Bayern twittert von dem Einsatz und nennt dabei die Staatsangehörigkeit des 14-Jährigen. Ob diese Information notwendig oder bedeutsam sei, will daraufhin ein Nutzer wissen.

  • Dieser Artikel stammt aus dem Jahr 2018. Alle aktuellen #Faktenfuchs-Artikel finden Sie hier

Die Bundespolizei schreibt: "Die Nennung der Staatsangehörigkeit steht im Interesse der Öffentlichkeit. Sie wird von uns deswegen in Pressemitteilungen und Twitter grundsätzlich angegeben."

Einheitliche Regelung bei der Bundespolizei

Dass die Bundespolizei die Staatsangehörigkeit nennt, sei nichts Neues, erklärt ein Pressesprecher auf Anfrage - nicht nur von dem betrunkenen Jungen, sondern vor allem von Tatverdächtigen. Er hat dafür auch eine Erklärung: Die Bundespolizei ist nicht nur auf Bahnhöfen und Flughäfen im Einsatz, sondern auch an der Grenze. Deshalb habe sie oft mit ausländerrechtlichen Delikten zu tun (etwa mit unerlaubten Einreisen), die naturgemäß nur von Ausländern begangen werden könnten. Die Menschen würden es erwarten, so der Sprecher, im Sinne von Gleichheit und Transparenz möglichst umfassend informiert zu werden.

Davon weichen die Beamten in bestimmten Fällen ab: Aus "ermittlungstaktischen Gründen" oder wenn dadurch Persönlichkeitsrechte eingeschränkt würden, geben die Beamten die Herkunft nicht preis. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn in einem kleinen Ort nur eine Familie einer bestimmten Nationalität wohnt und sofort erkennbar wäre.

Jedes Polizeipräsidium entscheidet selbst

Bei der Landespolizei gibt es keine einheitliche Regelung, wie ein Sprecher aus dem zuständigen bayerischen Innenministerium erklärt. Hier entscheidet jedes Polizeipräsidium nach genauer Abwägung selbst, welche Informationen es veröffentlicht. Bei Strafverfahren würden sich die Beamten mit der Staatsanwaltschaft abstimmen, sagt der Sprecher.

Im Polizeipräsidium München haben die Beamten eine klare Linie definiert: Wenn ein Tatverdächtiger in Deutschland gemeldet ist, sprechen die Beamten zum Beispiel von einem Münchner, Kölner oder Berliner. Ein Sprecher der Polizei München erläutert weiter: Hat jemand seinen Wohnsitz in Deutschland, dessen kultureller Hintergrund aber Bestandteil der Tat ist (zum Beispiel bei "Ehrenmord"), dann werde dieser genannt.

Die Staatsangehörigkeit wird veröffentlicht, wenn die Person keinen Wohnsitz in Deutschland hat. In einer aktuellen Pressemitteilung spricht die Polizei zum Beispiel von einem 62 Jahre alten Rumänen ohne festen Wohnsitz in Deutschland. Voraussetzung sei aber immer, dass der Datenschutz des Verdächtigen gewahrt bleibe und die Person in ihrem persönlichen Umfeld nicht identifizierbar sei.

Neue Sprachregelung bei der Münchner Polizei

Mit der steigenden Zahl an Zuwanderern im Jahr 2015 habe die Münchner Polizei ihre Sprachregelung angepasst. Ein geflüchteter Syrer zum Beispiel, der in einer Münchner Erstaufnahmeeinrichtung wohnt und eine Straftat begeht, werde als Syrer bezeichnet, nicht als Münchner. Die Sprecher der Bundespolizei, des bayerischen Innenministeriums und der Polizei München betonen alle, dass in jedem Fall einzeln abgewogen und jedes Mal neu entschieden werden müsse, ob die Nationalität genannt werde.

Auf Nachfrage von Medien müssen die Beamten die Staatsangehörigkeit in der Regel nennen - denn sie haben im Gegensatz zu Privatpersonen einen Auskunftsanspruch gegenüber Behörden, das im Presserecht zugesichert wird.