Am 6. Januar bricht ein Feuerwehrmann bei einem Einsatz in der Nähe von Wasserburg am Inn zusammen und stirbt kurz darauf. In den folgenden Tagen geht das Gerücht um, der Mann sei an seiner Corona-Impfung gestorben. Diese Behauptung ist falsch.
Richtig ist, dass der Feuerwehrmann bei einem Einsatz zusammenbrach und kurz darauf starb. Das bestätigen der Kreisfeuerwehrverband Rosenheim sowie das Polizeipräsidium Oberbayern Süd auf BR-Anfrage. Falsch ist, dass die Ursache für seinen Tod die Corona-Impfung war.
In sozialen Netzwerken verbreitet sich aber das Gerücht, der Feuerwehrmann sei im Zusammenhang mit seiner Corona-Impfung gestorben. In einem Video, das sich vor allem über Whatsapp verbreitet und dem #Faktenfuchs vorliegt, wird behauptet, “dass die das unter den Tisch kehren wollen und nicht sagen wollen, dass das beim Impfen… dass er geimpft worden ist, das wollen sie nicht sagen".
Feuerwehrmann stirbt - Impfung nicht ursächlich
Tatsächlich wurde der Mann drei Tage vor seinem Tod gegen Covid-19 geimpft, das bestätigt das Polizeipräsidium Oberbayern Süd. Die Impfung erhielt der Verstorbene einem Medienbericht zufolge, da er - neben seiner Tätigkeit bei der Freiwilligen Feuerwehr - Stationsleiter eines Klinikums war.
Das Polizeipräsidium Oberbayern Süd schreibt auf BR-Anfrage, die Obduktion des Verstorbenen habe ergeben, "dass der Todeseintritt eindeutig auf eine innere Ursache, nämlich einen Herzinfarkt bei bestehender Herzvorerkrankung, zurückzuführen ist. Ein Zusammenhang mit der Impfung wurde geprüft und im Ergebnis rechtsmedizinisch eindeutig ausgeschlossen".
In dem Video, das im Netz geteilt wird, wird ebenfalls behauptet, die Familie des Verstorbenen bitte um die Verbreitung der Behauptung, der Mann sei an der Impfung gestorben. Das ist falsch. Der #Faktenfuchs hat mit der Familie gesprochen, sie möchte ausdrücklich nicht, dass diese Falschbehauptungen in ihrem Namen verbreitet werden.
In der erwähnten Whatsapp-Nachricht taucht noch eine weitere Falschbehauptung auf: Danach werde Angehörigen von Verstorbenen angeboten, die Toten zu "Corona-Toten" umzudeklarieren, um die Beerdigung bezahlt zu bekommen. Dass dies nicht stimmt, hat der #Faktenfuchs in diesem Artikel dargelegt.
Weltweit tauchen Gerüchte über angebliche Impftote auf
Berichte über angebliche Impftote häufen sich - nicht nur in Deutschland. In den letzten Wochen ging das Gerücht um, eine amerikanische Krankenpflegerin namens Tiffany Dover sei nach ihrer Impfung gestorben.
Auch prominente deutsche Corona-Verharmloser verbreiten diese Falschbehauptung, sie taucht immer wieder in Facebook-Kommentaren auf. Und in Dortmund wurden Hauswände mit dem Spruch "Impfstoff tötete Tiffany Dover" beschmiert, wie die Ruhr Nachrichten berichteten.
Tatsächlich haben Ärzte der Krankenpflegerin Tiffany Dover am 17. Dezember 2020 den Impfstoff von Biontech/Pfizer verabreicht. Bei diesem Impf-Termin im Catholic Health Initiatives (CHI) Memorial Hospital in Chattanooga, Tennessee, waren auch Kamerateams von lokalen Fernsehsendern anwesend, um über die Impfungen des Krankenhauspersonals zu berichten.
