In den 1950er Jahren, da schwappte neben Rock'n'Roll auch die Do it Yourself-Welle in die junge Bundesrepublik. Anfangs noch als „Stümperei“ belächelt, trat das eifrige Selbermachen bald in die Mitte der Wirtschaftswunder-Gesellschaft. Der Historiker Jonathan Voges, nach eigenen Aussagen selbst eher ein Mann mit zwei linken Händen, nahm sich des Themas an und schrieb eine mehr als sechshundert Seiten dicke Doktorarbeit über den Siegeszug des deutschen Heimwerker-Booms. Und nun hat Voges seine Erkenntnisse auch für ein Buch aufbereitet.
Vatis Heimarbeit und Muttis Hausarbeit
Anfangs war das „Heimwerkern“ noch ganz Vatis Domäne, erzählt der Autor bei einem Treffen, und blättert in einer historischen Heimwerkerbroschüre:
"Auf dem Cover sieht man direkt, wie ein älterer Herr und eine junge Frau heimwerken. Sehr deutlich wird, dass der Mann die Maschine in der Hand hält. Während die Frau – interessanterweise mit Lippenstift – anzeichnet, wo Löcher gebohrt werden sollen..."
„Heimwerken“ war Teil eines bürgerlichen Idylls, das Solidität und gleichzeitig Kreativität ausstrahlte. Papas Heimarbeit und Mamas Hausarbeit gingen Hand in Hand, so wollte es das Klischee der Aufbaujahre. Seit Ende der 1960er Jahre wurde aus dem häuslichen Trend eine Massenbewegung. Heimwerkermärkte großen Stils schossen wie Pilze aus dem Boden: Jedermann bohrte, dübelte und reparierte.
BRD und Bohrmaschine - eine Kulturgeschichte
Die Branche wuchs zu einem Milliarden-Geschäft: Do it yourself wurde zur Freizeitbeschäftigung, das die Wirtschaft ankurbelte und die eigenen vier Wände zur Kreativzentrale umfunktionierte. Voges Betrachtung endet mit der deutschen Wiedervereinigung – und gibt somit ein geschlossenes Bild einer glorreichen Ära des Hämmerns und Bohrens.
Jonathan Voges: "Selbst ist der Mann. Do it Yourself und Heimwerken in der Bundesrepublik Deutschland". Wallstein Verlag, 2017. 54 Euro.