05.11.2023, Hamburg: Auf dem Vorfeld des gesperrten Hamburger Flughafens steht eine Maschine der Turkish Airlines. Hinter der Maschine steht ein Auto, in dem der mutmaßliche Geiselnehmer mit seinem Kind sitzen soll. Ein bewaffneter Mann hält auf dem Airport seine vierjährige Tochter in seiner Gewalt. Hintergrund soll nach Polizeiangaben ein Sorgerechtsstreit sein. Foto: Bodo Marks/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Hamburger Flughafen gesperrt - Bewaffneter hat Tor durchbrochen

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Geiselnahme am Flughafen Hamburg: Flugbetrieb weiter eingestellt

Der Hamburger Flughafen ist seit Samstagabend gesperrt. Ein Bewaffneter hat laut Polizei mit seinem Fahrzeug ein Tor durchbrochen und in die Luft geschossen. Hintergrund ist wohl ein Sorgerechtsstreit, im Auto befindet sich seine vierjährige Tochter.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Wegen eines bewaffneten Manns auf dem Rollfeld bleibt der Betrieb am Hamburger Flughafen bis auf weiteres eingestellt. Die Polizei Hamburg teilte am Sonntagmorgen mit, ihr Einsatz dauere an, die Verhandlungen mit dem Mann, der ein Kind bei sich hat, würden fortgesetzt. Der Airport Hamburg erklärte auf seiner Website, es werde den ganzen Tag über zu Flugstreichungen und Verzögerungen im Flugbetrieb kommen.

Sorgerechtsstreit – Vater mit Vierjähriger auf Rollfeld

Fluggäste sollten auf Bitten der Polizei vorerst nicht zum Flughafen anreisen, hieß es. Das Gelände sei weiträumig abgesperrt. Zudem sollten Fluggäste sich laufend über den Status ihres Fluges informieren.

Nach Angaben der Bundespolizei hatte ein Bewaffneter am Samstagabend mit einem Auto mit einem Kind an Bord ein Tor zum Flughafen der Hansestadt durchbrochen, habe auf dem Rollfeld zweimal in die Luft geschossen und zwei brennende Flaschen aus dem Auto geworfen.

Nach Angaben des Sprechers hatte die Frau des Fahrers zuvor eine Kindesentziehung gemeldet. Die Beamten gehen von einem Sorgerechtsstreit aus. Am frühen Sonntagmorgen erklärte die Polizei Hamburg im Onlinedienst Twitter, ihre Verhandlungsgruppe habe "Kontakt zur Person im Pkw" und die Lage sei "weiterhin statisch".

Polizei verhandelt mit Geiselnehmer

"Wir haben Kriminalpsychologen im Einsatz und wir sprechen aktuell mit dem Täter. Wir setzen hier auf eine Verhandlungslösung", sagte eine Polizeisprecherin am Sonntagmorgen. Der Mann sei den Ermittelnden "zugewandt". Zudem sei es ein "absolut gutes Zeichen", dass er schon so lange mit den Einsatzkräften in Kontakt stehe. "Er will mit uns sprechen und das bewerten wir erst einmal als sehr positiv." Der Verdacht, dass sich noch ein zweites Kind in der Gewalt des Mannes befinde, bestätigte sich nicht. Es gebe keine Geldforderung des Mannes.

Das vierjährige Mädchen ist nach Einschätzung der Polizei körperlich unversehrt. "Wir gehen im Moment davon aus, dass es dem Kind körperlich gut geht. Das sagt uns der Blickkontakt, den wir im Moment haben, und die Telefonate mit dem Täter, da ist das Kind im Hintergrund zu hören", sagte die Polizeisprecherin am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur am Airport. Man gehe deshalb erst einmal davon aus, dass körperlich mit dem Kind alles in Ordnung sei. "Wie es seelisch aussieht, darüber mag ich nicht spekulieren", so die Sprecherin.

