Es dauert nicht lange, dann sendet Emmanuel Macron das Signal, das für Angela Merkel so wichtig ist: Der französische Präsident warb für "mehr Geschlossenheit" in der europäischen Asylpolitik: "Wir glauben an eine europäische Antwort auf die Herausforderungen, vor die uns die Migration stellt", sagte Macron nach einem Treffen mit Merkel in Meseberg. Und schob hinterher, man werde in den nächsten Stunden und Tagen eng zusammenarbeiten.
Genau das braucht Angela Merkel. Die Kanzlerin will, getrieben von der CSU, spätestens nach dem EU-Gipfel Ende Juni erreichen, dass Deutschland an seiner Grenze Flüchtlinge abweisen und in jene Länder zurückschicken kann, in denen sie registriert wurden. In diesem Ziel seien sich Frankreich und Deutschland einig, sagte Macron: "Das bestätige ich Ihnen."
Bilaterale Abkommen möglich
Dem Präsidenten zufolge sollen dafür bilaterale Abkommen möglich sein. Genau diese strebt Merkel mit anderen EU-Ländern an. Damit die Lasten der Migration sich nicht mehr auf wenige EU-Staaten beschränken, ist laut Merkel ein "effizientes System der Solidarität und Verantwortung" nötig.
Macrons Worte sind für Merkel genau die Unterstützung, die sie braucht. Die Kanzlerin steht innenpolitisch unter Druck. Denn wenn sie beim EU-Gipfel keine Ergebnisse erzielt, die die CSU überzeugen, will deren Vorsitzender Seehofer als Bundesinnenminister Zurückweisungen an den Grenzen im nationalen Alleingang vollziehen. Das lehnt Merkel entschieden ab, gestern verwies sie in diesem Zusammenhang auf ihre Richtlinienkompetenz.
Besserer Schutz der EU-Grenzen
Langfristig wollen Deutschland und Frankreich einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen. Die Grenzschutz-Polizei Frontex soll "massiv" aufgestockt werden, sagte Merkel. Sie schloss sich dem Vorschlag der EU-Kommission an, Frontex auf 10.000 Mitarbeiter zu vergrößern. "Die Schleuser und Schlepper können nicht darüber entscheiden, wer nach Europa kommt", sagte Merkel. Außerdem soll die Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern enger werden. In Nordafrika könnten, so der deutsch-französische Vorschlag an die anderen EU-Staaten, Flüchtlingszentren errichtet werden.
Ziel ist, dass Flüchtlinge sich gar nicht mehr auf das Mittelmeer nach Europa begeben. "Denn das humanitäre Risiko beginnt genau dann, wenn man die Küste verlässt", sagte Macron.
Für jene Flüchtlinge, die doch europäisches Festland erreichen, soll es ein einheitliches Asylsystem geben. "Die Asylstandards müssen angeglichen werden", betonte Merkel. Dadurch soll die Migration von Flüchtlingen innerhalb Europas gebremst werden.
Investitionsoffensive in Europa
Im Gegenzug für seine flüchtlingspolitische Unterstützung kann der französische Präsident seinerseits auch einen Verhandlungserfolg verbuchen: Es soll eine milliardenschwere Investitionsoffensive für Europa geben. Dafür soll die Eurozone ein eigenes Budget erhalten. Es soll in die Haushaltsplanungen ab 2021 eingebaut werden, wie Macron ankündigte. Der bisherige Euro-Rettungsschirm ESM soll zu einem europäischen Währungsfonds umgewandelt werden. Dadurch soll der Euro gegen Finanzkrisen besser gewappnet sein.
Die Kanzlerin und ihr Gast zeigten sich nach ihrem Gespräch gleichermaßen zufrieden mit den Kompromissen. "Wir schlagen in der ganzen Breite ein neues Kapitel auf", sagte Merkel. Die Ergebnisse des deutsch-französischen Treffen sind in einer "Meseberger Erklärung" festgehalten. Sie soll dem anstehenden EU-Gipfel als Grundlage dienen.