Wahr ist: Krankenpflegerin fällt vor laufender Kamera in Ohnmacht
Die Kameras der Sender WTVC-TV NewsChannel 9 und WRCBtv 3 hielten auch fest, was nach Dovers Impfung passierte. Während die Pflegerin Fragen von Reportern beantwortete, brach sie ab und sagte, ihr sei schwindelig. Sekunden später wurde sie ohnmächtig.
Kurz darauf war die Pflegerin wieder auf den Beinen und sagte, dass es ihr wieder gut gehe. Sie erklärte, dass sie aufgrund eines gesundheitlichen Problems sehr oft in Ohnmacht falle. Schon kleine Schmerzen, wie "den Zeh anstoßen", könnten bei ihr dazu führen, dass sie ihr Bewusstsein verliere, wie sie dem Fernsehsender WRCBtv 3 sagte. Alleine in den letzten sechs Wochen, sei sie "wahrscheinlich sechs Mal in Ohnmacht gefallen".
Grund für ihre Ohnmacht war also nicht der Impfstoff, sondern die Impfung an sich und der damit verbundene Schmerz. "Der Ohnmachtsvorfall ist keine negative Reaktion auf den Impfstoff", sagt Jesse L. Tucker, Intensivmediziner am CHI Memorial laut ZDF in einer Pressekonferenz. Eine Ohnmacht ist im Kontext von Impfungen indes nicht ungewöhnlich. Die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC listet Ohnmacht als mögliche Begleiterscheinung. Auslöser können laut CDC Schmerz und Aufregung sein. Auch das deutsche Robert-Koch-Institut (RKI) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) weisen auf eine Ohnmacht als mögliche Begleiterscheinung hin.
Krankenhaus bestätigt mehrfach, dass Mitarbeiterin wohlauf ist
Das CHI Memorial Krankenhaus bestätigte, dass sich Dover schnell erholt habe. Dem Krankenhaus seien ihre medizinischen Probleme bekannt gewesen. Dennoch halten sich Falschbehauptungen um Dovers Tod. Zwei Tage nach dem Vorfall bestätigte das Krankenhaus laut Associated Press erneut, dass es Dover gut gehe.
Vier Tage nach der Impfung traten Dover und ihren Kolleginnen und Kollegen im CHI Memorial Hospital öffentlich vor die Kameras, wie auf einem Video des Krankenhauses zu sehen ist. Sie wollten zeigen, dass es der Pflegerin gut ging - und damit andauernde Falschbehauptungen in den sozialen Netzwerken entkräften.
Fake-Accounts unter ihrem Namen befeuern Gerüchte
Daraufhin verbreiteten sich aber weitere Gerüchte: Es handele sich in dem Video gar nicht um die echte Tiffany Dover. Ein Eintrag auf der Ahnenforschungsseite Ancestry belege, dass Dover gestorben sei. Ein Faktencheck von Reuters widerlegt diese Behauptung. Reuters zufolge kann ein solcher Eintrag auch erfolgen, wenn keine offiziellen Dokumenten vorgelegt würden.
Laut einem Faktencheck des US-Senders WRCBtv 3 sind im Internet auch Fake-Accounts aufgetaucht, die Falschinformationen unter Dovers Namen verbreiten.
Gegenüber dem Sender bestätigt das Krankenhaus zwei Wochen nach dem Vorfall abermals, dass es Dover gut gehe, sie aber keine weiteren Interviews geben möchte.
Viele Gerüchte über tote Krankepfleger
In den sozialen Netzwerken kursieren zahllose weitere Falschbehauptungen über angeblich an der Impfung verstorbene Menschen, häufig Krankenhauspersonal.
Ein Faktencheck von Reuters zeigt, dass Berichte über eine in Alabama an der Impfung gestorbene Krankenpflegerin ebenfalls falsch sind. Das Gesundheitsamt von Alabama beschreibt die Behauptungen als "unwahr". In Alabama gebe es bis dato keine Impftoten.
Auch geht im Netz die Falschbehauptung um, dass eine Krankenpflegerin aus Portugal an der Impfung gestorben sei. Richtig ist, dass eine Pflegerin aus Porto am Neujahrstag verstarb, zwei Tage nach ihrer Corona-Impfung. Die portugiesische Regierung schrieb einige Tage nach dem Tod der Frau, die vorläufigen Ergebnisse der Obduktion hätten keinerlei Hinweise auf einen Zusammenhang mit der Impfung ergeben.
