Sieben bis acht Stunden Schlaf benötigen wir, so ist die weit verbreitete Meinung. Till Roenneberg, Leiter des Zentrums für Chronobiologie an der LMU München, geht dagegen von drei bis zwölf Stunden Schlaf aus, also mit großen individuellen Unterschieden. Belegen kann er das anhand einer Datenbank über das Schlafverhalten von mehr als 280.000 Menschen weltweit.
Allgemein brauchen Kinder mehr Schlaf als Erwachsene. Im Lauf des Lebens nimmt das Schlafbedürfnis kontinuierlich ab. Jürgen Zulley, Schlafforscher an der Universität Regensburg, weiß, dass das Schlafbedürfnis nicht nur eine Altersfrage, eine Frage der Jahreszeit, der Gesundheit und der Gewohnheit, sondern auch eine Geschlechterfrage ist - Frauen schlafen mehr als Männer.
Schlafentzug führt zu Fehlern
Aus Experimenten weiß man, dass zu wenig Schlaf in seiner Wirkung dem Einfluss von Alkoholkonsum ähnelt. Man denkt beispielsweise, man könne noch Auto fahren, obwohl dem nicht so ist. Manche Menschen verkraften einen Schlafmangel besser als andere. Dafür gibt es mehrere Ursachen, eine davon ist der innere Rhythmus, besser bekannt als die beiden Schlaftypen Lerchen (Morgenmenschen) und Eulen (Abendmenschen).
Wer ständig gegen die eigene innere Uhr schläft, bekommt häufig zu wenig Schlaf. In der Nacht wird das wichtige Hormon Melatonin ausgeschüttet. Ihm werden zahlreiche positive Wirkungen zugeschrieben: Es fördert den Schlaf, stärkt das Immunsystem und soll vor Krebs schützen. Durch künstliches Licht, zum Beispiel bei Nachtarbeit, wird diese Ausschüttung gestört. Deswegen können Krankheiten leichter entstehen, wie Schlafstudien belegen.
Chronomedizin – Therapie im Takt des Körpers
Chronomedizin ist, wenn der Zeit – griechisch: Chronos – eine besondere Bedeutung in der medizinischen Therapie zukommt. Denn unser Körper arbeitet nicht immer gleich. Das gilt für unser Herzkreislaufsystem ebenso wie für unseren Stoffwechsel und unsere Organe. Vielmehr schwanken sämtliche Vorgänge rhythmisch, etwa im Tages- oder Jahresverlauf.
Der 24-Stunden-Rhythmus unseres Körpers, auch zirkadianer Rhythmus genannt, ist der wichtigste, wenn es um die zeitabhängige Wirkung von Medikamenten geht. Daneben existieren aber auch Schwankungen im Jahresverlauf. Was zum Beispiel zu vermehrten Herzinfarkten in den Wintermonaten führt – unabhängig von der klimatischen Region, in der ein Mensch lebt. Das heißt, die äußere Temperatur spielt keine so große Rolle, sondern eine innere jahreszeitliche Uhr beeinflusst das Phänomen.
Anpassung an die innere Uhr dauert ein paar Tage
Jede einzelne Zelle unseres Körpers hat ihre eigene innere Uhr. Die Uhren folgen im Körper einer Art Hierarchie. Diese Konstellation macht es erst möglich, dass wir uns an einen neuen Hell-Dunkel-Rhythmus anpassen können, zum Beispiel nach der Zeitumstellung oder wenn wir in eine andere Zeitzone fliegen. Die Hauptuhr in unserem Gehirn synchronisiert dann gemäß dem neuen Hell-Dunkel-Rhythmus alle inneren Uhren unseres Körpers neu. Allerdings dauert das ein paar Tage, weshalb wir erst mal unter einem Jetlag leiden.
Eine der künftigen Herausforderungen auf dem Gebiet der Chronomedizin wird es sein, den optimalen Zeitpunkt einer Therapie für den einzelnen Patienten zu bestimmen. Der Chronobiologe Achim Kramer und sein Team an der Berliner Charité haben deshalb einen Bluttest entwickelt, mit dem sie den jeweiligen Chronotyp bestimmen können. Denn nicht nur die Dosis eines Medikaments entscheidet über seine Wirksamkeit, sondern auch der Zeitpunkt seiner Einnahme.
lm Video: Was das Drehen an der Uhr mit der Gesundheit macht
Dieser Artikel ist erstmals am 18.10.2018 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.
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