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Vom Rausch und Beat der Straße: "On the road" in München

Vom Rausch und Beat der Straße: "On the road" in München

Es ist das berühmteste und längste Manuskript Amerikas: In einem dreiwöchigen Amphetamin-Rausch schrieb Jack Kerouac 1957 seinen Roman "On the road" auf eine 40 Meter lange Papierrolle. In München wurde daraus cooles Jazz-Theater. Von Peter Jungblut.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Hinter den Weibern ist er her, scharf auf Drogen, Bebop-Musik und Abenteuer: Jack Kerouac streunte mit coolen Kumpels wie Allen Ginsberg, William S. Burroughs und Neal Cassady kreuz und quer durch die Staaten, immer "unterwegs" (so der deutsche Titel des Romans "On the road"). Am Ende knallte Kerouac die ganze Geschichte in drei Wochen aufs Papier - und schuf einen Mythos, den Mythos vom Leben gegen den Alltag, gegen die Langeweile, gegen Pflicht und Ordnung. An den Münchner Kammerspielen inszenierte der ungarische Regisseur David Marton jetzt eine Theaterfassung - mit Jazzmusikern und Schauspielern.


Wellblechhütte zum Pennen und Mampfen


Es wird also viel gegroovt auf der Bühne: Die gestopfte Trompete quäkt sehnsüchtige Weisen, ein elektrisches Glockenspiel klimpert im Rhythmus der Lokomotive, die E-Gitarre sorgt für Aggression und die Pauke für den großen Effekt. Musik, das ist klar, ist die Energiequelle für das Leben "unterwegs" - Musik und Sex. Das zeigen Marton und seine Ausstatterin Amber Vandenhoeck in Sepia-Farben der vierziger Jahre - alles braun in braun, eine verblichene Welt. Rundum bühnenhohe Brandmauern, davor eine Wellblech gedeckte Hütte, ein Provisorium zum Pennen, Mampfen und Lieben. Ja, dieses Lebensgefühl ist tatsächlich weit weg von unserer vollkontrollierten Gegenwart, wo sich schon Abiturienten ins Flugzeug setzen und einmal um die Welt jetten. Ohne Bebop und Abenteuer!


Apple Pie und Greyhound-Bus


Mit viel Willen zur Ironie erledigt Regisseur Marton seine Arbeit: Die berühmte Papierrolle, sie wird immer wieder symbolisch auf die Bühne gefahren. Die Schauspieler (u.a. Julia Riedler, Michael Wilhelmi und Thomas Schmauser) reißen sich um sie, verschlingen sie, zerschreddern sie, stopfen sich mit ihr voll. Und dazu wirft eine Spießerin ihren amerikanischen Apple Pie durch die Luft. Die heiße Mexikanerin im Greyhound-Bus, sie ist unnahbar, Hollywood auch nur ein großer Parkplatz mit Klo, Denver öde und Chicago weit. Amerika, warum bist du so eine Enttäuschung? Vom letzten Dollar kauft Sal Paradise zehn Salami-Brote, um einmal sicher durchs Land zu kommen. Aber er hungert eigentlich nach Jazz und Swing.


Wehmütig und brav statt ekstatisch


Reichlich wehmütig und etwas brav, dieser knapp zweistündige Abend in der doch sehr betulichen Übersetzung von Thomas Lindquist. Keine Spur mehr von wilder Ekstase und gieriger Sehnsucht, trotz anfänglichem Remmidemmi. Dennoch ein gelungenes "On the road"-Projekt, denn es lesen ja angeblich nur noch zwanzig Prozent der Bevölkerung. Die anderen sind mit dieser Jack Kerouac-Show gut bedient.


Wieder am 29. September und 1. Oktober.