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Abstimmung vor dem SPD-Parteilogo.

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SPD stimmt über GroKo-Verhandlungen ab

Auf ihrem Bundesparteitag in Bonn entscheidet die SPD heute darüber, ob sie mit der Union über die Neuauflage der Großen Koalition verhandelt. Die Sozialdemokraten sind in der Frage tief gespalten. Eine Einschätzung von BR-Chefreporter Stephan Mayer.

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Es geht um Deutschland, um Europa, um die Glaubwürdigkeit der Volksparteien, um die Gestaltung von Politik, um Regierungsmacht. Es ist ein Schicksalstag, es geht um die politische Zukunft von Spitzenpolitikern, um eine Zerreißprobe und ums Überleben. Ich erinnere mich an keinen Parteitag in den vergangenen Jahrzehnten, der mit so vielen Attributen versehen wurde. Und trotzdem: es ist ein Sonderparteitag der SPD zur Abstimmung über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen für eine Große Koalition. Mehr nicht.

Es ist die Einbindung einer Parteibasis in eine weitreichende Parteientscheidung und es wird am Ende ein demokratisches Ergebnis heraus kommen. Und die Welt wird sich am Tag danach auch weiterdrehen, falls die Basis der SPD eine GroKo abgelehnt haben sollte. Gleichwohl gehen Deutschland und die Volksparteien dann noch mehr in eine unsichere Zukunft.

Appelle statt Reden

600 Delegierte und der 45-köpfige SPD-Vorstand werden in den Bonner Rheinauen entscheiden, ob es eine zweite Große Koalition in Folge geben wird. Mit Angela Merkel als Bundeskanzlerin und voraussichtlich Martin Schulz als Vizekanzler. Tagungsort ist das deutsche „World Conference Center“ mitten im ehemaligen Bonner Regierungsviertel. Um 11.00 Uhr geht’s los, um 16.00 Uhr ist Schluss. Dazwischen wohl mehr Appelle statt Reden von den Spitzenpolitikern der SPD, die zusammen mit ihren Unionskolleginnen und –kollegen das erste Papier zur Fortsetzung einer großen Koalition ausgehandelt haben.

Die Delegierten sind nicht an Beschlüsse von Landesparteitagen oder von Vorständen gebunden. Und es wird öffentlich abgestimmt. Alle Beobachter – und das gilt dank Fernsehübertragung für die ganze Welt – alle werden sehen können, wer einer großen Koalition zustimmt oder nicht. Denn bei der SPD werden nur Personen geheim gewählt. Sachentscheidungen treffen die Delegierten, indem sie ihre Stimmkarten hoch halten. Dieser öffentliche „Showdown“ wird Druck erzeugen auf die Delegierten, jedenfalls mehr als wenn sie sich hinter einer geheimen Abstimmung verstecken könnten.

Wie viel Einfluss haben die Jusos?

Die große Unbekannte ist der Einfluss der Jusos. Denn der Nachwuchs unter der Führung des Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert hat jeden Tag der letzten Woche noch genutzt, gegen eine Neuauflage der Großen Koalition Stimmung zu machen. Im Gegenzug haben SPD-Chef Martin Schulz und seine Kolleginnen und Kollegen im Vorstand eine regelrechte Werbetour für die GroKo hinter sich. Es muss ein Privileg der Jugend sein, Aufbruch, Veränderung und einen Neuanfang zu fordern. Das war zwischen den Zeilen die Botschaft der Jusos in vielen Demos, Parteiveranstaltungen und in Talk-Shows. Klar ist aber auch: es werden am Ende die Nachkommen der SPD gewesen sein, die im Falle einer Ablehnung der GroKo ihre gesamte Parteiführung, wenn nicht sogar die alte deutsche Sozialdemokratie an den Rand des Abgrundes gebracht haben.

Hitzige Debatten erwartet

Eine Mehrheit der SPD für Koalitionsverhandlungen mit der Union ist also keineswegs sicher. Außerdem könnte es zu hitzigen Diskussionen kommen, nachdem die zwei mächtigen Landesverbände Hessen und Nordrhein-Westfalen Anträge zur Nachbesserung zugunsten der SPD einbringen werden.

Der Wetterbericht kündigt winterliches Wetter in den Bonner Rheinauen an. Für die Führung der SPD aber dürfte sich das in ihrer momentanen Situation eher wie eine drohende Eiszeit anfühlen.