Laut dem Umweltbundesamt (UBA), das die Studie in Auftrag gegeben hat, waren im Jahr 2014 mehr als eine Million Krankheitsfälle auf Stickstoffdioxid in der Luft zurückzuführen. Und: 6.000 vorzeitige Todesfälle gehen laut Studie auf das Konto von Stickstoffdioxid. Zahlen, die nach Ansicht der UBA-Präsidentin Maria Krautzberger Bände sprechen:
"Es muss uns gelingen, in den nächsten Jahren die Grenzwerte einzuhalten und weiter nach unten zu kommen. Stickstoffdioxid ist kein isoliertes Umweltproblem, sondern es steht stellvertretend für eine Reihe weiterer Probleme, die mit unserer Mobilität zusammen hängen." Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes
In den Städten ist vor allem der Verkehr schuld an der Stickoxid-Belastung
In 66 Kommunen wurden laut Umweltbundesamt im vergangenen Jahr die Grenzwerte für Stickoxide überschritten. Stickoxide entstehen bei der Verbrennung von fossilen Stoffen, also durch Heizungen, Industrieanlagen und im Verkehr. In den Städten sind laut Umweltbundesamt der Verkehr und hier vor allem Diesel-Fahrzeuge die Hauptverursacher für die Stickoxidbelastung.
Krautzberger fordert eine andere Mobilität für die Städte mit weniger Individualverkehr, dafür mehr ÖPNV und mehr Angeboten für Radfahrer und Fußgänger. Erst vor zwei Tagen hatte Krautzberger die Diskussion um die blaue Plakette für Diesel-Autos neu angestoßen und eine hellblaue und dunkelblaue Plakette je nach Schadstoffausstoß vorgeschlagen. Bei der Vorstellung der Studie will sie nichts mehr dazu sagen.
Ballungsräume besonders belastet
Für die Studie haben sich die Wissenschaftler die Situation in München, Berlin und im eher ländlich geprägten Brandenburg angesehen. Wenig überraschend: Krankheits- und Todesfälle häufen sich in den Ballungsräumen, in München ist die Gesundheitsgefahr am größten.
Die Forscher geben aber zu: Im Einzelfall beweisen lässt sich der Zusammenhang zwischen Todesfall und Stickoxidbelastung nicht. Myriam Tobollik, die die Studie beim Umweltbundesamt wissenschaftlich betreut hat, spricht von einem Rechenmodell. Die 6.000 Todesfälle seien eine statistische Größe.
"Wir wollen diese Genauigkeit nicht vorgaukeln, sondern wir wissen: Es ist ein mathematisches Modell, das wir hier angewendet haben. Wir wollen aber mit dieser Zahl einen Hinweis geben: Stickstoffdioxid ist eine Belastung für unsere Gesundheit." Myriam Tobollik, Umweltbundesamt
Bundesverkehrsministerium will keine neuen Maßnahmen
Die Forscher haben den Zeitraum zwischen 2007 und 2014 untersucht. Die Krankheits- und Todesfälle, die sie mit Stickoxid in Verbindung bringen, gehen in dieser Zeit zurück. Löst sich das Problem also doch von selbst, zum Beispiel durch saubere Motoren? Nein, sagt die Umweltbundesamt-Chefin Krautzberger, denn die Entwicklung reiche nicht aus, um die Grenzwerte an hochbelasteten Standorten einzuhalten. Sie will keine Entwarnung geben. Die Grünen und Umweltgruppen wie der BUND sprachen in ihrer Reaktion auf die neue Studie von einem Alarmsignal.
Das Bundesverkehrsministerium sieht allerdings keinen Anlass für neue Maßnahmen. Es verweist noch einmal auf das Sofortprogramm "Saubere Luft" in Höhe von einer Milliarde Euro und bleibt dabei: Mehr E-Mobilität – ja. Fahrverbote – nein.