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Der "Grand Macabre"

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Bunte Särge, cooler Tod: "Le Grand Macabre" in Meiningen

Bunte Särge, cooler Tod: "Le Grand Macabre" in Meiningen

Der Weltuntergang wird abgesagt in György Sándor Ligetis Oper "Le Grand Macabre": Halb Fastnachtsspiel, halb Totentanz, vor allem aber Satire auf Macht und Ohnmacht der Menschen. Für das kleine Meiningen ein Wagnis. Nachtkritik von Peter Jungblut.

Vielleicht beginnt der Weltuntergang ja wirklich mit Fahrradklingeln, Hupen und Tröten, wer kann das schon so genau wissen? Nicht mal der Tod persönlich, der "Große Makabre", kann hellsehen, wie sich beim ungarischen Komponisten György Sándor Ligeti (1923 - 2006) herausstellt. Der Komet, der auf die Erde zurast, fliegt dann doch knapp vorbei. Oder etwa nicht? Sind auf dem Friedhof womöglich doch alle tot?


Der Tod bleibt unangenehm nüchtern


Vieles bleibt unklar in in dieser bösen, bitteren, bizarren und beiläufigen Endspiel-Satire, in dieser komischen Oper von Tod und Verwüstung. Ein herrlich schwarzhumoriger Spaß zwischen Dada, Klamauk, Totentanz und Fastnachtsspiel. Wenn der Tod seinen Gaul sattelt, mit Sense und Trompete loszieht, hier und da Schrecken verbreitet, letztlich aber ein cooler Typ ist, dann denken bayerische Theaterzuschauer natürlich sofort an den Brandner Kaspar. Und tatsächlich: Auch in Ligetis "Grand Macabre" verachtet der ausgemergelte Sensenmann die Spirituosen nicht, bleibt dabei aber unangenehm nüchtern.


Moderne hat es in Meiningen schwer


1978 kam die Oper in Stockholm heraus, wurde 1996 gründlich überarbeitet und seitdem mehrfach inszeniert, zuletzt am Theater Luzern in der Schweiz. Diese Fassung kam jetzt als Koproduktion ins thüringische Meiningen, aber nur für ganze zwei Aufführungen. Grund dafür: Die fränkischen Opernfreunde zwischen Schweinfurt und Bad Neustadt, die sonst in Meiningen treue Gäste sind, fremdeln mit modernen Werken. Mit Ligeti lässt sich das große Haus in der Provinz schwer füllen.


König Gogo und Geheimdienstchef Gepopo


Umso erfreulicher war es, dass die Reihen zur Premiere fast voll besetzt waren und kaum jemand vorzeitig ging: Ganz im Gegenteil, das Publikum feierte tatsächlich die sparsam ausgestattete, aber fesselnde Produktion in der Regie von Herbert Fritsch. Der gehört längst zu den meist beschäftigten Künstlern seines Fachs und ist bekannt für seine Slapstick-Inszenierungen. Fast alle Stücke werden beim ihm zur grellen Farce. Mit Ligetis "Le Grand Macabre" liegt er da ganz richtig. Das absurde Breugelland, in dem der Weltuntergang stattfinden soll, wird vom eitlen König Go-Go regiert, der zwei unfähige Minister und seinen Geheimdienstchef Gepopo auf Trab hält.


Fingerschnalzend in den Sarg


Fritsch zeigt das alles als farbenfrohen Karneval. Als sein eigener Ausstatter belegte er die gesamte Bühne mit dem umfangreichen Schlagwerk und den Harfen. Die Musiker tragen Glitzer-Roben. Davor sieben Särge in Regenbogenfarben und ein roter Abgrund. Fingerschnalzend legen sich alle Mitwirkenden am Ende in ihre Erdmöbel, bis die Bühnenarbeiter die Deckel drauflegen. Nekrotzar, wie sich der Große Makabre hier nennt, sagt bye, bye und verschwindet: Frustriert vom Eigensinn der Menschen, amüsiert von ihrer Zuversicht. Am Ende kommt doch alles anders! Opernfans können bei Ligeti übrigens jede Menge Zitate entdecken, von Jacques Offenbach bis Richard Strauss - die detektivische Lust wird angestachelt. Unter den Sängern überzeugten Claudio Otelli in der Titelrolle, Robert Maszl als dessen devoter Diener und Diana Schnürpel als gockelhafte Geheimdienstministerin, aber auch alle anderen waren bestens aufgelegt und geprobt. Und das Orchester, das in Meiningen so selten Gelegenheit hat, moderne Werke zu spielen, brillierte unter Leitung von Philippe Bach mit intelligentem Witz und dem Mut zum ganz schrägen Sound.


Wieder am 30. September.