Als Zauberlehrling, der gewisse Geister nicht loswird, hat er sich einmal selbst beschrieben – und meinte damit die Geister von Andy Warhol und Rainer Werner Fassbinder. Beide hat er noch zu Lebzeiten kennengelernt: Fassbinder Ende der sechziger Jahre in München, und der gab Ulli Lommel sofort die Hauptrolle des so engelhaften wie kaltblütigen Gangsters Bruno in seinem ersten Spielfilm „Liebe ist kälter als der Tod“. Hanna Schygulla und Fassbinder selbst übernahmen die anderen zwei Hauptrollen.
Eiskalter Engel und Massenmörder
Ausgepfiffen wurden Fassbinder und Lommel, als der Film 1969 seine Premiere bei den Berliner Filmfestspielen feierte. Lommel ging nach der Vorführung zum Mikrofon, stellte frech die Frage „Hat Ihnen der Film nicht gefallen?“, drehte sich um und verließ die Bühne im alten Zoo-Palast schnurstracks wieder. Lommel ist in diesem radikalen Genrefilm wie Alain Delon in den französischen Vorbildern ein eiskalter Engel. Doch bald wollte der gelernte Schauspieler auch selbst drehen. Er gründete in München seine eigene Produktionsfirma Atlantis-Film, und bereits sein zweites Werk „Die Zärtlichkeit der Wölfe“, die Geschichte von Fritz Haarmann, des legendären Massenmörders der Weimarer Republik, wurde ein Erfolg.
In New York mit Andy Warhol
1975 lief „Die Zärtlichkeit der Wölfe“ über ein Jahr in einem Kino in Paris. Dort lernte Lommel Anna Karina kennen, die Ex-Frau von Jean-Luc Godard, mit der er drei Jahre zusammenlebte und drei Filme drehte. Danach ging er nach New York und traf den zweiten großen Geist seines Lebens – Andy Warhol, nannte ihn eine geschlechtslose Sphinx und erlebte ihn als hemmungslosen Voyeur sowie als großen Gesellschaftskritiker, der früh den Kommerz und den Starkult thematisierte.
Eine zarte Seele und ein exzessiver Regisseur
Ulli Lommel blieb zeitlebens selbst schwer zu fassen: weitgereister Lebemann und sensibler Zeitbeobachter; exzessiver Regisseur und zarte Seele. Zurückgezogen lebend, aber ein Freund von Ikonen wie Romy Schneider, Ingeborg Bachmann, Hildegard Knef oder Maria Schell. Exzentrisch, aber nicht eitel.
In rund 50 Filmen spielte er mit, rund 50 Filme hat er selbst gedreht. Am Samstag ist der Schauspieler und Filmemacher im Alter von 72 Jahren gestorben.