Wie werden wir wohnen? Wie sollen, wie wollen wir unsere eigenen vier Wände künftig gestalten? Braucht jeder zwingend ein "eigenes Reich" für sich allein – oder wäre vielen mit einem Wohnen zusammen mit anderen nicht sogar geholfen, etwa, wenn man alt oder krank ist? Und wie wichtig ist das Thema Wohnen überhaupt – etwa für den sozialen Frieden? Lauter spannende Fragen, mit denen sich heuer das Rahmenprogramm des Augsburger Friedensfests beschäftigt. Im "Wolkenkuckucksheim", dem utopischen Wohnlabor, wird diskutiert.
Seit sieben Jahre zusammen
Beim gemeinsamen Brunch im Innenhof des Grandhotel Cosmopolis sind die Besucher gleich mittendrin im Wolkenkuckucksheim“, denn das Grandhotel ist selbst ein preisgekröntes Wohnprojekt. Künstler haben das alte Seniorenheim mitten im Augsburger Domviertel umgebaut zu einer "sozialen Skulptur"; ein Teil ist offizielle Flüchtlingsunterkunft, zum Teil Hotel und zum dritter Teil bietet Platz für Malern und Musiker, es gibt ein Cafe und täglichen Mittagstisch für jeden, der sich dazusetzen mag.
"Uns wurde am Anfang auch gesagt, das wir eine 'Utopie' sind, aber wir leben jetzt schon seit sieben Jahren zusammen." Susi Weber
Susi Weber organisiert das „Wolkenkuckucksheim-Programm“, das verschiedene Wohnideen vorstellt, wie etwa die Tiny Houses, Mini-Häuser mit gerade mal 15 qm Wohnfläche.
"Wo es darum geht, mobil eine andere Form von Wohnen auszuprobieren, braucht man ein Schlafzimmer, wo nur geschlafen wird, braucht jedes Haus eine Küche?" Susi Weber
Innen ist es grün
Neben diesen individuellen "Kleinstzellen" spielen auch kollektive Formen des Wohnens eine Rolle, wie etwa Baugruppen, wenn also mehrere Familien zusammen ein Haus nach ihren Vorstellungen bauen. Neu entdeckt werden gerade auch die Baugenossenschaften, die gerade in Augsburg eine lange Tradition haben, sagt Hilde Strobl , Kuratorin am Architekturmuseum München.
"Das hat damit zu tun, dass Augsburg eine Industriestadt war, viele Werkswohnungen, so dass Augsburg so viele Konzepte erprobt hat." Hilde Strobl
Beispielhaft ist da etwa der Schuberthof direkt hinter dem Hauptbahnhof, im Stil der Neuen Sachlichkeit gemacht, klar strukturiert aber einladend, kleine und große Wohnungen liegen hier nebeneinander, es gibt Schattenspendende Bäume im Innenhof, einen Spielplatz mit Sitzbänken drumherum, das gesamte Ensemble wirkt luftig und großzügig, und liegt doch mitten in der Innenstadt.
"Und hier innen drin ist es grün, Balkone, Wohnanlage aus den 20er Jahren, das Ziel war damals ein modernes Wohnen zu schaffen, wichtig ist die gute Mischung." Hilde Strobl
Reibereien und Neid-Diskussionen
Zukunftsplanung im Rückgriff auf alte Konzepte? Warum nicht wenn es funktioniert. Besser als der derzeitige Trend, am Reißbrett ganze Viertel nur für eine ganz bestimmte Käuferschicht zu planen. Denn war leider oft vergessen wird: Wohnen hat immer etwas mit sozialen Frieden zu tun, der überhitzte Wohnungsmarkt in den Großstädten führt zu Reibereien, Neiddiskussionen, viele fühlen sich an den Rand gedrängt, weil sie den Wohnraum dort, wo sie leben wollen, nicht mehr bezahlen können. Eine Rückbesinnung auf das genossenschaftliche Bauens könnte da viel Spannung rausnehmen, wenn Kommunen bei jedem Neubaugebiet dafür Flächen ausweisen. Die Macher des Wohnlabor hoffen daher, dass sich bis zum Ende des Woche bereits genügend Interessenten für ein gemeinsame Baugenossenschaftsprojekt zusammenfinden. Das wäre kein Wolkenkuckucksheim mehr, sondern schon ein Grundstein. Die ganze Woche noch gibt es im Wohnlabor im Grandhotel Cosmopolis in Augsburg noch Veranstaltungen zum Thema Wohnen.