Gemessen am mörderischen Streit ist das Ergebnis ziemlich dünn. Warum konnten sich CSU und CDU nicht gleich auf diese Lösung einigen? Zurückweisung für Fälle, über die man eigentlich nicht lange diskutieren muss und mehr Zeit für Angela Merkel. Das hätte man auch einfacher und vor allem verletzungsfreier bekommen können. Jetzt haben sie sich also wieder lieb. Keiner will mehr die Scheidung. Das ist ja auch schon ein Ergebnis.
Ist Seehofer eingeknickt oder war es nur guter Stil?
Inhaltlich bleibt die CSU hart, kommt aber Angela Merkel entgegen. Sie gibt ihr noch Zeit, um europäische Lösungen zu finden. Strategisch betrachtet bedeutet der aktuelle Status: Nachdem führende CSU-Politiker letzte Woche die Schützengräben für den Schwesternkrieg ausgehoben hatten, ruft die CSU jetzt den Waffenstillstand aus. Im Netz sieht mancher das schon als feigen Rückzug und schimpft Horst Seehofer einen "Einknickhofer".
Seehofer bekommt von CSU seinen Willen
Inhaltlich hat Horst Seehofer die Unterstützung bekommen, die er wollte - im Gegensatz zur Kanzlerin. Zwar wurde aus Berlin gemeldet, dass Merkel von ihrer CDU ein starkes Mandat erhalten habe, tatsächlich ist das aber auch nur eine Gnadenfrist. Seehofer kann sich dagegen auf einen wirklichen Rückhalt stützen.
CSU eint bevorstehende Landtagswahl
Die CSU eint die bevorstehende Landtagswahl, bei der sie ihren Nimbus und ihre Alleinstellung verteidigen will. Die CSU eint auch die Überzeugung, dass sie Protestwähler am ehesten wieder zurückgewinnen kann, wenn sie handelt und Fakten schafft. Ob die Rechnung aufgeht, ist fraglich. Obwohl die CSU und ihr Ministerpräsident ein Aktionspaket nach dem anderen verabschieden - inklusive Grenzpolizei und bayerische Abschiebeflugzeuge - gehen die Umfragewerte der AfD nicht zurück.
Regierungschefin auf Abruf
Aus psychologischer Sicht wird trotz der Erklärungen beider Lager deutlich, dass vor allem die Autorität der Kanzlerin gelitten hat. Seehofer kann es sich erlauben, über die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin zu lästern und seinen Satz, dass er nicht mehr mit Angela Merkel zusammenarbeiten kann, als Falschmeldung abzutun. Wer's glaubt, wird selig. Aber das ist egal. Angela Merkel ist ab jetzt eine Regierungschefin auf Abruf. Wenn sie bis Ende Juni nicht die von ihr beschworene europäische Lösung erreicht, ist sie gescheitert. Ihr Rücktritt wäre dann die richtige Konsequenz. Vielleicht ist es auch ein strategisches Ziel der CSU, diese ungeliebte Merkel loszuwerden.