Laptop statt Stift und Papier – für die meisten Kinder und Jugendlichen gehört das auch im Schulunterricht inzwischen zum Alltag. Die Sorge, dass durch die zunehmende Digitalisierung die Fähigkeit, mit der Hand zu schreiben, verloren geht, treibt nicht nur viele Eltern um. Und diese Sorge ist nicht ganz unberechtigt. So fällt es Jugendlichen immer schwerer, mit der Hand leserlich und schnell zu schreiben, ergab etwa die neueste Studie "Step 2022" (externer Link).
- Zum Hintergrund: Handschrift - Trend oder Retro?
Mit der Hand zu schreiben hat bei Kindern viele positive Effekte
Kinder in der ersten und zweiten Grundschulklasse seien immer noch "super motiviert", schreiben zu lernen, erzählt Isabel von Gregory, Lehrerin an einer Münchner Grundschule. Bei älteren Kindern lasse die Schönheit der Schrift aber nach – je älter, desto mehr, so ihre Beobachtung.
Dass die Handschrift für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen nicht belanglos ist und auch für Erwachsene Vorteile hat, zeigen zahlreiche Studien.
Wer mit der Hand schreibt, kann Buchstaben besser erkennen und so besser lesen. Das ist wissenschaftlich belegt. Auch für die Rechtschreibung ist das Schreiben mit Stift und Papier wichtig – vor allem für Grundschulkinder, ergab eine andere Untersuchung (externer Link).
Die Handschrift verbessert auch bei Erwachsenen die Merkfähigkeit
Generell können wir uns Informationen besser merken, wenn wir sie handschriftlich notieren – und nicht auf einer Tastatur tippen. Das ergab ebenfalls eine Studie (externer Link). Die beiden Wissenschaftler Ruud van der Weel und Audrey van der Meer von der Norwegischen Universität für Naturwissenschaften und Technologie (NTNU) hatten hierfür die Gehirnaktivität von 36 Studierenden untersucht und stellten fest: Wenn die Studienteilnehmenden mit Stift und Papier arbeiteten, war ihre Hirnaktivität größer als beim Tippen auf einer Tastatur.
Laut der Studie trat die erhöhte Hirnaktivität genau in den Regionen des Gehirns auf, die fürs Lernen wichtig sind – in den Hirnarealen, die für das Gedächtnis und die Informationsverarbeitung zuständig sind. Auch die gezielten Handbewegungen bei der Verwendung eines Stifts sind laut der Studie vorteilhaft fürs Lernen. Die damit verbundenen visuellen Informationen und Sinneswahrnehmungen schafften im Gehirn demnach genau die Voraussetzungen, die das Lernen fördern, so die Forscher.
Warum analoge und digitale Elemente im Unterricht wichtig sind
Wegen der positiven Effekte der Handschrift sind Länder wie Schweden und Norwegen bei der Digitalisierung in Schulen zurückgerudert. Diese sogenannten "Early Adopters" hätten gemerkt, dass "ohne mit dem Stift zu schreiben" im Unterricht "nicht gut funktioniert", erklärt Tal Hofmann, Leiterin des Schreibmotorik-Instituts e.V. im mittelfränkischen Heroldsberg. Deshalb schreiben die Schülerinnen und Schüler dort mittlerweile wieder analog.
Die digitalen Geräte ganz aus den Klassenzimmern verbannen, das wollen die meisten Bildungsforscher aber trotzdem nicht. Sie sehen in der Kombination von analogen und digital unterstützten Lernmethoden die beste Lösung für einen Schulunterricht der Zukunft.
Initiative anlässlich des Tags der Handschrift
Anlässlich des Tags der Handschrift weist das gemeinnützige Schreibmotorik Institut e. V. auf seine bereits 2016 ins Leben gerufene Initiative Kritzelpate (externer Link) hin. Engagierte Freiwillige unterstützen dabei Vorschulkinder spielerisch und mit wissenschaftlich fundierten Methoden in ihrer Schreibentwicklung. Das Konzept ist bereits im Süden und Osten Deutschlands erfolgreich im Einsatz und soll sich nach dem Willen der Initiatoren auf ganz Deutschland ausweiten.
Im Video: Die Handschrift - nostalgische Tradition oder sinnvolles Schulfach?
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