In ihren Romanen und Erzählungen widme sich die 47-Jährige der Jury zufolge "Außenseitern und Heimatlosen, prekären Existenzen und Menschen auf der Suche und trifft damit schmerzlich den Nerv unserer Zeit", teilte die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung am Dienstag in Darmstadt mit. "Schonungslos nimmt sie die Verlorenheit von Großstadtnomaden in den Blick und lotet die Abgründe innerer und äußerer Fremdheit aus", heißt es in der Begründung der Jury. Dies geschehe suggestiv und kraftvoll, bildintensiv und spannungsgeladen.
Entscheidend für die 1971 im ungarischen Sopron geborene Schriftstellerin sind ihre Kindheits-und Jugenderfahrungen: die Erfahrung der Angst, gegen die Angst kämpfen zu müssen, die das Leben in der Diktatur - im "Angstland", wie sie sagt - mit sich bringt.
"10 Jahre lang war das mein Mantra. Ich habe keine Angst, ich habe keine Angst. Das war nach den ersten 18 Jahren meines Lebens, die ich in Angstland verbracht habe. Unter anderem Namen: kommunistische Diktatur in Mittel-Ost-Europa. Angst zu haben war da quasi Bürgerpflicht. Freiwillige Mehrarbeit. Jeden Tag Subbotnik. Ich zählte die Tage", erzählt sie.
Spezialistin der Gefühlswelten bedrängter Menschen
Terézia Mora wird zur Spezialistin von Gefühlswelten bedrängter, in die Enge getriebener Personen, die immer wieder von der Sehnsucht nach einem anderen Leben angetrieben werden, aber scheitern. Präzise, mit Sinn für Rhythmus und Melodie entwirft sie das reiche Seelenleben ihrer Romanhelden. Es sind meist Sonderlinge ‚Einzelgänger, einsame Menschen, die mehr schlecht als recht gegen die Trostlosigkeit des Daseins und ihre Melancholie ankämpfen, aber nicht resignieren. Es sind Aliens, Verlorene, die auch den Titel ihres jüngsten Erzählbandes bestimmen: "Die Liebe unter Aliens“ (2017).
Bachmann-Preisträgerin
Anders als ihre Figuren, hat ihre Schöpferin bald großen Erfolg: 1999 erhält Terézia Mora für ihren ersten Roman Seltsame Materie den Ingeborg-Bachmann-Preis - die erste von vielen Auszeichnungen, darunter auch 2013 der Deutsche Buchpreis für den Roman „Das Ungeheuer“ und 2017 den Bremer Literaturpreis für ihren Erzählungsband „Die Liebe unter Aliens“.
Außer Romanen und Erzählungen verfasste Mora auch Drehbücher, Theaterstücke und Essays und übersetzte Werke von renommierten Autoren wie dem ungarischen Schriftsteller Péter Esterházy .
Der Georg Büchner-Preis
Frühere Preisträger dieser renommiertesten Auszeichnung für deutschsprachige Literatur sind unter anderem: Gottfried Benn (1951), Marie Luise Kaschnitz (1955), Erich Kästner (1957), Paul Celan (1960), Ingeborg Bachmann (1964), Uwe Johnson (1971), Sarah Kirsch (1996), - 2013 Sibylle Lewitscharoff (2015), Rainald Goetz (2015) und Jan Wagner (2017).
Vom damaligen Volksstaat Hessen gestiftet, wurde der Georg Büchner-Preis 1923 erstmals verliehen - zunächst an Dichter, Künstler, Schauspieler und Sänger. Seit 1951 ist es ein reiner Literaturpreis; die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung zeichnet damit Schriftsteller*innen aus,
"die in deutscher Sprache schreiben, durch ihre Arbeiten und Werke in besonderem Maße hervortreten und die an der Gestaltung des gegenwärtigen deutschen Kulturlebens wesentlichen Anteil haben." So lautet die Satzung des mit 50.000 Euro dotierten Literaturpreises.
Die Auszeichnung wird am 27. Oktober während der Herbsttagung der Deutschen Akademie in Darmstadt vergeben.