Ein Triumphbogen aus dem 19. Jahrhundert, davor eine begrünte Stadt
Bildrechte: www.realutopien.de | München Siegestor, Zukunftsbild 2045 | © Reinventing Society & Wire Collective (Foto: sonjanovak)

So könnte das Münchner Siegestor 2045 aussehen - nach erfolgreicher Transformation der Stadt

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"Zukunftsbilder 2045": So grün könnte München aussehen

Können wir überhaupt noch etwas tun gegen die Klimakatastrophe? Das Buch "Zukunftsbilder 2045" antwortet darauf mit einem deutlichen: Ja! Und es zeigt Bilder eines Europas, das die Transformation in eine klimafreundliche Zukunft geschafft hat.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Deutschland im Juli 2045: Der Sommer hat seinen Schrecken verloren. Doch die 2030er-Jahre sind hart gewesen in Europa. Nach der Energiekrise kam die Superdürre und 2029 ein fataler Finanzcrash. Ganze Wirtschaftszweige am Boden, massive Unwetterschäden, rationiertes Wasser. So sieht es das Buch "Zukunftsbilder 2045" voraus – und zeigt trotzdem eine positive Zukunftsvision. Das Buch ist ein bunt bebilderter Reiseführer durch ein Land, das sich durch die Krise neu erfunden hat.

Fotorealistische Grafiken von München 2045

Ein Sommertag am Münchner Marienplatz: Überall wachsen Pflanzen. Die ehemals versiegelte Einkaufsstraße wurde an manchen Stellen aufgerissen. Inseln sind entstanden, auf denen Blumen blühen und Bäume stehen. Auf den Dächern der altgedienten Kaufhäuser wird mit Solaranlagen Strom erzeugt und in kleinen Gewächshäusern Obst und Gemüse gezogen. Alle Fassaden sind von Kletterpflanzen geschmückt.

Das Bild des Münchner Stadtzentrums, das es im Buch zu sehen gibt, wirkt täuschend echt. Es ist eine von vielen fotorealistischen Grafiken, die in aufwendiger Arbeit zusammen mit NGOs und kommunalen Initiativen entstanden sind.

Wie sieht Transformation aus – und was können wir durch sie gewinnen?

Warum es wichtig ist, sichtbar zu machen, was sein könnte, erklärt Mit-Autorin Stella Schaller: "Nachhaltigkeit wird sehr häufig sehr abstrakt kommuniziert. Da geht es um CO2-Budgets, um Emissionseinsparungen, um xyz ... Dabei ist Nachhaltigkeit etwas, was unser ganzes Wesen betrifft. Da geht es um Emotionen, um die Sinnlichkeit und Bilder. Wir haben versucht, wirklich greif- und fühlbar zu machen, wie Berlin, München oder Hamburg aussehen würden, wenn wir die nachhaltige Transformation umsetzen." Dadurch werde die Veränderung viel greifbarer und alltagsbezogener, so Schaller. Man könne sich besser vorstellen, "was diese Transformation für uns bedeutet, und auch, was wir durch sie gewinnen können".

Das Buch zielt auf Kipppunkte im sozialen System

Beispiel München: Hier wird 2045 die Symbiose zwischen Mensch und Natur gelebt: Fassadenpflanzen an den Gebäuden speichern Wasser bei Regen und geben es an warmen Tagen wieder ab. Das Prinzip "Schwammstadt" hilft sowohl gegen Hochwasser, weil das Wasser an vielen verschiedenen Plätzen versickern kann, als auch gegen Hitze: Durch Verdunstung kühlen die Pflanzen die Temperatur um bis zu 10 bis 20 Grad herunter. Heizungsdebatten dagegen sind längst Geschichte. Der Zeitgeist hat sich ebenso radikal geändert wie das Erscheinungsbild deutscher Städte.

Gar nicht so unwahrscheinlich, sagt Mit-Autorin Stella Schaller: "Die Forschung zeigt, dass wir uns unglaublich stark an unserem sozialen Umfeld orientieren." Das könne man zum Beispiel bei Solarpanelen in Dörfern beobachten: Fangen manche Hausbesitzer damit an, greifen es benachbarte auf.

In der Wissenschaft gebe es außerdem ein Konzept der Social-Tippingpoints, der sozialen Kipppunkte. Das Konzept besagt, dass Wandel nicht immer linear passiert, sondern dass es unerwartete Kipppunkte geben kann. Nicht nur im ökologischen System mit den Klima-Kipppunkten, sondern auch in sozialen Systemen, in denen auf einmal ein Wertewandel stattfindet. Und das sei zum Teil auch schon der Fall.

Bildrechte: www.realutopien.de | München Marienplatz, Zukunftsbild 2045 | Reinventing Society & Wire Collective (CC BY-NC-SA 4.0)
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So könnte der Marienplatz 2045 aussehen. In der fotorealistischen Grafik wurde die versiegelte Einkaufsstraße an manchen Stellen aufgerissen.

Alle Ideen für die utopisch wirkende Zukunft sind schon da

Wie ruhig die Stadt mittlerweile ist. Man hört keine Motoren mehr. Die Menschen sind mit Elektrobussen oder Fahrrädern unterwegs. Direkt vor dem Münchner Siegestor gibt es einen Kinderspielplatz im Schatten der Bäume und Marktstände mit regionalen Produkten. Die Eltern flanieren, die Kinder können frei toben. Und die Luft ist frei von Abgasen, dafür belebt von Vogelscharen.

Das Auto ist in Deutschland nicht kampflos aufgegeben worden, so heißt es in dem Buch. Was geholfen hat, waren gute europäische Vorbilder: Die verkehrsberuhigten Superblocks in Barcelona oder das 365-Euro-Jahresticket für alle Verkehrsmittel in Wien. Das Besondere an "Zukunftsbilder 2045": Alle Ideen für die utopisch wirkende Zukunft sind jetzt schon da: Kreislaufwirtschaft, Gemeinwohlprinzip oder grünes Bauen etwa müssen nicht neu erfunden werden. Das Buch "Zukunftsbilder 2045" zeigt einfach auf, was passieren würde, wenn aus kleinen Ideen Wirklichkeit wird.

"Zukunftsbilder 2045. Eine Reise in die Welt von morgen", herausgegeben von Stella Schaller, Lino Zeddies, Ute Scheub, Sebastian Vollmar, Reinventing Society, ist im Oekom-Verlag erschienen.

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