Ein Film, der schon vor seinem Start berühmt wurde: Kevin Spacey hatte die Rolle des Milliardärs John Paul Getty gespielt, doch als im Oktober 2017 Belästigungsvorwürfe gegen ihn laut wurden, entschloss sich Regisseur Ridley Scott ("Alien"), alle Szenen mit Spacey herauszunehmen und mit dem kanadischen Schauspieler Christopher Plummer (Bild) nachzudrehen. Der Film kam deshalb mit ein paar Wochen Verspätung in den USA ins Kino. Nun läuft „Alles Geld der Welt“ auch bei uns an.
Der Film hält sich sehr eng an die wahre Geschichte einer Entführung, die 1973 viel öffentliche Aufmerksamkeit erregte, vor allem in der Klatsch-Presse. Mitglieder der Gangster-Organisation „Ndràngheta“ entführten John Paul Getty III, den 16-jährigen Enkelsohn des damals reichsten Mannes der Welt, des Öl-Milliardärs John Paul Getty.
"Wie viel würden Sie bezahlen?" - "Gar nichts!“
Die Gangster melden sich bei der Mutter des Entführten - Gail Harris, eine selbstbewusste Frau, die schon lange keinen Kontakt mehr zu ihrem Schwiegervater hat. In Rückblenden erleben wir, dass sie nach der Trennung von ihrem Mann, dem Sohn des Milliardärs, bereitwillig auf eine „Abfindung“ verzichtet, um sich dem Einfluss der Getty-Familie zu entziehen. Denn der alte Milliardär, gespielt nun vom inzwischen 88-jährigen Christopher Plummer, ist ein Scheusal. Der reichste Mann der Welt wirkt in diesem Film wie eine bösartige Variante von Dagobert Duck. Geld geht ihm über alles, und so ist es kein Wunder, dass er sich Reportern gegenüber weigert, seinen Enkelsohn auszulösen.
„Wenn ich die geforderte Summe bezahle, habe ich bald 14 entführte Enkelkinder." - "Sie sind bekannt dafür, ein knallharter Verhandlungspartner zu sein." - "Ja, aber wenige Dinge sind es wert, den vollen Preis zu bezahlen, finden Sie nicht?" - "Wie viel würden Sie bezahlen?" - "Gar nichts!“
Plummer spielt Getty als verbohrten Prinzipien-Reiter, der jede emotionale Verantwortung seiner Familie gegenüber strikt von sich weist. Die verzweifelte Lage seiner Ex-Schwiegertochter lässt ihn kalt. Immerhin schaltet er einen seiner Berater in die Sache ein, den Ex-CIA-Agenten Fletcher Chase. Der wird gespielt von Action-Profi Mark Wahlberg. Und mit ihm wird aus dem anfänglichen Familiendrama dann doch so etwas wie ein Thriller.
Plummer hat sich seine Oscar-Nominierung verdient
Die leidende Mutter, der eiskalte Großvater, der nüchterne Vermittler - in diesem Spannungsfeld funktioniert diese Geschichte, aus der am Ende niemand gut herauskommen wird. Ridley Scott hat sich viel Zeit genommen, die Charaktere seiner Protagonisten herauszuarbeiten. Und so erleben wir Menschen, die eben alle ihre Gründe und Motive haben, aber kaum zu einer Einigung kommen.
Scott gelingt es dank cleverer Montage und solider Schauspieler, die Spannung einer Geschichte aufrecht zu erhalten, deren Ausgang wohlbekannt ist. Und die Ausstatter haben es geschafft, die Stimmung der 70er Jahre zwischen Popkultur und Spießigkeit auf der Leinwand sichtbar zu machen. Christopher Plummer hat sich seine Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller hier wirklich verdient. Kevin Spacey hätte der Figur wahrscheinlich eine sarkastischere Note verliehen, die aber hier gar nicht nötig ist. Eigentlich ist „Alles Geld der Welt“ aber weder Krimi noch Familiengeschichte, sondern vielmehr ein zeitloses Drama um Macht und Menschlichkeit, das eindrücklich zeigt: Geiz ist absolut nicht geil.