Das kanadische Bergstädtchen La Malbaie ist ein idyllisches Fleckchen Erde, beliebt bei Sport-Touristen, die hier fischen, wandern oder Kajak fahren. Doch nun droht der Ort Zeuge einer für die Region ungewohnten sportlichen Disziplin zu werden: Eines Ringkampfs nämlich. Eines Ringkampfs unter Staaten, die sich bislang als Partner betrachteten. Doch US-Präsident Trump hat – zuletzt mit seiner Entscheidung, Zölle auf europäischen und kanadischen Stahl zu verhängen – einen Streit vom Zaun gebrochen, den es so zwischen den Vereinigten Staaten und sämtlichen anderen G7-Staaten noch nie gegeben hat.
"Dem US-Präsidenten scheint es egal zu sein, wenn er isoliert ist. Aber uns macht es auch nichts aus, wenn wir zu sechst sind. Denn diese sechs Staaten stehen für Werte, für einen Markt mit dem Gewicht der Geschichte hinter sich, der nun eine wahre internationale Kraft ist." Emmanuel Macron, französischer Staatspräsident
So die scharfen Worte des französischen Staatspräsidenten, die er anschließend extra noch einmal auf Englisch per Twitter-Botschaft verbreitete. "Kein Anführer ist von Ewigkeit" fügte Macron – ebenfalls an die Adresse Trumps gerichtet – noch an. Der Franzose traf sich vor dem G7-Gipfel mit dem kanadischen Premier Justin Trudeau, der in seiner Haltung nicht minder eindeutig ist und das Trump-Argument, Europa und Kanada würden mit ihren Exporten die nationale Sicherheit der USA gefährden, als "lachhaft" bezeichnete.
"Mit seinen nicht hinnehmbaren Aktionen tut er seiner eigenen Bevölkerung weh, amerikanische Jobs sind dadurch gefährdet." Justin Trudeau, kanadischer Premier
Trump wird G7-Gipfel vorzeitig verlassen
Dass der US-Präsident nicht gewillt ist, die heftige Kritik einfach so hinzunehmen, ist keine Überraschung: "Bitte sagt Premier Trudeau und Präsident Macron, dass sie die USA mit massiven Zöllen und nicht- monetären Hürden belegen", wehrte er sich zunächst per Twitter-Botschaft – um dann verkünden zu lassen, dass er bereits vor allen anderen und vor Ende des Gipfels wieder abreisen werde. Kommt am Samstag das Thema Klima auf den Tisch, wird Trump also gar nicht mehr dabei sein.
Hoffnungen, dass sich der US-Präsident während seiner Anwesenheit zu Zugeständnissen bewegen lassen würde, macht sich von EU-Seite niemand. Bei keinem einzigen der Streit-Themen – Handel, Iran-Atomabkommen und Klima – nähert man sich an. Daher ist äußerst fraglich, ob es überhaupt eine gemeinsame Abschluss-Erklärung geben wird. Innerhalb der G7 zeichnet sich nun eine so nie für möglich gehaltene Spaltung nach dem Muster 'Einer gegen Sechs' ab.
"Wenn die USA auf eine Form von Isolationismus zusteuern, auf eine brutale Vormachtstellung, dann entfernen sie sich von ihrer eigenen Geschichte, ihren eigenen Werten." Emmanuel Macron, französischer Staatspräsident
Merkel fordert europäische Geschlossenheit
Auf einmal scheint nichts Geringeres als die Nachkriegsordnung in Frage zu stehen. Eine Welt, so drückt es ein hochrangiger EU-Offizieller aus, die paradoxerweise von den USA aufgebaut worden sei. Dass dies alles Folgen auch für Europa und die Bundesrepublik haben wird, steht außer Frage. Kanzlerin Merkel forderte vor dem G7-Gipfel die Europäer bei einer Rede in München zur Geschlossenheit auf.
"Wenn Europa Akteur sein will, dann muss es sich halt auch wie ein globaler Akteur verhalten. Das erfordert von jedem einzelnen Anstrengung, Mut, Entschlossenheit, es kostet auch Geld." Angela Merkel, Bundeskanzlerin
Bislang hat es die EU in der Tat vermocht, bei den Themen Iran-Abkommen und US-Zölle geeint aufzutreten. Doch sollten die USA bei wichtigen Themen als Partner langfristig ausfallen, wird es auch für Europa brenzlig. Denn wirklichen 'Ersatz' für Amerika findet die EU woanders auf der Welt nicht: Mit China und Russland etwa teilt man eben nicht dieselben Grundwerte. Daher werden die Europäer auch alles dafür tun, das G7-Format irgendwie durch diese krisenhaften Zeiten hindurch zu retten.