Sorgen um das vierjährige Mädchen

Der Geiselnehmer ist nach Einschätzung der Polizei weiterhin bewaffnet. "Aktuell müssen wir davon ausgehen, dass er im Besitz einer scharfen Schusswaffe ist und evtl. auch von Sprengsätzen unbekannter Art", schrieb die Polizei am Sonntagmittag auf X, früher Twitter. Oberste Priorität sei der Schutz der vierjährigen Tochter des Mannes, die sich in dem Auto befindet.

Die Mutter des Mädchens möchte so schnell wie möglich zu ihrer Tochter. "Die Mutter möchte natürlich so schnell es geht zu ihrem Kind", sagte der Leiter des Kriseninterventionsteams des DRK Hamburg, Malte Stüben, der Deutschen Presse-Agentur am Sonntagmittag. Die Mutter stehe in direktem Kontakt mit dem DRK und befinde sich auch am Airport.

Wegen der noch laufenden Geiselnahme könne ein direkter Kontakt derzeit nicht gewährleistet werden. "Das heißt, wir halten die Situation gemeinsam mit der Mutter aus und gucken, was die Mutter jetzt braucht, um das für sie einigermaßen erträglich zu machen", sagte Stüben. Das könnten ganz banale Dinge wie Essen und Trinken sein, aber auch Gespräche mit einer Psychologin.

Es sei auch eine Kinderärztin da, die sich um das vierjährige Mädchen kümmern soll, wenn die Geiselnahme beendet sei.

Zahlreiche Flüge gestrichen, Tausende Passagiere betroffen

"Wir können bestätigen, dass sich eine Person gestern Abend unbefugt und mit brachialer Gewalt Zutritt zum Sicherheitsbereich des Flughafens verschafft hat", erklärte eine Flughafensprecherin. "Der Flugverkehr am Hamburg Airport musste daher aus Sicherheitsgründen vorübergehend eingestellt werden." Ihren Angaben zufolge wurden am Samstagabend sechs Starts und vier Ankünfte gestrichen. 17 ankommende Flugzeuge seien umgeleitet worden. Betroffen waren demnach 27 Flugbewegungen mit rund 3.200 Passagieren.

Die Zahl der wegen der Geiselnahme am Hamburger Flughafen gestrichenen Flüge steigt weiter. Nach Angaben des Flughafens vom Sonntagvormittag sind seit dem eigentlichen Betriebsbeginn um 6.00 Uhr bis 11.00 Uhr bereits 126 Flüge gestrichen worden. Fünf Ankünfte seien zu anderen Flughäfen umgeleitet worden.

Passagiere schildern "beängstigende" Szenen

"Beängstigend", "gruselig" - so schildern Passagiere, die aus ihren Maschinen geholt wurden, ihre Eindrücke. Eine junge Frau, die am Abend nach Mallorca fliegen wollte, sagte der dpa: Sie habe ein Feuer gesehen und erst gedacht, das werde schnell wieder gelöscht. Dann habe sie gehört, es gebe einen Amoklauf, das sei schon gruselig gewesen.

Eine andere Frau, die ebenfalls nach Mallorca fliegen wollte, sagte, sie habe nur ihre Handtasche mitnehmen dürfen, als das Flugzeug geräumt wurde. Alle hätten sich dabei ruhig verhalten, aber es sei auch beängstigend gewesen, weil man nicht wusste, was los war.

Eine weitere Passagierin schilderte, dass sie beim Einsteigen gesehen habe, dass es auf dem Vorfeld brannte. Zwei Minuten vor dem geplanten Start sei dann die Durchsage gekommen: "Verlassen Sie bitte ruhig das Flugzeug". Dann hieß es plötzlich, alle sollten sich jetzt beeilen.

Mit Informationen von AFP, dpa und Reuters

Bildrechte: picture alliance/dpa | Jonas Walzberg
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Einsatzkräfte stehen mit ihren Fahrzeugen am Hamburger Flughafen.

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