Corona-Impfung: Bislang keine Todesfälle nachgewiesen
In Deutschland ist das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) für die Erfassung und Bewertung möglicher Nebenwirkungen bei Arzneimitteln zuständig und damit auch für die Corona-Impfstoffe. Auf seiner Website veröffentlicht das Institut Sicherheitsberichte über gemeldete Impfkomplikationen. Demzufolge sind in den ersten 14 Tagen seit Impfstart 51 "schwerwiegende Reaktionen" berichtet worden. In diesem Zeitraum wurden laut RKI 613.347 Menschen in Deutschland geimpft.
Laut dem Sicherheitsbericht sind in diesen zwei Wochen beim PEI sieben Meldungen über Menschen eingegangen, die in einem Zeitraum von zweieinhalb Stunden bis vier Tage nach ihrer Impfung gestorben sind. Die sieben Menschen im Alter von 79 bis 93 Jahren hätten laut PEI alle schwere Vorerkrankungen gehabt, die "vermutlich todesursächlich waren", weitere Informationen stünden in einzelnen Fällen jedoch noch aus. Der Fall des Feuerwehrmanns war dabei noch nicht erfasst. Auch mehrere Wochen später ist im neusten Sicherheitsbericht des PEI (Stand 04.03.2021) kein Todesfall aufgeführt, der nachweislich in Zusammenhang mit der Impfung steht.
Auf #Faktenfuchs-Anfrage schreibt eine Sprecherin des PEI: "Ein Todesfall NACH Impfung bedeutet nicht zwangsläufig einen Todesfall DURCH Impfung. Das wird in den Sozialen Medien tatsächlich leider häufig gleich gesetzt. Aber selbstverständlich werden entsprechende Verdachtsfallmeldungen genauestens untersucht." Bisher gebe es keine Todesfälle, die nachweislich im Zusammenhang mit einer Corona-Impfung stünden.
Eine Mitarbeiterin des PEI erläuterte auf einer Pressekonferenz, dass die Anzahl von kurz nach der Impfung Verstorbenen im statistischen Normalbereich liege. Hätte man also zum Corona-Impfstart begonnen, die gleiche Zahl an Menschen mit einem Placebo - also einem wirkstofffreien Mittel - zu impfen, dann wären im Zeitraum nach dieser Scheinimpfung ähnlich viele Menschen gestorben wie nun seit Beginn der Corona-Impfung.
Auch das Bundesministerium für Gesundheit schreibt auf #Faktenfuchs-Anfrage, es seien "keine Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Impfung bekannt".
Fazit: Die Berichte über den angeblich an der Corona-Impfung gestorbenen Feuerwehrmann in Bayern sowie die Krankenpflegerinnen in den USA und in Portugal sind falsch. Angehörige, die Arbeitgeber der Betroffenen, örtliche Behörden oder Regierungen haben in jedem dieser Fälle bestätigt, dass die betreffenden Personen entweder noch am Leben sind - oder nicht an den Folgen der Impfung gestorben sind.
Gleichwohl gibt es im Zuge der weltweiten Corona-Impfungen ständig neue Gerüchte über angebliche Impftote, die in ihrer Masse nicht alle sofort bestätigt oder widerlegt werden können. Ob es weltweit Menschen gibt, die an der Impfung gestorben sind, kann also nicht abschließend beantwortet werden. Nach aktuellen Erkenntnissen ist dies in Deutschland bisher nicht der Fall.
Aktualisierung, 12.03.2021: Der Artikel wurde um den aktuellsten PEI-Sicherheitsbericht ergänzt. Auch darin findet sich kein Hinweis auf einen nachweislichen Zusammenhang zwischen Todesfällen und Impfung. Die dem PEI gemeldeten Todesfälle befinden sich weiterhin im statistischen Normalbereich.
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