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Praktische Übung der Bundeswehr

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Vergleich der Wahlprogramme: Welche Sicherheit wollen wir?

Die Krisen weltweit nehmen zu, unter Trump ist der Partner USA unberechenbarer geworden, Russland drängt mit Macht auf die internationale Bühne. Die Parteien, geben auf die veränderte Lage unterschiedliche Antworten. Von Birgit Schmeitzner

Wenn man die sicherheits- und verteidigungspolitischen Positionen der Parteien vergleicht, ergibt sich ein Muster. Radikale Prinzipien schleifen sich in der Realpolitik ab. Der Experte für Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik findet, dass es Parteien wie den Linken und der AfD viel leichter fällt, radikale Positionen zu beziehen.

"Wenn man noch nie zumindest auf Bundesebene in der Regierungsverantwortung gestanden hat, nie seine parteipolitischen Positionen an der Realität messen lassen musste, dann ist es natürlich vergleichsweise einfach und es erklärt, warum sich in der Mitte eine Art außenpolitischer Mainstream herausgebildet hat." Markus Kaim, Experte für Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik

Grundsätzliches Bekenntnis zu EU und NATO

Die Parteien, die bereits im Bund regiert haben, sind für die EU und für die NATO. Sie sehen die europäische Integration als gut für Deutschland an und betrachten die NATO weiter als wichtiges transatlantisches Bindeglied, auch wenn US-Präsident Trump ein unberechenbarer Partner ist. Insgesamt ist die FDP näher an den Aussagen der Union, die Grünen liegen näher an der SPD.

Maximalforderungen und Betonung deutscher Interessen

Anders sieht es an den Rändern des politischen Spektrums aus: Die Linken erheben Maximalforderungen: Sie würden alle Soldaten von Auslandseinsätzen abziehen und die NATO umbauen oder, wenn das nicht geht, gleich ganz abschaffen. Die AfD sieht die USA zwar als wichtigen Partner, fordert aber eine stärkere Stimme der Europäer in der NATO – wobei es der Partei letztlich darum geht, im Militärbündnis deutsche Interessen durchzusetzen.

Wie groß muss der Wehr-Etat sein?

Mit Ausnahme der Linken sehen die Parteien die Notwendigkeit, die Bundeswehr besser auszustatten. Wie viel das in Zahlen bedeutet, wird über ein plakatives Wahlkampf-Thema diskutiert: Das "Zwei-Prozent-Ziel“. Gemeint ist der Anteil der Wirtschaftsleistung, der für Verteidigung ausgegeben wird. Das sind in Deutschland derzeit rund 1,2 Prozent des BIP, das entspricht 37 Milliarden Euro.

Zusage auf dem NATO-Gipfel in Wales

Die Union steht zu dem deutschen Bekenntnis zum NATO-Ziel, die Ausgaben für Verteidigung bis zum Jahr 2024 "schrittweise in Richtung zwei Prozent“ der Wirtschaftsleistung zu erhöhen.

"Dieser Beschluss dient unserer eigenen Sicherheit vor Gefährdungen von außen. Er wurde vom Bündnis einstimmig […] gefasst und seinerzeit von der gesamten Bundesregierung, von CDU, CSU und SPD, mitgetragen. Seine Umsetzung ist auch eine Frage der Verlässlichkeit." Wahlprogramm von CDU/CSU

Unterstützung kommt von der FDP, sie argumentiert: Deutschland habe eine "Verantwortung als europäische Mittelmacht“. Die Liberalen sind der Ansicht, dass Deutschland entsprechend seiner Wirtschaftskraft international mehr Verantwortung übernehmen muss.

"Unnötig und unrealistisch“

Die Sozialdemokraten haben zwar als Regierungspartei den NATO-Beschluss mitgetragen, wollen aber jetzt keine konkrete Festlegung mehr. Es gebe zwar Lücken bei Material und Personal, die müsse man natürlich schließen. Eine Steigerung der Ausgaben auf 2 Prozent des BIP werde es mit der SPD nicht geben.

"Wir wenden uns entschieden gegen völlig unnötige und unrealistische Steigerungsraten des deutschen Verteidigungshaushaltes." Wahlprogramm der SPD

Ähnlich kritisch sind die Grünen. Sie schlagen vor, dass Deutschland lieber mehr Geld in Vorbeugung stecken sollte: also Krisenherde frühzeitig erkennen und verhindern, dass sie zu großen und teuren Problemen werden.

Ganz anders die Dagegen sagt die AfD: Deutschland muss mehr Geld ausgeben, damit die Bundeswehr gewappnet sei für "Einsätze mit höchster Intensität“.

"Die deutschen Streitkräfte sind so zu reformieren, dass deren Einsatzbereitschaft auch bei Einsätzen mit höchster Intensität gewährleistet ist." Wahlprogramm der AfD

An wie viel Geld die AfD konkret denkt, sagt sie nicht. In ihrem Wahlprogramm ist von "umfangreichen materiellen Veränderungen“ die Rede.

Für den SWP-Sicherheitsexperten Markus Kaim ist die Zahl auch eigentlich unerheblich. Die Welt sei unsicherer geworden, die sicherheitspolitische Ordnung der vergangenen Jahrzehnte sei ins Wanken geraten. Das löst Fragen danach aus, welche Sicherheit Deutschland braucht, wie man sie erreicht und was sie uns wert ist. Tiefgründige Antworten auf dieses komplexe Thema sind im Wahlkampf aber Mangelware.