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Ruinen von Hierapolis

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Forscher enträtseln antikes "Tor zur Hölle"

Im Pluto-Heiligtum von Hierapolis fielen Opfertiere wie von Geisterhand tot um. Priestern, die direkt daneben standen, geschah dagegen nichts. Forscher haben nun herausgefunden, was an diesem "Tor zur Hölle" einst passierte.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Hierapolis in der heutigen Türkei war ein magischer Ort. Die Stadt nahe Pamukkale zog schon vor über 2.000 Jahren Pilger an. Antike Geschichtsschreiber wie Strabon, Cassius Dio und Plinius berichteten vom "Tor zur Hölle" und was bei den Zeremonien dort geschah: Im Vorhof des römischen Pluto-Tempels, einer unterirdischen Grotte, sammelte sich ein unsichtbarer, giftiger Dunst, der Tiere sofort tötete. Die Priester blieben dagegen unversehrt.

Atem des Höllenhunds

Es musste der tödliche Atem des Höllenhunds Kerberos sein, der für den Gott Pluto den Eingang zur Unterwelt bewachte. Davon waren die Menschen damals überzeugt. Sie konnten von ihren höher gelegenen Sitzreihen über der Arena das mystische Spektakel ungefährdet beobachten. Es waren aber keine übernatürlichen Kräfte, die die Opfertiere dahinrafften. Türkische, italienische und deutsche Wissenschaftler konnten am Heiligtum von Hierapolis die wahre Ursache nachweisen. Hardy Pfanz, Professor für Vulkan-Biologie, erklärt, was es mit dem "Todeshauch" auf sich hat:

Hierapolis liegt wie viele andere Heiligtümer und Orakelstätten über tektonischen Störungen. Viele Pluto-Tempel sind über Grotten errichtet, auch die beiden Heiligtümer in Hierapolis. In diese Grotten strömt geogenes Kohlendioxid. Dabei bildet sich je nach Uhrzeit ein bis zu anderthalb Meter hoher, unsichtbarer Gas-See, der tödlich ist. Wir haben nachgewiesen, dass die CO2-Konzentration in den Höhlen zeitweise extrem hoch war, nämlich zwischen 60 und 80 Prozent. Da erstickt man sofort. Schon bei fünf bis acht Prozent wird einem schwindelig." Hardy Pfanz, Professor für Vulkan-Biologie an der Universität Duisburg-Essen

Bei ihren umfangreichen Messungen fand das Wissenschaftler-Team außerdem heraus: Es hängt vom Tageslicht ab, wie konzentriert der Gas-See ist.

"Früh morgens ist die Konzentration stark und wird dann durch die Infrarotstrahlen der Sonne zerstört; geht die Sonne unter, steigt das Kohlendioxid wieder. Weil CO2 schwerer ist als Luft, sind die Werte am Boden besonders hoch. (...) (Die Priester) wussten, wann der tödliche Atem des Kerberos wirkte und bis zu welcher Höhe ein Aufenthalt völlig ungefährlich war. Morgens waren das etwa 40 cm über dem Boden. Wollten sie ihre übernatürlichen Kräfte demonstrieren, stellten sie sich auf Steine um die Opfertiere. Diese standen jedoch mitten im CO2-Dunst, ihnen wurde schwindelig, die Köpfe sanken zu Boden, wo sie die tödliche Dosis einatmeten. Die Priester hingegen konnten auf ihrer Position etwa 20 bis 40 Minuten aushalten." Hardy Pfanz, Professor für Vulkan-Biologie an der Universität Duisburg-Essen