In dieser Woche wurde bekannt, dass über 800 Mitarbeiter einer Fleischfabrik der Firma Tönnies im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück mit dem Coronavirus infiziert sind. Tönnies zählt zu den größten Schweine- und Rindfleischproduzenten der Welt. Beim Schweinefleisch in Deutschland hat Tönnies nach eigenen Angaben einen Marktanteil von 27 Prozent. Das Unternehmen bezeichnet sich auch als Marktführer bei Selbstbedienungs-Wurst und Wurstkonserven.
Schlachthof-Mitarbeiter haben sich vermutlich in Unterkünften infiziert
Auch in Bayern gab es vor einigen Wochen einen ähnlichen Fall: Mehr als 80 Mitarbeiter eines Schlachthofs im niederbayerischen Bogen hatten sich mit dem Coronavirus infiziert. Die Staatsregierung geht davon aus, dass sich die meist aus Osteuropa stammenden Mitarbeiter nicht im Betrieb infiziert haben, sondern in den Gemeinschaftsunterkünften, in denen die Menschen meist sehr beengt wohnen.
Ein BR-Hörer fragte, ob man sich durch Fleisch/Wurst von "Corona-infizierten" Schlachthöfen anstecken kann.
Übertragung des Virus von Mensch auf Tier ist theoretisch denkbar
Zu einer Kontamination von Fleisch oder Fleischwaren mit Coronaviren könnte es theoretisch während der Schlachtung oder bei der Fleischzerlegung und -verarbeitung kommen. Etwa, indem ein mit dem Coronavirus infizierter Mitarbeiter direkt darauf niest.
Wie lange sich Coronaviren in der Umwelt halten, hängt von Faktoren wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Beschaffenheit der Oberfläche sowie vom speziellen Virusstamm und der Virusmenge ab. Für das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 zeigen erste Laboruntersuchungen, dass es nach starker Kontamination bis zu drei Stunden als Aerosol, bis zu vier Stunden auf Kupferoberflächen, bis zu 24 Stunden auf Karton und bis zu zwei bis drei Tagen auf Edelstahl und Plastik infektiös bleiben kann.
In der Praxis ist zu erwarten, dass die Stabilität des Coronavirus wegen zusätzlicher Faktoren, wie z. B. Tageslicht, schwankender Temperatur und Luftfeuchtigkeit sowie geringeren Kontaminationslevels geringer ist als in der Laborstudie ermittelt, heißt es in einem FAQ-Dokument des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR).
Viren können sich nur in Lebewesen vermehren
Bis das Fleisch oder die Wurst in der Fleischtheke landet, sind die Erreger also bereits höchstwahrscheinlich abgestorben. Vermehren können sich Coronaviren in oder auf Lebensmitteln nicht, denn dafür benötigen sie einen lebenden tierischen oder menschlichen Wirt.
Schmierinfektion mit dem Coronavirus ist theoretisch denkbar
Theoretisch denkbar wäre, dass es beim Verkauf des Fleisches zu einer Schmierinfektion kommt. Und zwar dann, wenn ein infizierter Verkäufer oder Kunde auf Fleisch oder Wurst niest oder hustet, dieses dann anfasst und sich anschließend mit der Hand ins Gesicht fasst und so das Virus auf die eigenen Schleimhäute der Nase, Augen oder des Mundes überträgt.
Allerdings dürfen Personen, die beruflich mit Lebensmitteln in Berührung kommen können, und Symptome aufweisen, die mit einer SARS-CoV-2-Infektion einhergehen können, nicht mehr bei der Herstellung, Behandlung oder der Abgabe von Lebensmitteln eingesetzt werden.
Darüber hinaus müssen sowohl Verkäufer als auch Kunden im Laden einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Fleisch und Wurstwaren sind zudem durch einen Spritzschutz vor Niesen und Husten durch Kunden geschützt, was die Kontaminationsgefahr weiter reduziert.
Bislang keine Infektionsfälle durch Lebensmittel bekannt
Übertragungen durch Schmierinfektionen über Oberflächen, die kurz zuvor mit Viren kontaminiert wurden, sind zwar "theoretisch denkbar und können nicht ausgeschlossen werden", schreibt das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) auf seiner Website.
Bisher gebe es aber keine nachgewiesenen Fälle, in denen sich Menschen über den Verzehr kontaminierter Lebensmittel oder durch den Kontakt zu kontaminierten Gegenständen infiziert haben, heißt es in dem Eintrag weiter.
Viren sterben beim Kochen ab
Das LGL empfiehlt Verbrauchern beim Umgang mit rohem Fleisch und Fleischprodukten Hygieneregeln grundsätzlich einzuhalten: Das heißt, regelmäßig Hände waschen und die Hände vom Gesicht fernhalten. Da das Coronavirus hitzeempfindlich sei, könne ein etwaiges Risiko durch das Erhitzen von Lebensmitteln zusätzlich verringert werden.
Das gilt besonders bei tiefgekühltem Fleisch. Zwar sind bisher auch keine Infektionsketten über tiefgekühlte Lebensmittel bekannt, Coronaviren gelten aber als kälteunempfindlich und "können bei minus 20 Grad Celsius bis zu zwei Jahre im gefrorenen Status infektiös bleiben", heißt es beim BfR.
Fazit
Verbraucher können sich nur theoretisch über kontaminiertes Fleisch oder Wurst selbst mit dem Coronvirus infizieren. Dazu müsste ein Kunde diese Ware anfassen und sich anschließend mit der Hand ins Gesicht fassen. Auf diese Weise könnte das Coronavirus in die Schleimhäute gelangen.
Das ohnehin geringe Infektionsrisiko lässt sich weiter reduzieren, wenn Verbraucher die Hygieneregeln konsequent beachten: Beim Einkauf sollte sie sich die Hände desinfizieren und einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Bei der Zubereitung bzw. beim Anrichten von Fleisch und Wurst sollten sie sich Hände waschen. Sollte Fleisch mit dem Virus befallen sein, kann man die Krankheitserreger durch Erhitzen abtöten.
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